Seltsames Abstimmungs-Verhalten: Warum ist das BSW eine Partei der Nein-Sager, Frau Zimmermann?

Dresden - Sachsens BSW ist bei den Vorabgesprächen zum Doppelhaushalt 2025/26 vor wenigen Wochen ebenso ausgestiegen wie bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU im vergangenen Jahr. Eine Partei der Nein-Sager? Über das Verhandlungs- und Abstimmungsverhalten der Fraktion sprach TAG24 mit der Vorsitzenden Sabine Zimmermann (64).

Wohin steuert das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)? - Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann (64) im Gespräch mit TAG24-Redakteur Thomas Staudt (58).  © Norbert Neumann

TAG24: Die Gespräche über den inzwischen beschlossenen Doppelhaushalt mit CDU und SPD führten für Sie in eine Sackgasse. Woran lag's?

Sabine Zimmermann: Es war keine Sackgasse, sondern wir haben klare Zeichen gesetzt, wie Sachsen endlich wieder aus dem selbstverschuldeten Stau rauskommt. Die CDU hatte Veränderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf in Höhe von 250 Mio. Euro angeboten. Wir wollten die Flexibilisierung der Schuldenbremse. Wir sprechen da über 600 bis 700 Mio. Euro. Das hat die CDU abgelehnt. Deshalb hätte es von uns nur eine Enthaltung gegeben. Das war wiederum CDU und SPD nicht genug.

TAG24: War das der einzige Haken?

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Sabine Zimmermann: Ich bin sicher, dass die SPD nicht wirklich mit uns verhandeln wollte. Die sehr linksausgerichtete Sachsen-SPD hakt sich lieber bei den Grünen und der Linken unter, weil man sich in dem ausschließlich städtischen Latte-Macchiato-Milieu wohlfühlt. Und Kretschmer hat klein beigegeben. Aber das stößt einige in der CDU sauer auf.

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Wohin steuert das BSW?

"Sie haben nichts erreicht!", Linken-Fraktionsvorsitzende Susanne Schaper (47) über das BSW im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum aktuellen Haushalt.  © Eric Münch

TAG24: Wie bewerten Sie den Verhandlungserfolg von Grünen und Linken?

Sabine Zimmermann: Als reiner Steigbügelhalter zu dienen, ist kein Verhandlungserfolg. Die 250 Mio. Euro zusätzlich machen gerade einmal sechs Prozent der Gesamtstreichungen aus. Für die geplanten Investitionen ist das Geld noch gar nicht da.

TAG24: Wie hätte denn ein vom BSW gestrickter Haushalt ausgesehen?

Sabine Zimmermann: Unsere Grundannahme ist komplett anders: Wir müssen jetzt investieren – auch mit Krediten – um endlich ausreichend Mittel für unsere Kommunen, mehr für die Wirtschaftsförderung, für den Ländlichen Raum, den ÖPNV und den Gesundheitsbereich zu haben. Es kann doch nicht sein, dass man nur für Aufrüstung Schulden machen darf.

TAG24: Susanne Schaper von der Linken hat Ihnen im Landtag vorgeworfen, Sie hätten mit Ihrem Verhalten gar nichts erreicht - und kräftig gegen Sie gewettert...

Sabine Zimmermann: Die Linke und auch die Grünen merken gar nicht, dass sie in Sachsen und auch im Bund immer wieder CDU-SPD-Positionen stützen. Langfristig erreicht man durch diese Art von Opportunismus gar nichts, sondern macht sich selbst zum Bettvorleger.

Wie unter Hitler: Sabine Zimmermanns Vergleich mit der heutigen Rüstungspolitik führte im Landtag zu heftiger Kritik. Sie selbst kann das nur bedingt nachvollziehen.  © picture alliance/SZ Photo
Jörg Scheibe (65), Marcel Machill (56), Sabine Zimmermann (64) und Ronny Kupke (48, alle BSW) verhandelten im Oktober 2024 mit der CDU über eine Regierungsbeteiligung - und sagten am Ende Nein.  © Petra Hornig

Will das BSW denn gar nicht mitregieren?

Angeregte Gesprächsatmosphäre, klare Worte: Das TAG24-Interview fand in der BSW-Geschäftsstelle im Landtag statt.  © Norbert Neumann

TAG24: Ihr Vergleich der Rüstungsausgaben jetzt mit der Aufrüstung Hitlers in Ihrer Landtagsrede hat für Protest gesorgt. Bereuen Sie, ihn gezogen zu haben?

Sabine Zimmermann: Nein, ich habe die Geschichte interpretiert – Deutschland soll wieder kriegstüchtig gemacht werden und die schwächelnde Wirtschaft soll durch die Rüstungsindustrie wieder angekurbelt werden. Das kann man doch nicht leugnen. Eine maßlose Aufrüstung hat noch nie Frieden gebracht.

TAG24: Das BSW ist bereits zum zweiten Mal aus Verhandlungen mit der Union ausgestiegen. Will das BSW gar nicht wirklich mitregieren...

Sabine Zimmermann: Als politische Partei Verantwortung zu tragen, bedeutet, zu seinen eigenen Werten zu stehen und nach der Wahl keine 180-Grad-Wende zu machen. Deswegen war unsere Ablehnung des Haushalts nur konsequent.

TAG24: Von der Politik der kleinen Schritte halten Sie wohl nicht viel?

Sabine Zimmermann: Nein, wenn unserer Gesellschaft der Boden wegbricht, muss man schnelle und große Schritte machen, um das Land zu retten. Die Politik der letzten 30 Jahre hat sich auch mit dem Doppelhaushalt nicht geändert. Geändert hat sich nur, dass sich die Bürger von der Politik abwenden. Oder die AfD wählen. Wir wollen sichtbare, spürbare Veränderungen.

TAG24: Auch beim Antrag der Grünen, den Auftakt der Tour de France nach Sachsen zu holen, hat Ihre Fraktion nicht zugestimmt, sich lediglich enthalten. Warum?

Sabine Zimmermann: Das Projekt wird aufgrund der Friedensfahrttradition gerade hier auf besondere Begeisterung stoßen. Aber im Antrag der Grünen fehlte das Entscheidende: Die objektiv zu erwartenden finanziellen Belastungen für Kommunen und Freistaat blieben völlig ausgespart - daher unsere Enthaltung.

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