Abschiebehaft-Anstalt in Thüringen: Flüchtlingsrat sieht Vorhaben kritisch
Von Sebastian Haak
Alles in Kürze
- Flüchtlingsrat Thüringen kritisiert Abschiebehaft-Anstalt.
- Menschen könnten entgegen Rechtslage inhaftiert werden.
- Landesregierung plant zehn Abschiebehaftplätze in Arnstadt.
- Erste Plätze sollen bis Juli bezugsfertig sein.
- Flüchtlingsrat zweifelt an Sinnhaftigkeit des Vorhabens.
Erfurt – Der Flüchtlingsrat sieht die Schaffung einer eigenen Abschiebehaftanstalt in Thüringen kritisch. Menschen könnten dort entgegen der Rechtslage inhaftiert werden, so die Befürchtung.

Das zeigten Erfahrungen aus anderen Bundesländern, sagte Frank Gockel, ein Vertreter des Bundesfachverbands zur Unterstützung von Menschen in Abschiebehaft. Zudem fehlt es nach dessen Einschätzung in den Amtsgerichten teils an Kenntnissen in den entsprechenden Rechtsgebieten.
Der Flüchtlingsrat Thüringen rechnet daher damit, dass die Beratung von Menschen, die in Thüringen in Abschiebehaft genommen werden, zu einem weiteren Beratungsschwerpunkt wird. Daher müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Abschiebehaft gegeben seien und ob die Haftbedingungen den gesetzlichen Vorgaben entsprächen, sagte die Projektkoordinatorin des Flüchtlingsrats, Juliane Kemnitz.
Die Landesregierung will eine Abschiebehaftanstalt für Migranten ohne Aufenthaltsrecht in der derzeitigen Jugendarrestanstalt in Arnstadt schaffen.
Bisher musste auf Abschiebehaftplätze in anderen Bundesländern zurückgegriffen werden. Zunächst sollen zehn Abschiebehaftplätze zur Verfügung stehen - 37 Plätze sind geplant. Die ersten sollen bis Juli bezugsfertig sein.
"Es soll hier keine Anstalt der Grausamkeit entstehen", hatte Landes-Migrationsministerin Beate Meißner (43, CDU) in der Vergangenheit gesagt. Die Bedingungen in der Abschiebehaftanstalt würden anders sein als bei der Verbüßung einer Straftat im Gefängnis.
Zweifel an Sinnhaftigkeit

Nach den Erfahrungen Gockels werde das in anderen Bundesländern nicht immer eingehalten. Während es auch Menschen in Abschiebehaft zum Beispiel möglich sein müsse, Bargeld oder ein Handy bei sich zu tragen, werde ihnen das in der Praxis oft verwehrt.
Kemnitz kündigte an, ihre Organisation werde darauf achten, ob in Arnstadt die gesetzlich vorgegebenen Standards eingehalten würden.
Grundsätzlich bezweifelte Kemnitz, dass die Schaffung von eigenen Thüringer Abschiebehaftplätzen sinnvoll sei.
Insbesondere bei vielen Ausländerbehörden in den Kommunen gebe es oft falsche Vorstellungen davon, wann Abschiebehaft überhaupt angeordnet werden könne.
Das Vorhaben ist eines der zentralen Versprechen der Thüringer Brombeer-Koalition. Der entsprechende Umbau der Jugendarrestanstalt soll mit einer globalen Mehrausgabe in Höhe von rund 2,8 Millionen Euro finanziert werden.
Titelfoto: Martin Schutt/dpa