Interview-Wahnsinn: Bockiger Kretschmer sagt eine Minute gar nichts
Dresden/Berlin - Mit einer bockigen Haltung hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (50, CDU) die neue Folge der Polit-Show "Jung & Naiv" für den Zuschauer zur echten Herausforderung werden lassen.
Alles in Kürze
- Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bleibt eine Minute lang stumm.
- Kretschmer zeigt bockige Haltung im Interview.
- Er zweifelt an der Intelligenz des Moderators Tilo Jung.
- Kretschmer entschuldigt sich für seine Art.
- Das Interview wird als herausfordernd für den Zuschauer beschrieben.

Der absolute Höhepunkt des YouTube-Formats von Journalist Tilo Jung (39) ereignete sich, als Kretschmer auf einen Medienbericht angesprochen wurde, wonach er einer der deutschen Politiker sei, die "russische Narrative" in die Öffentlichkeit tragen würden.
Anstatt diese Behauptung zu entkräften oder überhaupt irgendetwas darauf zu entgegnen, entschied sich der MP für nichts dergleichen und schwieg einfach für fast eine ganze Minute!
Eine völlig kuriose Szene eines auch ansonsten schwer zumutbaren Interviews, in dem Kretschmer meist mit verschränkten Armen dasaß und sein Gegenüber nicht für voll nahm.
Besonders dass Jung im ersten Teil der Sendung fast ausschließlich über die AfD in Sachsen sprechen wollte, missfiel Kretschmer sichtlich.
Der Moderator warf dem CDU-Politiker etwa vor, die AfD mit "AfD-Politik" bekämpfen zu wollen. Wegen dieser Aussage stellte Kretschmer seinen Entschluss, dieser Sendung beizuwohnen, gänzlich infrage: "Muss ich mir das wirklich ernsthaft anhören? Ich muss es mir anhören, ich bin ja in die Sendung gegangen."
Laut Sachsens Regierungschef könne man beispielsweise Grenzkontrollen nicht als Idee der AfD bezeichnen, wenn sich 16 Ministerpräsidenten parteiübergreifend dafür ausgesprochen hätten.
Kuriose Szene: Kretschmer schweigt für fast eine Minute
Sachsens MP zweifelt an Intelligenz von Moderator Tilo Jung

Wenig elegant, aber dafür hochamüsant reagierte der gebürtige Görlitzer ebenfalls, als sein Gegenüber angesichts einer brüchigen Brandmauer über die Angst der jungen Menschen vor einer Wiederholung des Faschismus von 1933 berichtete: "Du bist ja wie ein Kaninchen vor der AfD-Schlange und sitzt hier da und zitterst vor dich hin."
Auch sonst sparte Kretschmer nicht mit unterschwellig provokanten Antworten. Besonders kreativ zeigte er sich, als der Moderator über den "Nutzen" eines AfD-Verbotsverfahrens sinnierte. Kretschmer hält diesen eher für begrenzt und sagte: "Ich weiß, die Sendung heißt 'Jung & Naiv', aber es muss ja nicht nur naiv sein."
Beim Thema gleichgeschlechtliche Ehe zweifelte Kretschmer dann noch an der Intelligenz von Tilo Jung: "Such doch mal ein einfaches Thema, wenn das jetzt zu kompliziert ist. Das war für dich zu schwierig, das hab ich an deinen Augen gemerkt."
Dass er sich mit Aussagen über die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau zuvor verhaspelt hatte, konnte der MP damit mehr oder weniger gekonnt kaschieren.
Plötzlich einsichtig: Kretschmer entschuldigt sich für "bockige" Art
Erst, als Jung zur Halbzeit des rund zweistündigen Interviews ausdrücklich über "Inhalte" diskutieren wollte, fand Kretschmer mal löbliche Worte für die Sendung und zeigte sich sogar einsichtig: "Ich nehme alle Kritik am ersten Teil der Sendung zurück, weil jetzt fängt es an, Spaß zu machen. Wenn ich zu bockig war, tut es mir leid."
Die ersten rund 52 Minuten hatte Kretschmer noch mit den Worten "Alibi-Pingpong-Spiel, das nicht in die Tiefe geht", umschrieben.
Titelfoto: Bildmontage: Annette Riedl/dpa, Carsten Koall/dpa