Prozess um Magdeburg-Anschlag, Geschädigte: "Meine Tochter dachte, wir sind tot"

Magdeburg - Der Prozess um den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt ging am Mittwoch weiter. Die Getöteten standen erneut im Mittelpunkt.

Der Prozess um den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt Taleb A. (51) geht weiter.
Der Prozess um den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt Taleb A. (51) geht weiter.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Am Mittwoch waren zwei Sachverständige vor und gaben Auskunft über die Obduktion der Toten. Sie berichteten schockierende Details zu den Todesursachen zweier Frauen sowie des getöteten neunjährigen Jungen.

Eine Ärztin, die am Anschlagsabend als Ersthelferin vor Ort agierte, schilderte ihre Erlebnisse. Auch zwei Verletzte sagten vor Gericht aus.

TAG24 war vor Ort und berichtete live. In diesem Artikel könnt Ihr den gesamten Verhandlungstag nachlesen.

14.29 Uhr: Prozess beendet

Nach der höchst emotionalen und fast einstündigen Aussage der Geschädigten beendet Richter Sternberg den Verhandlungstag.

Der Prozess wird am Donnerstag um 9.30 Uhr fortgesetzt.

14.25 Uhr: Zeugin von Richter unterbrochen

Auf Nachfrage, was sich die Lehrerin von dem Prozess um den Magdeburger Todesfahrer erhofft, findet sie klare Worte.

"Ich wünsche mir, dass das Gericht ganz deutlich macht, dass solche Taten Konsequenzen haben. Ich möchte, dass die Verantwortung des Abends ganz klar festgestellt wird", fordert die Frau. Sie kritisiert, dass mit der Verantwortung zwischen Stadt und Polizei "Pingpong gespielt" wird.

Als sich die Geschädigte in Rage redet, wird sie von Richter Dirk Sternberg unterbrochen.

Am Mittwoch meldete sich der Angeklagte nicht selbst zu Wort.
Am Mittwoch meldete sich der Angeklagte nicht selbst zu Wort.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

14.20 Uhr: Lehrerin seit einem Jahr arbeitsunfähig

Seit dem 20. Dezember ist die Lehrerin arbeitsunfähig.

"Ich habe Schüler mit Migrationshintergrund, ich hatte Schüler die heißen Taleb", schildert die 50-Jährige. Sie spricht zudem von einer kurzen "Zündschnur" und Angst vor großen Menschengruppen, unter der sie seit dem Anschlag leidet. Aufgrund dessen ist für die Zeugin derzeit nicht absehbar, ob sie ihre Arbeit bald wieder aufnehmen kann.

14.15 Uhr: Verletzte hat "Vertrauen in die Sicherheit verloren"

"Wir waren rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen aber es gab keine Hilfe, die Hilfe kam aus dem Familienkreis." Die 50-Jährige erläutert, dass ihre Tochter sie und ihren Mann pflegen musste.

Beide Beine der Lehrerin waren gebrochen und sie war monatelang an Krücken gefesselt. Ihr Ehemann erlitt eine Fleischwunde am Fuß sowie Bänderrisse.

Mental beschäftigt sie der Anschlag ebenso weiter. Seitdem leidet sie unter Schlafstörungen und hat Angst vor Autos und Straßenverkehr. "Ich hab das Vertrauen in die Sicherheit verloren."

Die Geschädigte ist auf der Suche nach psychologischer Betreuung und nimmt derzeit an Selbsthilfegruppen teil.

13.58 Uhr: Betroffene macht wütende Aussagen gegen Taleb A.

Sie schildert ihre schwierige Knieoperation, der sie sich nach Anschlag unterziehen musste. Der Bericht der Geschädigten ist gespickt von wütenden Kommentaren gegen den Angeklagten Taleb A.

Sie bemängelt seine wirren Erklärungen vor Gericht und die Beschwerden über seine Handhabung im Gefängnis. "Seine Folter, dass er alle zwei Stunden geweckt wird - ich brauche niemanden, der mich alle zwei Stunden weckt", erklärt die 50-Jährige wütend, "ich wäre froh, wenn ich mal zwei Stunden schlafe."

13.50 Uhr - Geschädigte: "Meine Tochter dachte, wir sind tot"

"Es sind ja nicht nur die Verletzten die Geschädigten dieser furchtbaren Tat, sondern auch die Familien", bemerkt die Zeugin. Ihre eigene Tochter erfuhr über ein Online-Video von dem Anschlag.

Mittels der "Wo ist"-App überprüfte sie demnach den Standort ihrer Eltern. "Ich saß dort bewegungsunfähig und meine Tochter dachte, wir sind tot", erläutert die 50-Jährige unter Tränen.

"Ich bin auf den Weihnachtsmarkt gegangen, um ein paar ruhige Stunden zu erleben [...] und auf einmal bin ich Opfer geworden", sagt sie wütend mit Blick auf den Angeklagten.

Es ist bereits der zehnte Prozesstag im Verfahren gegen Taleb A.
Es ist bereits der zehnte Prozesstag im Verfahren gegen Taleb A.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

13.35 Uhr: Betroffene klagt über "unbeschreibliche Schmerzen"

Die 50-Jährige war am Anschlagsabend mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt, um letzte Weihnachtsgeschenke zu shoppen, als das Auto angefahren kam.

Die Zeugin dachte zunächst, dass es sich bei dem Auto um ein Lieferfahrzeug gehandelt hätte.

"Er erwischte mich seitlich mit der Beifahrerseite, er ist mir brutal gegen die Knie gefahren", erinnert sie sich. Auch ihre Füße wurden überrollt und sie fiel zu Boden. "Es waren unbeschreibliche Schmerzen."

Das, was sie um sich herum erblickte, vergleicht die Lehrerin mit einem Kriegsschauplatz.

13.25 Uhr: Prozess wird fortgesetzt

Nach einer 70-minütigen Mittagspause wird der Verhandlungstag jetzt fortgesetzt.

Als Nächstes steht eine 50-jährige Lehrerin vor Gericht. Sie war zunächst erfreut, nicht als Nebenklägerin aussagen zu müssen, erläutert sie. Allerdings konnte sie wenige Tage nach dem Anschlag die Langzeitfolgen noch nicht abschätzen, die sie inzwischen zum Ausdruck bringen kann und will.

"Das Auto kam irgendwann zum Stillstand, doch für mich ist es noch nicht beendet", beklagt die Zeugin.

11.52 Uhr: Prozess pausiert

Richter Dirk Sternberg kündigt die Mittagspause an, während auf die nächsten Geladenen gewartet wird.

Der Prozess setzt voraussichtlich um 13.15 Uhr fort.

Auch Augenzeugen stehen erneut vor Gericht.
Auch Augenzeugen stehen erneut vor Gericht.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

11.45 Uhr: Geschädigter (48) wurde "durch die Luft geschleudert"

Ein Augenzeuge (48), der am Anschlagsabend auf dem Weihnachtsmarkt verletzt wurde, sagt jetzt aus.

"Mich hat es durch die Luft geschleudert und ich bin da irgendwo in der Ecke gelandet", erklärt der Magdeburger. Er erlitt Hämatome an Kopf und Körper.

Er schildert, wie sein bester Freund neben ihm landete und eine große Kopfwunde aufwies. "Er hat geschrien 'mein Kopf ist auf, mein Kopf ist auf'", erinnert sich der Mann. Er betreute seinen Kumpel bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte.

Zwar ist der 48-Jährige nicht in psychologischer Betreuung, kämpft aber dennoch mit den Folgen des Vorfalls. "Man ist schreckhafter geworden bei lauten Geräuschen, zum Beispiel wenn ein Auto hinter einem quietscht", meint der Geschädigte. Auch leidet er unter Schlafstörungen.

Titelfoto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

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