Unterkunft für Obdachlose in Köln wird dichtgemacht: Große Protestaktion - das sagt die Stadt

Köln - Mitten in der Corona-Pandemie wurde das Projekt "Obdachlose mit Zukunft" - kurz "OMZ" - ins Leben gerufen. Es sollte Menschen ohne Unterkunft einen Zufluchtsort bieten. Jetzt aber soll das mehrstöckige Haus geräumt werden. Jedoch nicht ohne Protest seitens etlicher Hilfsorganisationen und des OMZ.

Etliche Organisationen fanden sich am Mittwoch vor der Unterkunft in Deutz ein.
Etliche Organisationen fanden sich am Mittwoch vor der Unterkunft in Deutz ein.  © Horst Konopke

Seit Beginn 2020 hatten einst in der Südstadt, dann in Deutz an der Gummersbacher Straße 25 zeitgleich knapp 30 Personen ein Dach über dem Kopf.

Gemeinsam organisierten sie sich und bezogen nach einer Umsiedelung das marode Gebäude im Rechtsrheinischen. Dort haben sie Zugang zu Küchen, sanitären Anlagen, können in Gemeinschaft leben und sind vor Witterung und Kälte geschützt.

Vor einigen Wochen hieß es seitens der Stadt Köln dann jedoch, dass die Räumlichkeiten aufgrund des bevorstehenden Abrisses nicht mehr zu bewohnen seien, die Selbstverwaltung müsse beendet werden - auch sich häufende Gewaltvorfälle seien der Grund. Alle Bewohner müssten umgesiedelt werden. Das sei allerdings nicht nahtlos möglich, sondern erst am 1. September.

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Laut dem Dezernat für Soziales, Gesundheit und Wohnen stünde dafür ein leer stehendes Haus in Merheim zur Verfügung. Der Nachteil: Nicht alle Bewohner können in die neue Unterkunft. "Wer in das Haus darf, wird in einem langwierigen Castingprozess [...] ausgewählt", teilt der OMZ e. V. mit.

Die Folge: Einigen derzeitigen Bewohnern stünde somit wieder die Obdachlosigkeit bevor, aus der sie sich mühsam gekämpft hatten.

OMZ kritisiert Stadt Köln

Seit 2020 besteht das Projekt "OMZ e. V.".
Seit 2020 besteht das Projekt "OMZ e. V.".  © Horst Konopke

Das sehen viele der Anwohner sowie etliche Hilfsorganisationen und Vereine nicht ein, weshalb es am heutigen Mittwoch zu der Protestaktion kam.

"Wir sind über die Jahre eine Familie geworden, wir wollen als Familie zusammenbleiben. Entweder alle oder keiner!", sagt eine Bewohnerin.

Damals hatte die Stadt Wind von der Gründung bekommen und schnelle Hilfe zugesagt. Unter anderem wurde ein Sozialarbeiter für eine langfristige Gewaltprävention eingesetzt. Dieser habe seinen Bus einmal in der Woche vor dem Haus platziert. Zu wenig, kritisiert der Verein.

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Auch Sozialdezernent Dr. Harald Rau erkennt an: "Das OMZ ist auch deswegen gescheitert, weil es uns nicht gelungen ist, vulnerable Gruppen zu schützen." Dabei habe die Stadt laut Linken-Ratsmitglied Jörg Detjen Gebrauch von ihrem Hausrecht machen können, um Gewalttäter des Platzes zu verweisen. Das sei laut Angaben einer Pressesprecherin der Stadt jedoch sehr wohl geschehen. Es gab mehrere Menschen, die ein Betretungsverbot hatten. Gemeinsam mit der Polizei seien diese regelmäßig erwirkt worden.

Laut OMZ übersehe die Stadt die positiven Entwicklungen. Das findet auch André Salentin, Bewohner der ersten Stunde und Vorstand: "Aus dem OMZ heraus wurde unbürokratische Hilfe beim Kontakt zu Ämtern geleistet für nichtdeutsche Bewohner:innen, Notschlafstellen für von sexualisierter Gewalt Betroffene wurden eingerichtet. Auch wenn es manchmal schwierig war, haben wir ein gemeinsames Miteinander bis heute gut hinbekommen."

Das sagt die Stadt Köln

Die Stadt wehrt sich gegen die Vorwürfe und gibt auf Anfrage von TAG24 an, dass sich das Projekt nicht habe stabilisieren können. Zudem sei ein Wohn- und Arbeitsprojekt vom Amt für Soziales, Arbeit und Senioren nur bedingt angenommen worden. Ebenjener Sozialarbeiter habe die Situation vor Ort ebenfalls nicht verbessern können.

"Es kam zu zum Teil schweren Gewaltvorfällen und häufig notwendigen Interventionen der Polizei. Die bisherige durch Gewalt und Angst geprägte Kultur muss unterbrochen werden und darf nicht auf das 'neue OMZ' übertragen werden. Deshalb ist ein Direktübergang nicht möglich", erklärt eine Pressesprecherin. Aktuell arbeite man an einem Nachfolgeprojekt, "das Selbstverwaltung als Ziel hat".

Stand jetzt wolle man die verbliebenen Bewohner in einer Obdachloseneinrichtung zur Überbrückung unterbringen. Jeder und jede von ihnen habe nach Angaben der Stadt ein "Angebot für eine Anschlussunterbringung bekommen". Das Gebäude sei seit dem Nachmittag leer.

Titelfoto: Horst Konopke

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