Dreist und pietätlos: Wie viel wird auf Leipzigs Friedhöfen tatsächlich geklaut?

Leipzig - Anfang Oktober wurde auf dem Leipziger Südfriedhof das Grabkreuz des dortigen Priestergrabs abgesägt und gestohlen. Zudem berichten immer mehr Angehörige davon, dass Blumen, Schmuck und Metall von den Ruhestätten ihrer Liebsten entwendet werden. TAG24 ging dem Treiben auf die Spur und fragte bei der Polizei, der Stadt und einem Gärtnermeister am Südfriedhof nach.

Das Anketten von Gießkannen ist auf den Leipziger Friedhöfen fast überall gängige Praxis. Dieses Foto entstand Mitte Dezember auf dem Ostfriedhof.
Das Anketten von Gießkannen ist auf den Leipziger Friedhöfen fast überall gängige Praxis. Dieses Foto entstand Mitte Dezember auf dem Ostfriedhof.  © TAG24/Jan-Gerrit Vahl

Polizeisprecher Moritz Peters findet auf TAG24-Nachfrage lediglich einen Eintrag vom 17. Juli im Polizeisystem. Demnach wurde auf dem Friedhof in Großzschocher ein Grabschmuck im Wert von 50 Euro entwendet, die Angehörigen erstatteten daraufhin Anzeige gegen Unbekannt.

Da es in der polizeilichen Datenbank jedoch keine eigene Kategorie für Diebstähle von Blumengestecken gebe, könne die Suche nicht als vollständig gewertet werden. "Auch besteht die Möglichkeit, dass Geschädigte aufgrund des geringen Stehlwertes keine Anzeige erstatten", so Peters weiter.

Seitens der Stadt Leipzig fällt es ebenfalls schwer, eine Aussage zu treffen: Zwar erhalte die Abteilung Friedhöfe des Amtes für Stadtgrün "zu ähnlichen Vorfällen vereinzelte Meldungen", eine Statistik werde jedoch nicht geführt, da es sich beim Grabschmuck um Privateigentum handelt.

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Einen anderen Eindruck hat hingegen Gärtnermeister Steffen Schröder von der Blumenhalle am Südfriedhof. "Hier wird regelmäßig geklaut", sagt Steffen im TAG24-Gespräch. "Besonders frische Pflanzungen verschwinden, Blumen werden wieder ausgegraben."

Dieses Metallkreuz auf dem Südfriedhof des renommierten Künstlers Friedrich Press (1904–1990) wurde Anfang Oktober abgesägt und gestohlen. "Das Kreuz war nicht nur Teil eines Grabmals, sondern Ausdruck gelebter Erinnerungskultur und Glaubenszeugnis zugleich", sagte Michael Baudisch, Pressesprecher des Bistums Dresden-Meißen. (Archivfoto)
Dieses Metallkreuz auf dem Südfriedhof des renommierten Künstlers Friedrich Press (1904–1990) wurde Anfang Oktober abgesägt und gestohlen. "Das Kreuz war nicht nur Teil eines Grabmals, sondern Ausdruck gelebter Erinnerungskultur und Glaubenszeugnis zugleich", sagte Michael Baudisch, Pressesprecher des Bistums Dresden-Meißen. (Archivfoto)  © PR/Bistum Dresden-Meissen

Dreiste Diebe und tierische Grabräuber

Immer mehr Rehe tummeln sich auf dem Gelände des Südfriedhofs. Leider haben sie es jedoch allzu oft auf Blumen und anderes Grün abgesehen, das auf Gräbern gepflanzt wird. (Archivfoto)
Immer mehr Rehe tummeln sich auf dem Gelände des Südfriedhofs. Leider haben sie es jedoch allzu oft auf Blumen und anderes Grün abgesehen, das auf Gräbern gepflanzt wird. (Archivfoto)  © TAG24/Jan-Gerrit Vahl

In einem Fall habe man eine ältere Dame mittels einer auf dem Friedhof platzierten Wildkamera erwischt, wie sie am helllichten Tag Blumen von verschiedenen Gräbern stahl. "Vielleicht wurden die weiterverkauft", mutmaßt der Gärtnermeister. Wie sie habe auch ein anderer Mann, der beim Klauen erwischt worden sei, Hausverbot erhalten.

Grabräuber, die es auf Metalle abgesehen haben, kämen jedoch eher bei Nacht. Neben dem Grabkreuz seien auch andere Skulpturen sowie eine aus Bronze gefertigte Grabplatte aus einer Gruft verschwunden. Die Legierung besteht zu circa 85 Prozent aus Kupfer und ist deshalb aufgrund seines hohen Wiederverkaufswertes bei Langfingern gefragt.

Doch nicht in jedem Fall steckten Menschen hinter den Diebstählen. Auch Rehe seien auf dem Südfriedhof ein wachsendes Problem. "Die Leute sind natürlich traurig, wenn sie ein paar hundert Euro für Blumen ausgeben und Stunden später sind die aufgefressen", sagt der Friedhofsgärtnermeister.

Versuche, die Rehe vom weitläufigen Südfriedhof zu vertreiben, blieben bisher erfolglos. (Archivfoto)
Versuche, die Rehe vom weitläufigen Südfriedhof zu vertreiben, blieben bisher erfolglos. (Archivfoto)  © Jan Woitas/dpa

Verschiedene Versuche, die Rehe zu vergrämen, hätten bisher jedoch nicht die beabsichtigte Wirkung erzielt. Lediglich ein spezielles Spray, mit dem man die Pflanzen und Blumen besprühen kann, habe begrenzt Wirkung gezeigt. "Gegen Menschen würden hingegen Kameras helfen, die aufzustellen, wäre wichtig", sagt Gärtnermeister Steffen Schröder von der Blumenhalle am Südfriedhof.

Titelfoto: Bildmontage/TAG24/Jan-Gerrit Vahl/Jan Woitas/dpa/PR Bistum Meissen-Dresden

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