Leipzig - In manchen Branchen ist es gang und gäbe, Überstunden zu machen. Allein in Leipzig haben sich im vergangenen Jahr mehrere Millionen angehäuft. Viele Arbeitnehmer haben diese jedoch nicht bezahlt bekommen - und es könnte noch schlimmer werden.
Die besten Beispiele sind Gastronomie und Hotellerie: Von den insgesamt 9,6 Millionen Überstunden entfielen in der Messestadt im Jahr 2024 213.000 auf Beschäftigte in Restaurants und Hotels.
Das geht aus dem "Arbeitszeit-Monitor" hervor, den das Pestel-Institut im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gemacht hat.
Mehr als die Hälfte dieser Stunden sei dabei "zum Nulltarif" geleistet worden, heißt es. Bedeutet: Der Arbeitnehmer hat dafür keinen finanziellen Ausgleich erhalten.
Die Gewerkschaft macht sich hinsichtlich der Überstunden Sorgen, denn die Bundesregierung wolle Arbeitszeiten bald neu regeln. "Schwarz-Rot will eine wöchentliche Höchstarbeitszeit und den 8-Stunden-Tag abschaffen", so Christian Ullmann von der NGG Leipzig-Halle-Dessau.
Heißt: Theoretisch könnten Arbeitgeber von ihren Angestellten dann auch verlangen, bis zu zwölf Stunden pro Tag zu arbeiten.
XXL-Arbeitstage belastend für Körper und Geist
Sollten Friedrich Merz (69) und Co. den 8-Stunden-Tag also kippen, würde das europäische Recht für ein Wochen-Limit greifen und somit bis zu 73,5 Stunden pro Woche möglich werden. "Das wäre fast das doppelte Wochen-Pensum von heute - und damit Arbeitszeit-Stretching pur", so Ullmann.
Die Gewerkschaft befürchtet, dass viele Arbeitgeber das in Leipzig schamlos ausnutzen würden. "Es drohen dann völlig überladene Arbeitswochen, bei denen man die Stunden, in denen man nicht schläft, fast komplett im Job oder auf dem Weg zur Arbeit verbringt."
Es bleibe die Gesundheit auf der Strecke, aber auch die sogenannte Work-Life-Balance. XXL-Arbeitstage bedeuten nicht nur eine größere Belastung für den Körper, sondern auch eine erhöhte Gefahr von beispielsweise Arbeitsunfällen.
Zumal sich wieder viele Überstunden anhäufen würden, die aufgrund des Fachkräftemangels nur selten in vollem Umfang "abgefeiert" werden könnten.
Ullmann appelliert an die Bundestagsabgeordneten aus Leipzig und der Region, dem "Herumschrauben am Arbeitszeitgesetz in Berlin einen Riegel vorzuschieben". "Gute Arbeitsbedingungen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, systematische Qualifizierung und mehr Ausbildung. Das sind die richtigen Hebel für mehr Fachkräfte."