Prozess gegen Magdeburg-Attentäter: Todesfahrer gibt Polizei Schuld am Anschlag
Magdeburg - Am heutigen Donnerstag fand in Magdeburg der sechste Prozesstag gegen den Todesfahrer vom Weihnachtsmarkt statt. Polizisten sprachen über ihre Ermittlungen am Tatort, und ein Protokoll rückte die Ansichten von Taleb A. weiter in Fokus.
TAG24 war vor Ort und berichtete in einem Liveblog direkt aus dem Gerichtsgebäude.
14.17 Uhr: Taleb A. gibt Polizei die Schuld am Anschlag
In einem Aussageprotokoll von Taleb A. erklärt dieser, dass er beim Anschlag plante, zu sterben. Dann wären "die Schmerzen vorbei".
Erneut erläutert er im Protokoll seine Frustration mit den deutschen Behörden. Er wollte unter anderem rechtlich gegen eine Flüchtlingshilfe vorgehen, welche vermeintlich Spendengelder veruntreut habe. Er wirft dem Rechtssystem vor, dass es keine ernsthaften Ermittlungen gegeben habe: "Man ignoriert mich, als wäre ich kein Mensch".
Es habe unzählige Vorfälle aus Magdeburg, Köln und Berlin gegeben, bei denen er sich von den Behörden und der Polizei ungerecht behandelt gefühlt habe - sie "waren lieber auf der Seite der Drogenabhängigen in Köln".
Er kann nicht nachvollziehen, wenn Medien ihn Verschwörungstheoretiker nennen. Seiner Meinung nach reiche die Beweislage aus, um seine Rechtsstreite zu begründen.
Letztendlich vergleicht er sich mit Voltaire, den er den ersten Islamkritiker Europas nennt und behauptet, dass Voltaire heutzutage für seine Aussagen verhaftet werden würde.
"Wer verleugnet, dass die Polizei selbst die Täter waren, verleugnet die Opfer vom Weihnachtsmarkt", so Taleb A. im Text.
Nach dem Vorlesen des Protokolls erklärt der vorsitzende Richter die Sitzung für beendet.
13.47 Uhr: Drohnenaufnahmen zeigen den Tatort
Ein Polizist aus Berlin war am Tag des Anschlags dafür zuständig, per Drohnentechnik eine Karte mit Aufsicht auf den Tatort zu erstellen. Im Zeugenstand erklärte er, dass er dafür den Alten Markt vermessen hat, damit die Drohnenbilder letztendlich den korrekten Maßstab wiedergeben können.
Abgesehen davon haben sich noch mehr Betroffene gemeldet, die während der Hauptverhandlung aussagen wollen, so die jeweiligen Anwälte.
13.25 Uhr: Strecke des Attentats wird dargestellt
Seit dem Ende der Mittagspause sagt eine Polizistin vom Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt aus, welche am Tag des Anschlags zur Spurensicherung vor Ort war.
Sie stellt den Ablauf der Todesfahrt anhand von Skizzen dar und schildert noch ein paar Details zu den Bildern vom Tatort, welche bereits am Anfang des Prozesstages gezeigt wurden.
Demnach ist Taleb A. mit dem Auto zwischen die Betonblöcke bei der Haltestelle Allee-Center zwischen MVB-Häuschen und Häuserfront eingefahren. Als er beim Lotto-Laden und dem Bingöl-Grill ankam, fuhr er eine Rechtskurve und raste zwischen den Buden auf dem Alten Markt hindurch, geradeaus auf das Rathaus zu. Dort fuhr er eine weitere Rechtskurve und durch die nordische Meile am Parkplatz Hartstraße vorbei. Dann verließ er den Alten Markt wieder, fuhr seine letzte Rechtskurve und anschließend die Straße entlang, bis er fast wieder an seinem Startpunkt ankam und von Polizisten gestoppt wurde.
11.40 Uhr: Polizeibeamte sprechen von ihrem Einsatz
Drei Polizeibeamte, die mit der Dokumentation des Anschlags beauftragt waren, haben im Gericht von ihrem Dienst berichtet.
Nachdem der Verantwortliche für die Tatortgruppe ausgesagt hatte, wurde eine Pause bis 11 Uhr angeordnet. Danach sagte zunächst eine Polizistin des Zentralen Kriminaldienstes aus. Sie war am Anschlagstag gegen 22.30 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt, um eine Begehung durchzuführen und Fotos zu machen. An der Ernst-Reuter-Allee/Ecke Hartstraße befanden sich zu dem Zeitpunkt noch zwei Leichen, die mit einem Bauzaun vor Blicken geschützt waren. Die Polizistin rief den Bestatter an und veranlasste den Transport zur Rechtsmedizin.
Während ihrer Erzählung werden die Bilder vom Tatort gezeigt, die sie aufgenommen hatte.
Zwei weitere Beamte vom Polizeirevier Magdeburg waren ebenfalls dafür zuständig, den Tatort fotografisch festzuhalten. Nach ihren Erläuterungen zu den Bildern, die sie gemacht hatten, ordnete der Vorsitzende eine Mittagspause bis 12.45 Uhr an.
10.12 Uhr: Bilder vom Tatort nach dem Anschlag
Als erster Zeuge sagt ein Polizeibeamter vom Landeskriminalamt aus. Als Verantwortlicher für die Tatortgruppe wurde er am Tag des Anschlags schnell informiert und war unter anderem für die Spurensicherung zuständig.
Er kam gegen 22 Uhr am Alten Markt an und war bis 2 Uhr morgens vor Ort, erzählt der Beamte - immerhin musste er noch Sprengstoffentschärfer koordinieren, da unsicher war, ob eine Bombe im Auto von Taleb A. versteckt war. Danach organisierte er bis in die Morgenstunden beispielsweise die Opferidentifizierung.
Nachdem er berichtet hat, wie er den Tag in Erinnerung hat, werden im Gericht Bilder der Spurensicherung gezeigt: Fahrzeugteile und Verbandszeug auf dem Boden, Blut, verlorene Handschuhe und Brillen, ein zerstörter Kinderwagen, umgefallene Stehtische. Dann das frontal zerkratze Anschlagsauto mit Rissen in der Scheibe - sogar ein fremdes Handy lag noch auf der Haube. Im Auto fanden die Beamten einen handschriftlichen Brief, von Taleb A. unterzeichnet, mit dem Titel "Mein letzter Wunsch".
6.30 Uhr: Sieben Ermittler zur Aussage geladen
Nachdem der Todesfahrer anfänglich selbst etwas zu seiner Tat gesagt hatte, ging es am dritten Prozesstag um die Autovermietung, welche ihm den Wagen für die Tat bereitstellte.
Auch hatten bereits die Polizisten, die zuerst Kontakt mit Taleb A. nach dem Anschlag hatten, ihre Erfahrung geschildert. Am Mittwoch erzählten ehemalige Kollegen von ihrem Arbeitsalltag mit dem Attentäter.
Am Donnerstag sind sieben Polizeibeamte zum Prozess geladen. Diese sollen von den Ermittlungen zum Anschlag berichten.
Der Start des sechsten Prozesstages ist um 9.30 Uhr geplant.
Titelfoto: Jan Woitas/dpa