Tierheime am Limit: "Wissen nicht mehr, wohin mit unseren Schützlingen"

Leipzig/Delitzsch - Erst die Corona-Pandemie, nun auch noch steigende Kosten in fast allen Bereichen. Die aktuellen Krisen machen auch den Tierheimen zu schaffen. Sowohl in Leipzig als auch in den umliegenden Landkreisen geraten Einrichtungen an ihre Grenzen.

Michael Sperlich, der Chef des Leipziger Tierheims.
Michael Sperlich, der Chef des Leipziger Tierheims.  © Christian Grube

"Wir befinden uns an der Kapazitätsgrenze", erklärte Michael Sperlich, Chef des Tierheims Leipzig, gegenüber TAG24. "Das heißt, dass wir aktuell nicht mehr in der Lage sind, Privataufnahmen zu machen, also Tiere aus privaten Haushalten unterzubringen. Die Kapazitäten sind nicht mehr da."

Laut Sperlich leben aktuell zwischen 400 und 450 Tiere im Leipziger Tierheim. Tagtäglich würden mindestens drei Anfragen zur Abgabe von Hunden eingehen. "Dem können wir nicht mehr nachkommen. Was wir noch leisten müssen und leisten werden, ist die Aufnahme von Fundtieren sowie die Sicherstellung und Verwahrung von Tieren, beispielsweise nach dem Gefahrhundegesetz oder wenn der Halter plötzlich verstirbt."

Seit Monaten schon machen Tierheime in ganz Deutschland auf die schwierige Lage in ihren Einrichtungen aufmerksam. Auch das Tierheim Leipzig hatte Mitte Oktober mit einem Beitrag auf Instagram auf die Situation hingewiesen. "In allen Tierbereichen sind wir komplett belegt, ja eigentlich überbelegt. Wir wissen wirklich schon nicht mehr so richtig wohin mit unseren Schützlingen", hieß es darin.

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Dem Beitrag vorausgegangen war die Aufnahme von 34 Bengalkatzen "aus schlechter Haltung", wie es hieß. "Die nächsten Wochen werden eine Herausforderung sein und wir können dabei wirkliche eure Hilfe gebrauchen."

Energiekosten um fast das dreifache gestiegen

Sperlich zufolge leben aktuell zwischen 400 und 450 Tiere in der Leipziger Einrichtung. Erst Mitte Oktober waren auf einen Schlag 34 Bengalkatzen hinzugekommen. Sie mussten "aus schlechter Haltung" aufgenommen werden.
Sperlich zufolge leben aktuell zwischen 400 und 450 Tiere in der Leipziger Einrichtung. Erst Mitte Oktober waren auf einen Schlag 34 Bengalkatzen hinzugekommen. Sie mussten "aus schlechter Haltung" aufgenommen werden.  © Christian Grube

Tierheim-Chef Sperlich zufolge habe seine Einrichtung, ebenso wie andere Heime, noch immer mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. So seien unter den drei Anfragen pro Tag immer wieder Halter, die sich zu Zeiten des Lockdowns unüberlegt einen Hund zugelegt hätten und diesen nun abgeben wollen.

"Inzwischen überlagert sich das aber auch mit anderen Themen, wie beispielsweise dem Problem der Kostenentwicklung durch die Inflation. Wir befürchten, dass sich diese Situation auch noch einmal verschärfen könnte mit der Anhebung der tierärztlichen Gebühren", so Sperlich.

Auch das Thema Energiekosten beschäftigt Sperlich und seine Mitarbeiter. "Eigentlich sollte die Heizung im Sommer auf Gas umgestellt werden. Das liegt erst einmal auf Eis, wir heizen also weiter mit Heizöl. Da sind wir jetzt bei den Kosten im Vergleich zum Frühjahr 2021 etwa beim 2,5 bis knapp dreifachen. Da haben wir natürlich große Bauchschmerzen."

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Die Steigerung der Kosten bekomme das Tierheim gleichzeitig beim Thema Spenden zu spüren, die noch immer einen Teil der Einnahmen ausmachen. "Wir werden jetzt mal schauen, was Weihnachten passiert. Das ist ja im gemeinnützigen Bereich die Zeit, in der immer der größte Spendenanteil kommt. Da müssen wir jetzt sagen: Wir lassen uns überraschen, was da passiert."

Eine einfach Lösung für die aktuellen Probleme sieht Michael Sperlich nicht, bemerkte jedoch, dass in Deutschland noch immer nicht klar geregelt sei, wer für die Finanzierung von Tierheimen zuständig ist. "Bei den meisten Tierschutzvereinen laufen ja bereits Anpassungsprozesse, um diese neue Kostensituation bei ihren öffentlichen Arbeitgebern geltend zu machen. Es wird eben alles deutlich teurer. Das weiß jeder, der derzeit im Supermarkt seine Rechnung bezahlt."

"Kapazitäten sind ziemlich ausgereizt"

Auch einige Exoten finden sich unter den Tierheimbewohnern.
Auch einige Exoten finden sich unter den Tierheimbewohnern.  © Christian Grube

Auch die Tierheime in Oelzschau (Landkreis Leipzig) sowie in Delitzsch (Nordsachsen) hatten in den vergangenen Monaten via Facebook darauf hingewiesen, dass in ihren jeweiligen Einrichtungen die Belastungsgrenzen erreicht seien.

"Unsere Kapazitäten sind ziemlich ausgereizt", sagte Sarah Fischer vom Tierheim Delitzsch gegenüber TAG24. "Gerade bei den Katzen ist es derzeit sehr voll. 80 Tiere leben aktuell bei uns im Heim. Bei den Hunden sind es 25, bei den Nagern fünf."

Um die Lage in den Griff zu bekommen, arbeite das Tierheim bereits seit einiger Zeit mit Wartelisten.

Finanziell befinde sich die Einrichtung aktuell in einer guten Lage. "Wir haben auch das große Glück, dass viele für uns ehrenamtlich arbeiten und sich als Pflegestellen anbieten."

Dennoch fürchtet auch Sarah Fischer, dass sich die Lage in den kommenden Monaten noch verschlimmern könnte. "Finanzielle Unterstützung ist dabei natürlich immer gut. Gerade beim Futter und beim Katzenstreu bemerken wir bereits Engpässe."

Titelfoto: Bildmontage: Christian Grube

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