Weil sie genital-verstümmelte Frauen behandelte: Münchner Gynäkologin soll ins Gefängnis

München - Die Münchener Gynäkologin Dr. Eiman Tahir steht mit dem Rücken zur Wand - oder konkreter: mit einem Bein im Gefängnis. Ihr "Verbrechen": Sie hat in den letzten Jahren rund 5000 genitalverstümmelte Frauen behandelt.

Die Münchner Gynäkologin Dr. Eiman Tahir soll bis Montag 130.000 Euro an die Kassenärztliche Vereinigung zahlen - sonst droht die Vollstreckung.
Die Münchner Gynäkologin Dr. Eiman Tahir soll bis Montag 130.000 Euro an die Kassenärztliche Vereinigung zahlen - sonst droht die Vollstreckung.  © Screenshot/Instagram/innn.it

"Ich soll ins Gefängnis, weil ich beschnittene Frauen behandle", sagte die Medizinerin in einem Instagram-Video, das vom gemeinnützigen Verein "innn.it e. V." gepostet wurde.

Dieser Verein machte erst vor wenigen Wochen von sich reden, nachdem alle 26 Mitarbeiter der deutschen Sektion der Petitions-Plattform "change.org" geschlossen zum eigenen Projekt "innn.it" wechselten.

Laut den Informationen, die in mehreren Postings des Vereins aufgelistet werden, weigern sich die Krankenkassen, die Behandlungskosten zu übernehmen, da sie "nicht dem Gynäkolog/innen-Fachdurchschnitt" entsprechen.

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Die Folge: 130.414,70 Euro fordert die Kassenärztliche Vereinigung nun von Dr. Tahir zurück. Laut Beitrag ist die Summe bis Montag fällig. Hinzu käme eine Geldstrafe von 17.568,75 Euro. Ansonsten würden im schlimmsten Fall Gefängnis und Praxisschließung drohen.

Die Plattform hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Gefahr zusammen mit den Followern abzuschmettern. Mit einer Petition und einer Spendensammlung baut man auf die kollektive Unterstützung der Community.

Und diese Gemeinschaft ist stärker, als die Ärztin erwartet hat. Bis Freitagvormittag gingen rund 128.333 Euro von über 6700 Personen ein. Die höchste Einzelspende beträgt bislang 2500 Euro. "Ich bin so überwältigt", sagt Tahir in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Instagram-Video.

"Ich habe heute Nacht nicht geschlafen. Ich bin heute früh aus dem Bett gefallen und habe meinen Augen nicht geglaubt." Die enorme Hilfsbereitschaft hätte sie völlig überrascht.

Ärztin fragt: "Wer hilft den Frauen, wenn ich es nicht mehr kann?"

Über die Plattform "GoFundMe" unterstützten bereits über 6700 Menschen die Münchner Medizinerin finanziell.
Über die Plattform "GoFundMe" unterstützten bereits über 6700 Menschen die Münchner Medizinerin finanziell.  © Screenshot/GoFundMe

In dem Video berichtet sie auch darüber, dass sie sich erneut zu Gesprächen mit der Kassenärztliche Vereinigung getroffen hätte, diese aber weiter auf die 130.000 Euro bis 12. Dezember bestehen würde. Ansonsten drohe der Praxis die Vollstreckung.

Sie sorge sich jedoch nicht nur um ihre Existenz, sondern auch um die Folgen für ihre Patientinnen: "Das sind 10.000 Frauen, die sind vor dem Aus. Die haben niemanden. Und das will ich wirklich nicht."

30 bis 40 Prozent der Frauen, die sie behandle, seien wegen Genitalverstümmelung in ihrer Praxis am Münchner Karlsplatz. "Wer hilft den Frauen, wenn ich es nicht mehr kann?", fragt sie in einem früheren Beitrag und richtet sich direkt an den Bundesgesundheitsminister: "Herr Lauterbach, ich brauche eine Lösung für meine Abrechnungen für meine Praxis."

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Auch der Verein innn.it hat auf seiner Homepage eine E-Mail an verschiedene Politiker vorbereitet, die unter anderem auch an Lauterbach, Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf sowie weitere politische Stellen gesendet werden kann.

Der Verteiler und der Text sind entsprechend vorgefertigt und versandbereit. Die Petition wurde von einer Betroffenen von Genitalverstümmelung gestartet.

Titelfoto: Montage: Screenshot/Instagram/innn.it + Screenshot/GoFundMe

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