Irre Jagd auf Jogger: Polizei erfindet Corona-Regeln und nimmt sie wieder zurück!

Leipzig - Bei der Kontrolle der Ausgangsbeschränkung ist Leipzigs Polizei weit übers Ziel hinausgeschossen. Mit einer willkürlich festgelegten Fünf-Kilometer-Regel machten die Beamten am Mittwochnachmittag am Cospudener See Jagd auf Jogger und Inline-Skater. Am gestrigen Donnerstag kam die reumütige Entschuldigung.

An zwei Kontrollstellen stoppten Polizisten am Cospudener See Radfahrer, Spaziergänger, Jogger und Inline-Skater.
An zwei Kontrollstellen stoppten Polizisten am Cospudener See Radfahrer, Spaziergänger, Jogger und Inline-Skater.  © Screenshot MDR-Sachsenspiegel

Vor laufender Kamera des MDR stoppten die 30 Beamten zwischen 12 und 15 Uhr Radler, Skater und Spaziergänger am Seeufer. Dabei prüften sie, ob sich die Personen im "Umfeld ihres Wohnbereiches" aufhielten. 

Dieses beschränkten die Polizisten zur Verwunderung der Kontrollierten pauschal auf einen Fünf-Kilometer-Radius. Es hagelte Anzeigen - insgesamt 31 Personen wurden einer Straftat (Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz) bezichtigt.

Nach heftigen Beschwerden ruderte die Polizei am Donnerstag zurück! 

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Die Fünf-Kilometer-Regel habe sich als "unzweckmäßig" erwiesen, zudem weiche sie von der vom Freistaat ins Internet gestellten Orientierung ab, musste Polizei-Sprecher Olaf Hoppe einräumen. 

"Sie wurde noch am Abend zurückgenommen - wir bitten um Entschuldigung."

Fehlende Grundlage im Gesetz

Auch diese beiden Inline-Skater bekamen zunächst eine Anzeige, weil sie keine Kenntnis von der ominösen 5-Kilometer-Regel hatten.
Auch diese beiden Inline-Skater bekamen zunächst eine Anzeige, weil sie keine Kenntnis von der ominösen 5-Kilometer-Regel hatten.  © Screenshot MDR-Sachsenspiegel

Das Chaos vor laufender Kamera hat offenbar ein Mitarbeiter des Referates Kriminalitätsbekämpfung verzapft, der den Fünf-Kilometer-Radius willkürlich in einer "Handlungsanleitung" festlegte, die dann an die Beamten im Einsatz ausgereicht wurde. 

Laut Hoppe werden die Verstöße jetzt nicht mehr als Straftaten klassifiziert. Dennoch sollen die Anzeigen als "Prüffälle" der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden.

Den Beamten auf der Straße könne man keinen Vorwurf machen, sagt der renommierte Leipziger Strafrechtler Curt-Matthias Engel. 

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Wohl aber der Staatsregierung: "Die erlassene Allgemeinverfügung enthält eine Vielzahl von unzureichenden Bestimmungen und Regelungslücken", kritisiert der Anwalt. 

Schon für den Begriff "Umfeld des Wohnbereichs" existiere keine gesetzliche Definition. 

Kritisiert die Allgemeinverfügung: Rechtsanwalt Curt-Matthias Engel.
Kritisiert die Allgemeinverfügung: Rechtsanwalt Curt-Matthias Engel.  © Alexander Bischoff
Auch am Donnerstag nutzten wieder viele Radfahrer, Jogger und Inline-Skater, um am Ufer ihre Freizeit zu verbringen. 
Auch am Donnerstag nutzten wieder viele Radfahrer, Jogger und Inline-Skater, um am Ufer ihre Freizeit zu verbringen.   © Alexander Bischoff
Polizeipräsenz am Cospudener See: Fortan werden die Beamten täglich das Treiben am See im Blick behalten. 
Polizeipräsenz am Cospudener See: Fortan werden die Beamten täglich das Treiben am See im Blick behalten.   © Alexander Bischoff

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Titelfoto: Screenshot MDR-Sachsenspiegel

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