Wandbild aus DDR-Zeiten bekommt zweites Leben an Neubau in Leipzig

Leipzig - Das monumentale Wandbild "Produktivkraft Mensch" hat seinem Schöpfer Hans-Hendrik Grimmling (76) zwei Überraschungen bereitet.

Das Wandbild "Produktivkraft Mensch" des Künstlers Hans-Hendrik Grimmling (76) an der Fassade des ehemaligen Chemieanlagenbaukombinates. (Archivbild)
Das Wandbild "Produktivkraft Mensch" des Künstlers Hans-Hendrik Grimmling (76) an der Fassade des ehemaligen Chemieanlagenbaukombinates. (Archivbild)  © Rico Thumser/dpa

Zum einen sei es für ihn, den systemkritischen und in der DDR "nicht gerade für passfähig" geltenden Künstler, ungewöhnlich gewesen, dass er 1981 den Zuschlag für die Auftragsarbeit bekam, erklärte Grimmling. Das Mosaik zierte lange ein Gebäude des Chemieanlagenbaus Leipzig.

Zum anderen sei er Jahre später überrascht worden "von der Absicht und dem Interesse, mein Wandbild wieder präsentabel zu machen". Nach einer Restaurierung hat das Werk Ende vorigen Jahres ein zweites Leben an einem Neubau in Leipzig erhalten.

Dass Kunst am Bau aus DDR-Zeiten überlebt, war viele Jahre alles andere als selbstverständlich. "Vieles von dem, was nicht unter Schutz stand, ist verloren gegangen oder eingelagert worden", sagte Klaus Jestaedt, Leiter der Abteilung Denkmalpflege bei der Stadt Leipzig.

Leipzig: Exklusive News! Sport-Prominenz bei Leipziger Nachtlauf am Start, Tickets immer begehrter
Leipzig Exklusive News! Sport-Prominenz bei Leipziger Nachtlauf am Start, Tickets immer begehrter

Vor allem in den 90er Jahren habe es keine große Akzeptanz für diese Werke gegeben. "Inzwischen gibt es aber eine neue Generation Kunsthistoriker, die das deutlich anders bewerten", sagte Jestaedt. Auch die "Produktivkraft Mensch" wurde unter Denkmalschutz gestellt.

An dem 18 Meter hohen Wandbild hatten sowohl das Immobilienunternehmen, dem das alte Chemieanlagenbau-Gebäude bis zum Beginn eines Umbaus gehörte, als auch die Stadt Leipzig Interesse. "Es war uns wichtig, aber es war auch ein Anliegen der Stadt Leipzig, es zu erhalten", sagte Eva Mommsen, Sprecherin der Immobilienfirma Gröner Group.

Das Mosaik aus dem Jahr 1981 hat an der Fassade eines Wohnhauses im Norden der Stadt nun einen neuen Platz gefunden, nachdem an dem alten Gebäude Umbaumaßnahmen stattfanden
Das Mosaik aus dem Jahr 1981 hat an der Fassade eines Wohnhauses im Norden der Stadt nun einen neuen Platz gefunden, nachdem an dem alten Gebäude Umbaumaßnahmen stattfanden  © Sebastian Willnow/dpa

"Die Restaurierung war sehr komplex"

Kunst am Bau aus DDR-Zeiten hat es lange schwer gehabt. Doch inzwischen hat sich der Blick gewandelt. Die Stadt hat noch mehr vor.
Kunst am Bau aus DDR-Zeiten hat es lange schwer gehabt. Doch inzwischen hat sich der Blick gewandelt. Die Stadt hat noch mehr vor.  © Sebastian Willnow/dpa

Die 200 Metallplatten mit gebrannter Industrieemaille seien 2019 dokumentiert und fotografiert worden. Die Stadt gab einen Zuschuss, um das Kunstwerk sanieren zu können. Die Restaurierung habe einen fünfstelligen Betrag gekostet, sagte Jestaedt.

"Die Restaurierung war sehr komplex", berichtete Katharina Klein, die vom sächsischen Landesdenkmalamt damit beauftragt worden war. Ungefähr ein halbes Jahr lang habe sie in ihrer Berliner Werkstatt daran gearbeitet. Hans-Hendrik Grimmling habe ihr dabei regelmäßig Besuche abgestattet und viel geschichtlichen Hintergrund und Anekdoten erzählt.

Dass für das Werk ein neuer Ort in Leipzig gesucht wurde, hänge damit zusammen, dass sein Denkmalstatus vor ein paar Jahren noch schwebend war, sagte Jestadt. "Ich glaube, dass es dort zwar anders, aber sehr gut wirkt."

Leipzig: Grausamer Tod: Erneut sterben in Leipzig Vögel durch Bauschaum!
Leipzig Grausamer Tod: Erneut sterben in Leipzig Vögel durch Bauschaum!

Der Schöpfer Grimmling findet den neuen Standort in einem Wohngebiet ebenfalls günstig. Sein Wandbild habe dort die Chance, sich freier und künstlerischer anzubieten. "Das kommt mir sehr entgegen, da meine Arbeiten immer so geformt und gemeint waren, dass sie sich einer 'propagandistischen Vernutzung' entziehen, ja sogar verweigern konnten", erklärte er.

Denkmalpfleger Jestaedt will dem Thema der baugebundenen Kunst aus DDR-Zeiten eine größere Aufmerksamkeit widmen. Es gebe noch etliche Orte - zum Beispiel Schulbauten - an denen spannende Kunst am Bau vorhanden sei. "Wir sind bei dem Thema unterwegs. Leipzig spielt da schon eine größere Rolle", sagte Jestaedt.

Titelfoto: Sebastian Willnow/dpa

Mehr zum Thema Leipzig: