"Massiver Zeitdruck": Krisengespräch nach Weihnachtsmarkt-Absage
Magdeburg - Der Weihnachtsmarkt in Magdeburg darf aufgrund von Sicherheitsmängeln voraussichtlich nicht öffnen. Nun soll eine Krisensitzung stattfinden.
Am Montagabend kam die Hiobsbotschaft: Der Magdeburger Weihnachtsmarkt erhält nach der Todesfahrt von letztem Jahr vorerst keine Genehmigung - da er ein "potenzielles Anschlagsziel" sei.
Oberbürgermeisterin Simone Borris (62, parteilos) und Stadtrats-Vorsitzender Wigbert Schwenke (65, CDU) haben Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (71, CDU) um Unterstützung gebeten.
In einem offenen Brief, der TAG24 vorliegt, forderten Borris und Schwenke, dass die "Übertragung der Verantwortung für Terrorschutz" und die Forderung nach Einzäunung und Taschenkontrollen zurückgenommen werden.
Haseloff plant nun eine Krisensitzung am Mittwoch. "Ziel ist es, einen sicheren Weihnachtsmarkt durchzuführen", sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur.
Existenzen hängen an kurzfristigen Entscheidungen
In dem offenen Brief an den Ministerpräsidenten, der TAG24 vorliegt, forderten Borris und Schwenke, dass die "Übertragung der Verantwortung für Terrorschutz" und die Forderung nach Einzäunung und Taschenkontrollen zurückgenommen werden.
Die Regelung für Sicherheitsanforderungen bei Großveranstaltungen und jeweilige Haftungsrisiken dürfen nicht länger auf Kommunen und Veranstalter abgewälzt werden, heißt es darin.
"Wir stehen unter massivem Zeitdruck. Der Aufbau des Weihnachtsmarktes läuft, Verträge sind geschlossen, Existenzen, auch für Händler in der gesamten Innenstadt, hängen an Entscheidungen, die in wenigen Tagen getroffen werden müssen."
Frust herrscht auch beim Deutschen Schaustellerbund. Dieser kritisierte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass der Veranstalter weiteren Akteure ein Jahr Zeit gehabt hätten, ihr Konzept zu überarbeiten.
"Ein Ausfall des Magdeburger Weihnachtsmarkts ist unter keinen Umständen zu akzeptieren", so Präsident Albert Ritter. "Wir sind nicht bereit, einen Streit der Verwaltungen auf unserem Rücken austragen zu lassen."
Kapitulation vor dem Attentat wäre fatales Signal
Schon als sich die Entscheidung des Landesverwaltungsamts bei einer Sondersitzung des Stadtrates am Montag ankündigte, übte die Oberbürgermeisterin Kritik.
"Alle Experten sind sich einig, dass konkrete Terrorabwehr eine staatliche Aufgabe ist, für die nicht der Veranstalter eines Weihnachtsmarktes verantwortlich sein kann", argumentierte Borris während der Sitzung.
"Selbst die Polizei hat uns am vergangenen Freitag schriftlich mitgeteilt, dass die Verfolgung von Straftaten und die Abwehr konkreter Gefahren eine staatliche Aufgabe ist."
Das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarktes sei auch im September für das Kaiser-Otto-Fest genutzt worden, welches unter ähnlichen Bedingungen stattfand - und nicht beanstandet wurde.
Die Oberbürgermeisterin geht davon aus, dass auch andere Weihnachtsmärkte und Großveranstaltungen in Sachsen-Anhalt es ablehnen werden, die Verantwortung für die Abwehr von Amoktaten auf sich zu nehmen.
"Im konkreten Fall wäre eine weitere Folge, dass der Magdeburger Weihnachtsmarkt sowie die Lichterwelten dauerhaft nicht mehr stattfinden können", warnte Borris.
Doch eine Kapitulation vor dem Attentat "stünde im Widerspruch zu unseren Traditionen und Kultur und wäre weit über die Grenzen Magdeburgs hinaus ein fatales Signal", sagte Borris.
Originalmeldung von 10.36 Uhr, zuletzt aktualisiert 13.58 Uhr.
Titelfoto: Fotomontage: Peter Gercke/dpa, Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa

