Zu hohe Strompreise: Bundesregierung will Steuern für Wirtschaft senken

Berlin - Die Bundesregierung will den Strompreis für die Wirtschaft durch eine Steuerreform drücken. Monatelang hat die Regierung darum gerungen, wie der Strom für die Industrie günstiger werden kann. Die Befürchtung: Große Konzerne könnten sonst abwandern. Jetzt steht ein Konzept.

Vor allem Konzerne könnten von der Steuerreform profitieren.
Vor allem Konzerne könnten von der Steuerreform profitieren.  © Silas Stein/dpa

Geplant ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unter anderem eine deutliche Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation für Konzerne, die besonders unter hohen Strompreisen leiden.

Die Stromsteuer soll demnach von derzeit rund zwei Prozent auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Prozent gesenkt werden. Davon profitieren nicht nur große Industriekonzerne, sondern auch der Mittelstand.

350 Konzerne, die besonders im internationalen Wettbewerb stehen und unter den hohen Strompreisen leiden, sollen zusätzliche Hilfen erhalten. Die bestehende Strompreiskompensation soll für fünf Jahre verlängert und ausgeweitet werden.

Eine weitere Entlastung hatte das Bundeskabinett vor Kurzem beschlossen: So will die Bundesregierung einen Zuschuss zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das soll am Ende auch den Strompreis dämpfen.

Netzentgelte sind Gebühren für die Nutzung von Strom- und Gasnetzen, die an die Verbraucher weitergegeben werden. Alle Entlastungen sollen sich allein im kommenden Jahr auf einen zweistelligen Milliardenbetrag summieren.

Strompreis in Deutschland einer der höchsten

Stahlarbeiter riefen beim Stahl-Aktionstag im Oktober nach einem günstigeren Strompreis. Mit Kundgebungen am Stahl-Aktionstag soll die Politik zur Unterstützung der Stahlindustrie aufgefordert werden.
Stahlarbeiter riefen beim Stahl-Aktionstag im Oktober nach einem günstigeren Strompreis. Mit Kundgebungen am Stahl-Aktionstag soll die Politik zur Unterstützung der Stahlindustrie aufgefordert werden.  © Oliver Dietze/dpa

Über Wege, die Industrie beim Strompreis zu entlasten, hatte die Bundesregierung monatelang gestritten. Im internationalen Vergleich ist der deutsche Strompreis aktuell ziemlich hoch - sowohl für Verbraucher, als auch für Unternehmen, die teils enorme Mengen an Energie benötigen. Besonders gilt das zum Beispiel für die Chemieindustrie, für Aluminiumwerke und Hersteller von Baustoffen.

Immer mehr große Industriekonzerne denken gerade laut darüber nach, ihre Produktion in Länder mit niedrigeren Strompreisen zu verlagern. Das könnte Deutschland Arbeitsplätze kosten.

Nach Daten der internationalen Energieagentur zahlt die Industrie in Deutschland fast dreimal so viel pro Megawattstunde wie in den USA oder Kanada.

In der EU liegt Deutschland im Mittelfeld: Teurer ist Strom etwa in Dänemark und Italien, deutlich günstiger aber in Frankreich.

Der hohe Preis in Deutschland liegt zum einen an der ehemals starken Abhängigkeit von russischem Gas. Deutschland hat nur wenig eigene Öl- und Gasvorkommen, auch Wasserkraft und Sonne können anderswo besser zur Stromerzeugung genutzt werden. Dazu kommen der CO₂-Preis, Steuern und Abgaben.

FDP-Fraktionschef nennt Stromsteuersenkung "großen Wurf" - Kritik kommt von sächsischer CDU

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (48, CDU) bezeichnet die Stromsteuersenkung als "Notoperation".
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (48, CDU) bezeichnet die Stromsteuersenkung als "Notoperation".  © Bernd von Jutrczenka/dpa

Die geplante Senkung der Stromsteuer für die Industrie findet Beifall in der FDP. Fraktionschef Christian Dürr (46) sprach von einem "großen Wurf".

"Es ist immer sinnvoller, Steuern direkt zu senken, statt hohe Steuern mit Subventionen auszugleichen", sagte Dürr am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Der diskutierte Industriestrompreis hätte Unmengen an Steuergeld verschlungen, "ohne die Preise langfristig runterzubringen", so Dürr.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (48, CDU) sieht in der geplanten Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe eine "Notoperation, aber keine dauerhafte Lösung".

Sachsen habe die Senkung lange gefordert, sie sei dringend notwendig, erklärte der CDU-Politiker am Donnerstag. "Damit gesteht die Bundesregierung die dramatische Notlage bei den Energiepreisen ein."

Spätestens jetzt sei klar, dass die aktuelle Energiepolitik gescheitert sei. Die Energiewende müsse "neu justiert" werden.

Erstmeldung: 9. November, 11.58 Uhr, Update: 9. November, 13.31 Uhr

Titelfoto: Silas Stein/dpa

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