Flüchtendem dreimal in Rücken geschossen: Polizist vor Gericht - Kollegin kann sich "nicht erinnern"
Von Martin Höke
Düsseldorf - Neun Monate nachdem ein Polizist (27) in Düsseldorf einem Unbewaffneten in den Rücken geschossen hat, hat am Donnerstag die Verhandlung begonnen. Grund für die Schussabgabe sei eine "bedrohliche Situation" gewesen, schildert der Angeklagte.

Am ersten Prozesstag am Landgericht Düsseldorf erklärt der 27-jährige Beamte, Einsätze mit Messern gehörten zu den gefährlichsten überhaupt und er sei deshalb damals am Einsatzort schon mit gezogener Waffe zu dem Tatort am WGZ Bank-Park hinter dem Hauptbahnhof gegangen.
Kurz nach dem Eintreffen habe er dann mit seiner Kollegin den vermeintlichen Gefährder gestellt. "Er hat sich auf uns zubewegt und ich hab ihn angeschrien, er solle stehenbleiben, auf die Knie gehen und sich auf den Boden legen", berichtet der Angeklagte.
Weil der Verdächtige sich dann aber wieder aufgerichtet und einen metallischen spitzen Gegenstand aus der rechten Hosentasche gezogen und hochgehalten habe, habe er den Taser eingesetzt.
"Es war für mich sehr bedrohlich, ich hatte in dem Moment auch Angst", erinnert sich der 27-Jährige. Nachdem der Taser kaum Wirkung gezeigt und der Mann sich wieder aufgerichtet habe, um wegzulaufen, feuerte der Beamte laut Anklage die drei Schüsse ab.
Eine Kugel traf den Verdächtigen in den Rücken. Er habe geschossen bis er eine Wirkung gesehen habe. "Ich hatte keine andere Möglichkeit, um mich und meine Kollegin zu schützen", betont der Angeklagte in dem Verfahren.
Kollegin macht keine Angaben und beteuert: "Ich kann mich nicht mehr genau erinnern"

Seine Kollegin macht als Zeugin hingegen keine näheren Angaben zum Einsatzverlauf in der Nacht des 10. August im WGZ Bank-Park hinter dem Hauptbahnhof. "Ich kann mich nicht mehr genau erinnern", meint die 24-Jährige und erklärt: "Ich war damals in Angststarre und handlungsunfähig."
Die Polizei war gerufen worden, weil angeblich ein Mann zwei Menschen mit einem Butterfly-Messer bedroht habe. Sie selbst habe kein Messer gesehen, berichtet auch die junge Frau, die den Notruf damals absetzte. Aber ihr Cousin habe gesagt, "der hat ein Messer, lass uns abhauen". Ihr Cousin, der ebenfalls als Zeuge aussagte, erklärt jedoch: "Es kann auch ein Schlüsselbund gewesen sein".
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten daher gefährliche Körperverletzung im Amt vor. Es habe keine Voraussetzung für den Schusswaffengebrauch vorgelegen. Der schwer verletzte Mann habe nur mit einer Notoperation gerettet werden können. Ein Messer wurde bei dem 32-Jährigen nicht gefunden.
Es sei zudem auch eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags möglich, heißt es im Eröffnungsbeschluss der Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rainer Drees.
Titelfoto: Oliver Berg/dpa