Hanau-Killer Tobias R. hatte "schwere psychotische Krankheit"

Hanau/Berlin - Der mutmaßliche Täter der Blutnacht von Hanau, Tobias R., soll in zwei Hanauer Shisha-Bars neun Menschen getötet haben, ebenso seine Mutter und sich selbst. Mehr und mehr Hintergründe zu dem 43-Jährigen werden bekannt.

Eine Mitarbeiterin der Spurensicherung steht an einem Tatort am Heumarkt in Hanau.
Eine Mitarbeiterin der Spurensicherung steht an einem Tatort am Heumarkt in Hanau.  © Boris Roessler/dpa

Die Ermittler gehen davon aus, dass der mutmaßliche Todesschütze von Hanau psychisch krank war.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, sprach am Freitag bei einer Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Generalbundesanwalt Peter Frank in Berlin auf Grundlage erster Einschätzungen von einer offensichtlich "schweren psychotischen Krankheit".

Die Ermittler durchleuchten im Zuge der Aufklärung des Anschlages nun Handy- und Computerdaten des mutmaßlichen Täters. Abgeklärt werde, mit wem im Inland und Ausland er Kontakt gehabt und wo er sich aufgehalten habe, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank. Mittlerweile seien 40 Zeugen angehört worden, um den genauen Tathergang abzuklären. Zudem würden die GPS-Daten des Autos des mutmaßlichen Täters ausgewertet.

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In der Wohnung des 43-Jährigen seien schriftliche Unterlagen und auch technische Gerätschaften sichergestellt worden.

Frank bestätigte, dass die Bundesanwaltschaft schon im vergangenen November Kontakt mit dem mutmaßlichen Attentäter hatte.

Damals sei bei seiner Behörde eine Anzeige des Mannes eingegangen. Er habe darin Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation gestellt und darin zum Ausdruck gebracht, dass es eine übergreifende große Organisation gebe, die vieles beherrsche, "sich in die Gehirne der Menschen einklinkt und dort bestimmte Dinge dann abgreift, um dann das Weltgeschehen zu steuern".

Tobias R. warnte vor unterirdischen Militäreinrichtungen in den USA

"Fight now!" (kämpft jetzt), mit diesen Worten beendet der mutmaßliche Täter von Hanau, Tobias R., sein wirr anmutendes Video, in dem er vor unterirdischen Militäreinrichtungen in den USA warnt, in denen angeblich Kinder misshandelt und getötet würden.
"Fight now!" (kämpft jetzt), mit diesen Worten beendet der mutmaßliche Täter von Hanau, Tobias R., sein wirr anmutendes Video, in dem er vor unterirdischen Militäreinrichtungen in den USA warnt, in denen angeblich Kinder misshandelt und getötet würden.  © Screenshot/YouTube

In der Anzeige waren nach Franks Angaben keine rechtsextremistischen oder rassistischen Ausführungen enthalten. Man habe aufgrund dieses Schreibens kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auch der Vater des mutmaßlichen Täters sei in der Vergangenheit im Kontakt mit Behörden aufgefallen, durch verschiedene Schreiben, wie Beschwerden. Der Mann sei bei der "Wohnungsöffnung" des mutmaßlichen Täters in der Nacht zum Donnerstag angetroffen worden. Er sei aber kein Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens, sondern im Zeugenstatus.

Bereits am Donnerstag war bekannt geworden, dass Tobias R., der als Sportschütze legal Waffen besitzen durfte, vor dem Anschlag in Hanau ein Video auf YouTube hochgeladen hatte, in dem er vor angeblichen unterirdischen Militäreinrichtungen in den USA warnte, in denen Kinder misshandelt und getötet würden.

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Ebenso hinter ließ der 43-Jährige ein Bekenner-Schreiben, in dem er offenbar rechtsradikale Motive für den Anschlag in Hanau angab. Auch soll er darin zahlreiche Versatzstücke von Verschwörungstheorien verwendet haben (TAG24 berichtete).

Bundesinnenminister Seehofer: "Eindeutig ein rassistisch motivierter Terroranschlag"

Bundesinnenminister Horst Seehofer äußert sich vor der Bundespressekonferenz zu weiteren Entwicklungen nach dem mutmaßlich rechtsradikalen Anschlag in Hanau.
Bundesinnenminister Horst Seehofer äußert sich vor der Bundespressekonferenz zu weiteren Entwicklungen nach dem mutmaßlich rechtsradikalen Anschlag in Hanau.  © Wolfgang Kumm/dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die Bluttat von Hanau als rechtsterroristischen Terroranschlag bezeichnet und höhere Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland angekündigt.

"Die Tat in Hanau ist eindeutig ein rassistisch motivierter Terroranschlag", sagte der Minister.

"Die Gefährdungslage durch Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus ist in Deutschland sehr hoch", sagte Seehofer weiter. Wegen möglicher Nachahmungstäter, Wut und Emotionalisierung habe er mit den Innenministern der Länder ein konkretes Vorgehen zum Schutz der Bevölkerung abgestimmt.

"Wir werden die Polizeipräsenz in ganz Deutschland erhöhen. Wir werden sensible Einrichtungen verstärkt überwachen, insbesondere auch Moscheen." Seehofer kündigte an, dass die Bundespolizei die Länder mit Personal und Sachausstattung unterstützt werde. "Und wir werden eine hohe Präsenz der Bundespolizei an Bahnhöfen, Flughäfen und im grenznahen Raum gewährleisten."

Seehofer verwies auch auf Maßnahmen der Behörden in den vergangenen Tagen. "Wir haben in den letzten Tagen an mehreren Orten in Deutschland Durchsuchungen bei mutmaßlichen Rechtsextremisten durchgeführt, wo wir Sprengstoff und Handgranaten in großer Zahl sowie automatische Waffen sichergestellt haben."

Damit seien weitere Anschläge verhindert worden. Den Rechtsextremismus bezeichnete er als höchste Sicherheitsbedrohung für Deutschland.

Titelfoto: Boris Roessler/dpa, Screenshot/YouTube

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