Heiß umkämpft: So lange muss man auf einen Kleingarten in München warten
München/Nürnberg/Augsburg - Fast 50.000 Parzellen für Kleingärtner gibt es in Bayern - spätestens seit Corona viel zu wenige.

Brennpunkt ist München: "Es gibt mehr als 2000 Münchner, die auf einen Kleingarten warten", sagt Friedrich Pils, Vorsitzender des Kleingartenverbands München.
Dabei gibt es in der ganzen Stadt nur rund 8700 Parzellen - die Anwärter sind so zahlreich, dass die einzelnen Anlagen ihre Wartelisten geschlossen haben. "Wir wollen die Listen nicht endlos lang werden lassen", sagt Pils.
Fünf bis zehn Jahre müssten Interessenten auf einen Kleingarten in guter Lage warten, schätzt der Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Kleingärtner, Martin Rist. "Wenn sie in die Peripherie von München gehen, dauert es mit Glück nur ein halbes Jahr", empfiehlt er. Sowohl die Münchner Kleingärtner als auch der Landesverband wünschen sich neue Flächen.
Doch ist das in dicht bebauten Städten wie München überhaupt noch möglich? "Die Stadt weist nach wie vor neue Flächen aus", sagt Pils. Zum Beispiel soll im Bereich des Siemens-Sportparks ein neuer Park entstehen. Hier könnte sich Pils vorstellen, dass ein kleiner Teil zu Parzellen für Kleingärtner wird. "Wir stehen ja nicht auf dem Standpunkt, das muss alles Kleingarten werden, sondern man kann sich ja arrangieren."
Vom Landesverband heißt es, dass besonders in München die Lage schwierig sei, in Nürnberg zum Beispiel laufe es wesentlich besser. Eine seit Jahren geplante Anlage im neuen Stadtteil Freiham im Münchner Westen sei ein Tropfen auf den heißen Stein.
Dazu komme, sagt Pils von den Münchner Kleingärtnern, dass die Anlage seit Jahren versprochen sei, aber nicht komme. "Mir fehlt mittlerweile der Glaube."
Ökologisch und sozial: Kleingärten sind mehr, als nur Erholungsgrün

Dass Kleingärten wichtig sind, betonen München, Nürnberg und Augsburg auf Nachfrage unisono. "Neben ihrer Funktion als Erholungsgrün spielen Kleingartenanlagen auch unter städtebaulichen, ökologischen und sozialen Aspekten eine wichtige Rolle im Gefüge der Stadt", schreibt das Nürnberger Stadtplanungsamt.
Der Umweltreferent der Stadt Augsburg, Reiner Erben, verweist zudem auf einen Austausch zwischen Generationen, unterschiedlichen Ethnien und sozialer Herkunft.
"Dies ist besonders vorteilhaft bei der Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte und von Geflüchteten." Augsburg plant wegen der durch Corona gestiegenen Nachfrage die Errichtung neuer Anlagen.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte im Januar gesagt: "Kleingärten gehören zu München, sie sind wichtig, weil sie vielen Menschen, die sich in München keinen eigenen Garten leisten können, die Möglichkeit geben, mit hohem Engagement eine städtische Grünoase zu bewirtschaften."
Wohnungen oder Gärten: Was wird aus den Parzellen in Zeiten horrender Grundstückspreise?

Der Stadtrat hatte sich auf seine Initiative kürzlich gegen eine geplante Erhöhung der Pachtgebühren für Kleingärtner ausgesprochen.
In Nürnberg und Augsburg ist eine Erhöhung des Pachtzinses kein Thema. Auch Bestrebungen, Anlagen zum Beispiel für Wohnbebauung aufzugeben, haben die Städte eigenen Angaben zufolge nicht.
Sieht man sich die nackten Zahlen zum Beispiel für München an - 8700 Parzellen auf über 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner - dann wird klar, dass die allermeisten Großstädter nie in den Genuss eines eigenen Kleingartens kommen werden. Trotzdem sollten sie erhalten werden, argumentieren die Kleingärtner.
Die intensiv bepflanzten Gärten erzeugen Sauerstoff, binden Staub, befeuchten und kühlen die Luft. Die Stadt sei nun mal ein komplexer Organismus und könne nicht nur aus Beton bestehen.
Friedrich Pils ergänzt: "In den Gärten gibt es eine Artenvielfalt und Biodiversität, die sie sonst nirgends haben."
Titelfoto: Sven Hoppe/dpa