Kerstan warnt vor Kauf von wasserstoffbereiten Gasheizungen

Hamburg - Da dürften Hausbesitzer aufhorchen: Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (57, Grüne) hat eindringlich vor dem Kauf von wasserstoffbereiten Gasheizungen gewarnt.

Umweltsenator Jens Kerstan (57, Grüne) kritisiert den Fokus auf Wasserstoff beim zukünftigen Heizen. (Archivbild)
Umweltsenator Jens Kerstan (57, Grüne) kritisiert den Fokus auf Wasserstoff beim zukünftigen Heizen. (Archivbild)  © Oliver Wunder/TAG24

Jeder, der auf solche Heizungen setze, werde ein Fiasko erleben und das in wenigen Jahren teuer bezahlen, sagte der Politiker am Montag bei der Präsentation des Jahresabschlusses der Hamburger Energiewerke. Von 2027 an werden CO2-Emissionen aus Gasheizungen in den Emissionshandel einbezogen.

Das bedeute, der Gaspreis werde jedes Jahr steigen - "egal was auf den Weltmärkten passiert", sagte Kerstan, der sowohl Aufsichtsratschef der Hamburger Energiewerke als auch der städtischen Gasnetz Hamburg GmbH ist.

Ganz sicher nicht kommen werde dagegen Wasserstoff als Brennstoff. "Wasserstoff wird bei der Beheizung von Wohnungen in Zukunft keine Rolle spielen", sagte Kerstan. Die vor allem von der FDP in Berlin viel gepriesene Technologieoffenheit sei eine Fata Morgana.

"Das ist wirklich unverantwortlich, was da passiert, und ich kann wirklich nur hoffen, dass Bürgerinnen und Bürger sich wirklich nicht in diese (...) Sackgasse treiben lassen."

Es sei ein Mythos, "dass da irgendwann einmal gegen sämtliche Naturgesetze dieser Welt auf einmal irgendwas möglich wird", warnte Kerstan.

Kerstan spricht von strafbarem Verhalten

Die Bundesregierung hat kürzlich ein Heizungsgesetz vorgelegt.
Die Bundesregierung hat kürzlich ein Heizungsgesetz vorgelegt.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Denn wenn man nur 30 Prozent Wasserstoff beimischen wollen würde, was im Moment kein Gasnetzbetreiber in der ganzen Republik auch nur andenke oder plane, "dann müsste man sämtlich Ventile und alle möglichen Verbindungsstücke im Netz erneuern". Bei 100 Prozent Wasserstoff müsste praktisch das gesamte Netz neu gebaut werden - und das bei einem aktuell verschwindend geringen Angebot von Wasserstoff.

Jeder Netzbetreiber, der jetzt Milliarden Euro seiner Eigentümer und Kunden in die Hand nehme, um das Netz für einen nicht vorhandenen Brennstoff auszurüsten, wäre aus Kerstans Sicht sogar ein Fall für den Staatsanwalt.

"Das ist Untreue, der macht sich strafbar." Wie man unter diesen Umständen in Berlin sagen könne, "kauft Euch Gasheizungen, weil in wenigen Jahren bekommt ihr Wasserstoff", sei ihm ein Rätsel. Dafür habe er überhaupt kein Verständnis.

Eine Spitzenrunde der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte vor wenigen Tagen nach langem Ringen den Weg frei gemacht für das umstrittene Heizungsgesetz. Gemäß der Einigung sollen das Gebäudeenergiegesetz und ein Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.

So kann die Wärmewende gelingen

Die Wärmepumpe ist in den meisten Fällen das Mittel der Wahl, wenn es nach Kerstan geht.
Die Wärmepumpe ist in den meisten Fällen das Mittel der Wahl, wenn es nach Kerstan geht.  © Silas Stein/dpa

Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung soll bis spätestens 2028 eingeführt werden, sodass Bürger erfahren, ob ihr Haus bald an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen wird oder sie ihre Heizung absehbar auf eine Wärmepumpe umrüsten sollten. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Tausch auch Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind. Die FDP hatte zuvor auf Technologieoffenheit gepocht.

Aus Kerstans Sicht gelingt die Wärmewende vor allem mit Wärmepumpen sowie mit Fern- und Nahwärmesystemen, die ihrerseits wieder aus unterschiedlichsten Energiequellen gespeist werden. Er zählte dazu etwa Flusswärmepumpen, Aquiferspeicher tief im Boden, industrielle Abwärme oder Geothermie. Er betonte jedoch auch, dass Fernwärme nicht das Allheilmittel sei, etwa für Ein- und Zweifamilienhäuser sei sie schon wegen der Kosten eher nicht geeignet.

Für den Sommer kündigte der Senator eine Karte an, auf der jeder ablesen könne, ob in seinem oder ihrem Gebiet Fernwärme möglich sein werde. Bereits seit 2016 gibt ein Online-Wärmekataster, in dem die bestehenden Fern- und Nahwärmenetze verzeichnet sind.

Titelfoto: Montage: Hauke-Christian Dittrich/dpa, Oliver Wunder/TAG24

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