Wein ist gesund! Bestsellerautor warnt, Abstinenz könnte gefährlich sein

Stuttgart - Wein ist gesund! Das sagt der Autor Hans-Ulrich Grimm. Was klingt als hätte sich einer versprochen, belegt der Autor mit wissenschaftlichen Studien. Ist das der Startschuss für den legitimierten Weingenuss im Zeichen der Gesundheit? TAG24 hat Grimm gefragt, was den Wein so gesund macht.

Cover des Buchs "Wein ist gesund - Wie er uns stärkt und glücklich macht" erschienen im Knaur Menssana Verlag. (Fotomontage)
Cover des Buchs "Wein ist gesund - Wie er uns stärkt und glücklich macht" erschienen im Knaur Menssana Verlag. (Fotomontage)  © Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG

TAG24: "Wer keinen Wein trinkt, lebt gefährlich", schreiben Sie in ihrem Buch. Welche Gefahren gehen von der Abstinenz aus?

Hans-Ulrich Grimm: Da geht es zum Beispiel ums Anti-Aging, das gesunde Altern und möglichst späte Ableben. Die wissenschaftlichen Studien zeigen ziemlich einhellig, dass übermäßiger Alkoholgenuss schadet - aber Abstinenz ebenso. Die Experten sprechen von einer "J-Kurve", bei der die Risiken mit zunehmender Konsummenge ansteigen - auf der anderen Seite aber auch, wenn der Weingenuss gegen null geht.

TAG24: Was bewirkt Wein für die Gesundheit, das Herz und gegen Alzheimer? Sollte es den edlen Tropfen sogar auf Rezept geben?

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Hans-Ulrich Grimm: Wein verlängert das Leben, hebt die Stimmung, beugt Depressionen vor. Beim Herz wirkt er, das zeigen medizinische Untersuchungen, zur Vorbeugung oft besser als die einschlägigen Medikamente. Bei Alzheimer senkt der Wein nach Studien das Risiko um bis zu 80 Prozent - wirklich wirksame Arzneien hingegen gibt es bekanntlich immer noch nicht. Wein auf Rezept: Das wäre natürlich die naheliegende Forderung. Tatsächlich haben Krankenkassen früher die Rechnungen dafür bezahlt, sogar noch bis ins späte 19. Jahrhundert.

Wer Wein trinkt, lebt länger?

Ein Glas Wein am Abend soll laut Autor gut für die Gesundheit sein und sogar schwere Krankheiten vorbeugen.
Ein Glas Wein am Abend soll laut Autor gut für die Gesundheit sein und sogar schwere Krankheiten vorbeugen.  © Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

TAG24: Wein wirkt desinfizierend. Könnte der Wein in der Corona-Pandemie nützlich sein?

Hans-Ulrich Grimm: Das wäre natürlich eine kühne These. Wissenschaftliche Belege gibt es dafür keine. Es gibt Hinweise auf mögliche Effekte einzelner Bestandteile. Nachgewiesen ist auf jeden Fall, dass Wein gegen andere Infektionen hilft, den Schnupfen zum Beispiel, gegen den sonst kein Kraut gewachsen ist. Und bewiesen ist auch, dass Wein den Choleraerreger abtöten kann. Das wurde in den Epidemien des 19. Jahrhunderts beobachtet, und durch neueste Untersuchungen am Erreger Vibrio cholerae bestätigt. Es liegt übrigens nicht am Alkohol, sondern an anderen Bestandteilen.

TAG24: Nun mal Hand aufs Herz: Wie viel Gläser Wein sollen es denn für Frauen und Männer am Tag sein und wann ist es zu viel?

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Hans-Ulrich Grimm: Die meisten Experten sagen: 0,15 Liter am Tag für Frauen und 0,3 Liter für Männer. Nach der J-Kurve wird das Schadensniveau, das bei Abstinenz droht, erst bei größeren Mengen erreicht, dazu gibt es in der Wissenschaft allerdings keine einheitlichen Angaben.

TAG24: Alkohol kann lebensverlängernd wirken und soll auch Anti-Aging-Wirkung haben, wodurch? Wie sieht es mit anderen alkoholhaltigen Getränken wie Bier oder Schnaps aus?

