Albtraum Traumbaum: Leipziger Ehepaar wächst Souvenir über den Kopf

Von Thomas Gillmeister

Leipzig - Es waren nur ein paar unscheinbare Samenkerne, die sich Gisela (79) und Peter Mitdank (79) von ihrem ersten Auslandsurlaub 1970 aus Ungarn mitbrachten. Sie züchteten aus ihnen zwei schöne Schwarzkiefern, die sie stolz vor das neue Reihenhaus pflanzten. Doch 50 Jahre später wachsen sie den Leipzigern über den Kopf.

Gisela Mitdank 1970 mit zwei Botanikerinnen in Ungarn.
Gisela Mitdank 1970 mit zwei Botanikerinnen in Ungarn.  © privat

Oft haben Gisela und Peter Mitdank Samen und Ableger von seltenen Gewächsen im Gepäck, wenn sie aus dem Urlaub zurückkommen. So auch 1970, als sie mit ihrem hellblauen Trabi eine Tour durch Ungarn machten.

Im botanischen Garten in Sávár bekamen sie Samen der Österreichischen Schwarzkiefer geschenkt. "Mein Mann schaffte es, aus ihnen innerhalb weniger Jahre kleine Bäumchen zu ziehen", erinnert sich Gisela Mitdank.

Mitte der 1970er Jahre bauten die Leipziger ein Reihenhäuschen. Immer wieder wurden sie dabei von der Stadt gebeten, auch die bis dahin graue Siedlungsstraße zu begrünen. So pflanzten die Hobbygärtner zwei Schwarzkiefern vor das Haus.

Leipzig: Leipziger Ampeln überklebt: Jetzt ist klar, wer dahintersteckt
Leipzig Leipziger Ampeln überklebt: Jetzt ist klar, wer dahintersteckt

"Im Laufe der Jahre entwickelten sie sich zu einer wahren Augenweide", schwärmt Peter Mitdank. Die umsichtigen Siedler hegten und pflegten die Bäume mit den dichten schirmförmigen Kronen, kehrten regelmäßig die bis zu 15 Zentimeter langen Nadeln und Zapfen zusammen.

Peter Mitdank: "Wahrscheinlich reagiert die Stadt erst, wenn etwas passiert"

Peter Mitdank und seiner Frau Gisela (beide 79) wuchs das Urlaubsmitbringsel längst über den Kopf – und das Haus.
Peter Mitdank und seiner Frau Gisela (beide 79) wuchs das Urlaubsmitbringsel längst über den Kopf – und das Haus.  © Picture Point/K. Dölitzsch

Doch die Mitbringsel aus Ungarn wachsen und wachsen. Sie können bis zu 800 Jahre alt werden. "Die Bäume sind rund zehn Meter hoch und werfen dermaßen viele Nadeln und Zapfen ab, dass sie rundherum Dachrinnen und Abwasserkanäle verstopfen", stöhnt der Hausbesitzer.

Da die mächtigen Nadelbäume auf städtischem Grund stehen, bat der Verzweifelte das zuständige Amt, sie selbst zu fällen zu dürfen und mehrere als Ersatz zu pflanzen. Auf eigene Kosten.

"Aber das Amt für Stadtgrün und Gewässer wiegelte ab und meinte, so alte Bäume müssen stehen bleiben und stellen keine Gefahr dar", erzählt Peter Mitdank. Jetzt zittere man bei jedem Sturm aus Angst, dass die Nadelbäume aufs eigene oder das Haus der Nachbarn fallen könnten.

Allein die Nadeln der Bäume füllen jedes Jahr etliche Eimer und Schubkarren.
Allein die Nadeln der Bäume füllen jedes Jahr etliche Eimer und Schubkarren.  © Picture Point/K. Dölitzsch

"Wahrscheinlich reagiert die Stadt erst, wenn etwas passiert", mutmaßt Peter Mitdank etwas resigniert.

Titelfoto: Picture Point/K. Dölitzsch

Mehr zum Thema Leipzig: