Ostdeutsches Polizei-Abhörzentrum verzögert sich: "Kosten nicht mal ansatzweise zu beziffern!"

Leipzig/Erfurt - Beim gemeinsamen Polizei-Abhörzentrum von fünf ostdeutschen Bundesländern gibt es nach Angaben des Thüringer Innenministeriums IT-Probleme und weiteren Zeitverzug. Zudem sei bisher nur die Hälfte der geplanten Stellen besetzt. Kritik kommt nun von der CDU-Fraktion des Bundeslandes.

Blick in einen Serverraum des Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums (GKDZ) in Leipzig. Unter anderem aufgrund von IT-Problemen soll es nun weiteren Verzug bei der Fertigstellung des Zentrums geben.
Blick in einen Serverraum des Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums (GKDZ) in Leipzig. Unter anderem aufgrund von IT-Problemen soll es nun weiteren Verzug bei der Fertigstellung des Zentrums geben.  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Das Abhörzentrum, das Dienstleistungen für die Polizeien der fünf Länder bei der Bekämpfung schwerer Kriminalität erbringen soll, war bereits 2017 per Staatsvertrag auf den Weg gebracht worden. Sitz des Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums (GKDZ) ist Leipzig. Daran beteiligt sind neben Thüringen auch Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin.

Der Innenpolitiker der CDU-Fraktion, Raymond Walk, hatte eine Anfrage an das Innenministerium zum aktuellen Stand der Dinge gestellt und daraufhin die schleppende Umsetzung des Ländrprojekts kritisiert.

"Gegen den Aufbau des GDKZ verlief die Fertigstellung des Berliner Flughafens im Eiltempo", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Im besten Fall sei die Arbeitsfähigkeit des Abhörzentrums 2024 hergestellt.

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"Die Kosten für diese massiven Verzögerungen sind noch nicht einmal ansatzweise zu beziffern", erklärte Walk. Ursprünglich sei die Landesregierung von einer Eröffnung Ende 2022 oder Anfang 2023 ausgegangen. "Nun gibt es eine weitere Verzögerung von mindestens einem Jahr."

Neues Polizei-Abhörzentrum: "Die erhofften Effizienzgewinne werden wieder aufgefressen"

Der Bau sollte eigentlich Ende 2022 oder Anfang 2023 abgeschlossen sein. Nun verzögere sich dies um mindestens ein Jahr, hieß es von Seiten der Thüringer CDU.
Der Bau sollte eigentlich Ende 2022 oder Anfang 2023 abgeschlossen sein. Nun verzögere sich dies um mindestens ein Jahr, hieß es von Seiten der Thüringer CDU.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

In der Antwort des Ministeriums heißt es, es gebe Probleme mit der IT-Technik. Eine Firma, die die europaweite Ausschreibung gewonnen hatte, habe mitgeteilt, dass sie im Verzug sei.

Eigentlich sollte im ersten Halbjahr 2024 der Probe- und dann der volle Betrieb starten. "Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Planung und Umsetzung von komplexen Großprojekten über einen längeren Zeitraum Anpassungen zur zeitlichen Realisierung erfolgen müssen", hieß es in der Antwort des Thüringer Innenministeriums.

Walk sprach von einem Rückschlag bei einer gemeinsamen und somit effektiveren Aufklärung schwerer Verbrechen wie Mord, Terror, Kinderpornografie, Vergewaltigung oder Bandenkriminalität.

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"Weil die beteiligten Länder die eigenen Überwachungskapazitäten länger als geplant aufrechterhalten müssen, entstehen unnötige Kosten und Parallelstrukturen. Die erhofften Effizienzgewinne werden durch die lange Aufbauphase wieder aufgefressen", so der CDU-Abgeordnete.

Die Doppelstrukturen seien jedoch nötig, weil es keine Sicherheitslücken geben dürfe.

GKDZ: Das darf das Polizei-Abhörzentrum

Der Thüringer CDU-Abgeordnete Raymond Walk (61).
Der Thüringer CDU-Abgeordnete Raymond Walk (61).  © Martin Schutt/dpa

Zu den Kosten und möglichen Mehrkosten machte das Thüringer Innenministerium keine Angaben. Beim Abschluss des Staatsvertrages 2017 sei von einer Schätzgröße von 16 Millionen Euro ausgegangen worden, hieß es.

Walk verlangte mehr Tempo, damit das Abhörzentrum möglichst bald seine Arbeit aufnimmt und Doppelstrukturen wieder abgebaut werden könnten. Laut Innenministerium ist nach Abschluss aller Baumaßnahmen an den beiden Serverstandorten Leipzig und Dresden mit dem Aufbau der einzelnen Hardwarekomponenten begonnen worden.

Eine Telekommunikationsüberwachung kann die Polizei nur zur Aufklärung schwerer Verbrechen einsetzen - etwa bei Mord oder Terrorverdacht. Dazu können Festnetzanschlüsse oder Handys, aber auch die Kommunikation über Messenger wie Whatsapp angezapft werden.

Titelfoto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

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