Hans-Ulrich Grimm: Überraschenderweise spielen ja die nichtalkoholischen Bestandteile des Weins eine ganz zentrale Rolle. Etwa die auch in Obst und Gemüse enthaltenen Polyphenole. Sie sind offenbar für die Gesundheitswirkungen des Weines wichtiger als der Alkohol. Wenn es um Gesundheitseffekte alkoholischer Getränke geht, haben Studien gezeigt, dass positive Wirkungen zumeist vollständig aufs Konto des Weines gehen. Bier hat schwächere positive Effekte oder ist neutral einzustufen, negative Folgen sind zumeist Spirituosen zuzuschreiben. Es gibt natürlich auch kulturelle Effekte, etwa bei Selbst- und Fremdgefährdung nach Alkoholgenuss: So etwas kommt in wissenschaftlichen Studien vor, im Wein-Milieu hingegen werden nach einer heiteren Degustationsrunde in der Enothek kaum jemals Tätlichkeiten oder gar Schlägereien beobachtet.

Gesunde Wirkstoffe im Wein halten jung und gesund

Hans-Ulrich Grimm recherchiert seit Jahren in der Nahrungsmittelbranche.
Hans-Ulrich Grimm recherchiert seit Jahren in der Nahrungsmittelbranche.  © Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG

TAG24: Wie viele Wirkstoffe sind im Wein enthalten und welche bedeutenden Wirkungen werden diesen zugeschrieben?

Hans-Ulrich Grimm: Es sollen insgesamt 1000 verschiedene Substanzen sein. Am bekanntesten ist die Salicylsäure, der Wirkstoff aus dem Aspirin, der sich vor allem im Weißwein findet. Sehr gut untersucht ist auch ein Stoff aus dem Rotwein namens Resveratrol. Dazu gibt es mittlerweile an die 15.000 wissenschaftliche Studien. Aber es gibt sogar Inhaltsstoffe, die es sonst nur in der Apotheke gibt, etwa die sogenannten ACE-Hemmer gegen Bluthochdruck und Herzinsuffizienz.

TAG24: Teurer oder günstiger Wein? Gibt es einen Unterschied? Macht einer quasi gesünder, als der andere?

Hans-Ulrich Grimm: Es ist leider so, dass teurer Wein nachweislich mehr gesundheitswirksame Inhaltsstoffe hat. Dabei ist jetzt nicht nachgewiesen, dass ein 1000-Euro-Wein hundertmal gesünder ist als einer für 10 Euro. Aber die etwas teureren Bio-Weine enthalten tatsächlich mehr Gesundheitssubstanzen als die anderen. So ist der etwas teurere Bio-Wein gesünder, und zwar, weil weniger gespritzt wird, die Pflanze sich selbst gegen Aggressoren wehren muss - und dafür Stoffe wie Salicylsäure und Resveratrol einsetzen, die dann wieder den Weingenießern zugutekommen und sie ihrerseits innerlich kräftigen.

TAG24: Nach ihren Recherchen zum Buch: Trinken Sie mehr Wein als davor?

Hans-Ulrich Grimm: Eigentlich nicht. Aber meine Frau nimmt jetzt auch ihre tägliche Dosis. Denn für das weibliche Geschlecht ist der Wein noch wichtiger, etwa beim Anti-Aging: Da kommen die Männer nur auf ein Plus durch Wein von zehn Monaten, die Frauen hingegen auf drei Jahre. Das hat voriges Jahr eine Studie der Universität Harvard nachgewiesen, der obersten wissenschaftlich-medizinischen Instanz auf der Welt. Das hat dann auch meine Frau überzeugt, und seither stoßen wir jeden Abend an. Man sagt ja dann auch: Zum Wohl! A Notre santé! To Your health!

Hans-Ulrich Grimm (66) recherchiert seit Jahren zu versteckten Inhalts- und Zusatzstoffen in der Ernährung und berichtet regelmäßig auf www.food-detektiv.de von seinen Entdeckungen. Mit seiner Familie lebt der Autor des Bestsellers "Die Suppe lügt" in Stuttgart.

Titelfoto: Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG

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