AfD will Rathaus erobern: Wird dieser Mann Nordhausens neuer Oberbürgermeister?

Nordhausen - Hat in der Thüringer Industrie- und Hochschulstadt Nordhausen künftig ein AfD-Oberbürgermeister das Sagen? Das entscheiden die Wähler am heutigen Sonntag.

Jörg Prophet (61, AfD, r.) könnte der neue Bürgermeister von Nordhausen werden. Er muss sich mit Amtsinhaber Kai Buchmann (47, l.) messen.
Jörg Prophet (61, AfD, r.) könnte der neue Bürgermeister von Nordhausen werden. Er muss sich mit Amtsinhaber Kai Buchmann (47, l.) messen.  © Martin Schutt/dpa

Erst Sonneberg, nun Nordhausen? Die AfD hat erneut die Chance auf ein kommunales Spitzenamt.

Sie schickt einen 61 Jahre alten Unternehmer ins Rennen, der das Rathaus in der Nordthüringer Industie- und Hochschulstadt erobern soll.

Es wäre das erste Oberbürgermeisteramt bundesweit für die AfD, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft ist und beobachtet wird.

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Eine Landratswahl hatte die AfD bereits vor einigen Monaten gewonnen - im südthüringischen Sonneberg.

Der AfD-Kandidat Jörg Prophet (61) geht mit einer guten Ausgangsposition in die Stichwahl. Er erzielte am 10. September beim ersten Wahldurchgang 42,1 Prozent der Stimmen. Er verbuchte damit unter fünf weiteren Bewerbern das mit Abstand beste Ergebnis.

Nun muss er sich mit dem parteilosen Amtsinhaber Kai Buchmann (47) messen, der vor zwei Wochen 23,7 Prozent erhielt. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,4 Prozent. Die Stichwahl wurde nötig, weil kein Bewerber die Schwelle von 50 Prozent erreichte.

AfD konnte bereits mehrere Erfolge in Thüringen feiern

Mit Robert Sesselmann (50) hat die AfD bereits einen Thüringer Landrat im Amt.
Mit Robert Sesselmann (50) hat die AfD bereits einen Thüringer Landrat im Amt.  © Daniel Vogl/dpa

Die AfD, die bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, gewann seit Ende Juni nicht nur die Landratswahl in Thüringen, sondern auch eine Bürgermeisterwahl in der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt.

Den Anfang machte der Landkreis Sonneberg in Südthüringen, wo der Jurist Robert Sesselmann (50) erster Landrat der AfD wurde.

Die Partei kommt in repräsentativen Umfragen nicht nur in Thüringen, sondern auch Sachsen und Brandenburg auf Werte von mehr als 30 Prozent - in den drei Bundesländern sind 2024 Landtagswahlen.

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Die Ausgangslage für den Amtsinhaber Buchmann ist nicht nur wegen seines Rückstandes schwierig. Die Bürgermeisterwahl steht auch unter dem Eindruck von internen Streitigkeiten und persönlichen Auseinandersetzungen.

Buchmann war im Frühjahr vorläufig suspendiert worden, nach einem Verwaltungsgerichtsentscheid ist er seit August wieder im Amt. Der SPD-Landrat hatte Mobbing-Vorwürfe erhoben. Buchmann, der früher Grünen-Mitglied war, wird von den Grünen, der Linken sowie einzelnen SPD-Mitgliedern unterstützt.

Gemeinsame Wahlaufrufe von Parteien für Buchmann gibt es nicht. In Sonneberg sei das versucht worden - das habe aber eher der AfD in die Hände gespielt, sagte ein SPD-Politiker.

Nordhausens besondere Geschichte und die Angst vor einer Normalisierung der AfD

Der als rechtsextrem geltende Björn Höcke (51, AfD) möchte 2024 Ministerpräsident von Thüringen werden.
Der als rechtsextrem geltende Björn Höcke (51, AfD) möchte 2024 Ministerpräsident von Thüringen werden.  © Martin Schutt/dpa

Vor allem Vertreter der rot-rot-grünen Regierungskoalition in Thüringen sind in Sorge, sollte es einen erneuten AfD-Erfolg bei einer Kommunalwahl geben.

Der Fraktionschef der Linken im Landtag, Steffen Dittes (50), sprach von der möglichen "Normalisierung einer rechtsextremen Partei". Das würde langfristig Barrieren außer Kraft setzen.

In Thüringen werden 2024 landesweit neben dem Landtag auch die Mitglieder der Kommunalparlamente, Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte gewählt.

Bereits jetzt hat die Partei von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (51) auch jenseits der Kommunen Einfluss: Mitte September wurde mit ihrer Hilfe, der der FDP und einiger fraktionsloser Abgeordneten eine von der CDU initiierte Senkung der Grunderwerbssteuer im Landtag in Erfurt beschlossen.

Am Rand der Stadt mit rund 42.000 Einwohnern erinnert eine Gedenkstätte an das Konzentrationslager Mittelbau-Dora der Nationalsozialisten.

Dorthin waren im Zweiten Weltkrieg Zehntausende Menschen aus Europa von den Nazis verschleppt worden - viele von ihnen mussten in unterirdischen Stollen unter menschenverachtenden Bedingungen Waffen bauen.

Die Gedenkstätte, die nach eigenen Angaben besorgte Schreiben von Organisationen ehemaliger Häftlinge erreichen, geht von mindestens 20.000 KZ-Opfern aus.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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