Von Monika Wendel, Alina Grünky
Potsdam - Im Fall des mutmaßlichen schweren Missbrauchs eines Kindes im Maßregelvollzug in Brandenburg an der Havel ist der Beschuldigte ein vorbestrafter Sexualstraftäter.
Er sei wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern im Maßregelvollzug untergebracht, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Potsdam mit. Zunächst berichteten die "Potsdamer Neuesten Nachrichten" (PNN).
Das Landgericht Potsdam hatte den Mann im Mai 2008 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen den Untergebrachten im Maßregelvollzug wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Die Behörden halten sich unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen und Persönlichkeitsrechte mit Angaben zu dem Fall bedeckt.
Auch wann der Missbrauch stattgefunden haben soll, blieb unklar. Das Ministerium spricht von einem "gravierenden Vorfall", der Anfang November gemeldet worden sei.
Im Maßregelvollzug werden Straftäter untergebracht, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht oder nur vermindert schuldfähig sind. Die Menschen sollen in der forensischen Psychiatrie behandelt und die Öffentlichkeit vor ihnen geschützt werden.
Restrisiko bleibt trotz Prüfprozessen
In Einrichtungen des Maßregelvollzugs werden längere und unüberwachte Besuche von Partnern und Familienangehörigen erst nach längerer Zeit der Beobachtung und Prüfung gewährt. Darauf weist der Kriminologe und Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Martin Rettenberger, hin.
Ob "Langzeitbesuche" am Ende einer Kette von Lockerungen zugelassen würden, richte sich nach dem individuellen Krankheitsbild, dem Therapiefortschritt und einer fortlaufenden Gefährlichkeitseinschätzung, sagte er der Deutschen Presse-Agentur zum allgemeinen Vorgehen im Maßregelvollzug. "Solche Entscheidungen trifft man ganz sicher nicht leichtfertig."
Es werde immer sorgfältig geprüft, ob Gefahren für andere Menschen bestünden. Zudem müsse stets ein mehrstufiges und engmaschig kontrolliertes Lockerungsverfahren durchlaufen werden.
Einen hundertprozentigen Schutz, dass von Untergebrachten keinerlei Gefahr mehr ausgehe, gebe es dennoch nie, sagte Rettenberger. Bei einem Gewaltvorfall müsse immer untersucht werden, ob es Hinweise auf Risiken gegeben habe oder ob der vorgeschriebene Prüfprozess unzureichend durchgeführt worden sei.
Das Gesundheitsministerium lässt nun ein Gutachten erstellen. Dabei sollen unverzüglich die gesetzlichen Regelungen, die Hausordnungen sowie die Besuchsregelungen untersucht werden, wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte. "Wir prüfen, ob diese Regelungen noch der aktuellen Situation entsprechen und ob sie mit der geltenden Gesetzeslage übereinstimmen."