Wir sollen weiter sparen! Trotz voller Gasspeicher keine Entwarnung

Berlin - Der Verband der deutschen Gasspeicherbetreiber hat vor dem Hintergrund fast voller Speicher davor gewarnt, die Krise auf die leichte Schulter zu nehmen.

Laut der "Initiative Energien Speichern" müssen die Menschen in Deutschland ihren Verbrauch von Gas künftig weiter einschränken.
Laut der "Initiative Energien Speichern" müssen die Menschen in Deutschland ihren Verbrauch von Gas künftig weiter einschränken.  © Fabian Sommer/dpa

"Nach der Vorsorgephase treten wir jetzt in die Winterphase ein. Die Herausforderungen, die der Winter bereithält, sind größer als die der Vorsorgephase", sagte der Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), Sebastian Bleschke, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Nach Angaben des europäischen Gasspeicherverbandes GIE sind die deutschen Speicher zu insgesamt 99,19 Prozent gefüllt.

Hohe Speicherstände allein reichten nicht aus, betonte Bleschke. "Erforderlich sind zwei Dinge: Wir müssen weitergehend den Gasverbrauch senken, insbesondere dann, wenn sehr kalte Temperaturen auftreten. Und der Binnenmarkt insgesamt muss im Winter wieder sehr viel mehr LNG importieren als derzeit." Dann könne man gut durch den Winter kommen.

Bis auf zwei erreichten am Stichtag 1. November alle Speicher in Deutschland den gesetzlich vorgeschriebenen Füllstand von mindestens 95 Prozent. Der größte Speicher im niedersächsischen Rehden war zu 92,5 Prozent gefüllt. Ein kleinerer Speicher im nordrhein-westfälischen Epe meldete einen Wert von 91,1 Prozent.

Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden ein Puffersystem für den Markt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände dann ab. In Deutschland gibt es rund 25 Speicherbetreiber mit über 40 Untertagespeichern.

Aufruf zum sparsamen Gasverbrauch

Der größte Gasspeicher in Deutschland befindet sich im niedersächsischen Rehden.
Der größte Gasspeicher in Deutschland befindet sich im niedersächsischen Rehden.  © Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Der Gasverbrauch in Deutschland lag laut Bundesnetzagentur in der vergangenen Woche erneut deutlich unter dem Mittelwert der Jahre 2018 bis 2021. Wurden in diesen vier Jahren in der Kalenderwoche 43 täglich im Schnitt 2628 Gigawattstunden Erdgas verbraucht, waren es in diesem Jahr 1672 Gigawattstunden und damit gut 36 Prozent weniger.

Grund dafür waren unter anderem die vergleichsweise hohen Temperaturen, sodass weniger geheizt werden musste.

Die Behörde betonte erneut die Bedeutung eines sparsamen Gasverbrauchs. Eine nationale Mangellage im Winter könne vermieden werden, wenn erstens das Sparziel von mindestens 20 Prozent weiter erreicht wird. "Zweitens müssen die LNG-Terminals zum Jahresbeginn einspeisen."

Drittens müssten der winterbedingte Rückgang der Importe sowie der Anstieg der im Moment niedrigen Exporte eher moderat ausfallen.

Gasmangel in Europa im Winter 2023/24?

Wie die Gaslage im Winter 2023/24 aussieht, ist derzeit völlig unklar.
Wie die Gaslage im Winter 2023/24 aussieht, ist derzeit völlig unklar.  © Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa

Die Internationale Energieagentur (IEA) warnt indes vor Gasmangel in Europa im Winter 2023/24. Etwa 30 Milliarden Kubikmeter könnten dann fehlen, schätzte die Agentur am Donnerstag in Paris. Dies könne etwa der Fall sein, wenn Russland seine Lieferungen bis dahin komplett einstelle und China zugleich größere Mengen Flüssiggas auf dem Weltmarkt aufkaufen würde.

Unter diesen Umständen müsse Europa damit rechnen, dass die Gasspeicher zum Winterbeginn 2023 nur zu 65 Prozent gefüllt seien und nicht wie in diesem Jahr zu 95 Prozent. "Das aktuelle Polster durch die gefüllten Gasspeicher, der jüngste Preisrückgang und die milden Temperaturen sollten nicht zu allzu optimistischen Schlussfolgerungen führen", sagte IEA-Chef Fatih Birol.

Die Agentur, die Industrieländer in Fragen der Energiepolitik berät, appellierte an die Regierungen, alles zu tun, um die Nachfrage nach Gas zu verringern.

In diesem Jahr lieferte Russland noch 60 Millionen Kubikmeter Gas nach Europa.

Titelfoto: Fabian Sommer/dpa

Mehr zum Thema Energiepolitik: