Nico Semsrott klärt auf: So können sich deutsche EU-Abgeordnete am Steuergeld bereichern

Hamburg/Brüssel - Nico Semsrott (38) zog 2019 - damals noch als "Die Partei"-Mitglied, inzwischen Parteilos - ins Europäische Parlament ein. Was da alles schiefläuft thematisiert er in seinem neuen Buch "Brüssel sehen und sterben" und auf seinem YouTube-Kanal.

Nico Semsrott kritisiert, dass sich EU-Abgeordnete mit Reisekostenerstattungen bereichern können.
Nico Semsrott kritisiert, dass sich EU-Abgeordnete mit Reisekostenerstattungen bereichern können.  © Philipp von Ditfurth/dpa

Bereichern können sich deutsche EU-Abgeordneten laut Semsrott zum Beispiel ganz einfach durch Reisekostenerstattungen.

Wie? Abgeordnete wie Nico Semsrott besitzen eine BahnCard 100 für Deutschland, erste Klasse selbstverständlich, und das gleiche noch einmal für Belgien. Das heißt, er könne kostenlos mit seinen beiden "Netzkarten", wie andere deutsche EU-Abgeordneten ebenfalls, zwischen beiden Ländern pendeln.

Nichtsdestotrotz kann er seine Reisekosten erstatten lassen, so der Satiriker. "Dazu stelle ich einen Antrag, sage, dass ich die beiden Netzkarten habe, und dann muss ich einfach schwören, dass ich die Fahrt wirklich unternommen habe." So bekäme er für den Weg von Brüssel nach Berlin und wieder zurück 539 Euro.

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Das Gleiche sei entsprechend auch mit einer Autofahrt möglich. Das habe er neulich persönlich ausprobiert.

"Da bin ich mit einem Mietwagen nach Berlin und zurück gefahren. Da muss man auch nichts einreichen und bekommt 1300 Euro, sogar noch mehr, und das alles steuerfrei", kritisiert Semsrott in seinem Video "Semsrott deckt auf (1): Reisekostenerstattungen im EU-Parlament".

Semsrott deckt auf (1): Reisekostenerstattungen im EU-Parlament

Nico Semsrott: "Ich möchte euch einfach nochmal Danke sagen"

Nico Semsrott spielt mit Aufklebern auf seiner Bekleidung nach der Bewerbungsrede von der Leyens vor den Abgeordneten des Europaparlaments auf ihre Berateraffäre an. (Archivbild)
Nico Semsrott spielt mit Aufklebern auf seiner Bekleidung nach der Bewerbungsrede von der Leyens vor den Abgeordneten des Europaparlaments auf ihre Berateraffäre an. (Archivbild)  © Michael Kappeler/dpa

Zum Hintergrund erklärt er weiter, wie sich die Reisekosten zwischen Wohnort und Arbeitsort zusammensetzen: aus den realen Kosten und je einer Pauschale für Zeitaufwand und Distanz, so Semsrott.

"Deshalb können Abgeordnete selbst für eine Fahrt, die sie nichts kostet, immer noch Pauschalen für Zeitaufwand und Distanz beantragen."

Belege müssen sie demnach erst ab 800 Kilometer Autofahrt einreichen. "Wer eine Zugfahrt mit einer Netzkarte, die einer Bahncard 100 entspricht, absolviert, muss nach dem einmaligen Einscannen der Netzkarte gar nichts mehr einreichen", so der Satirker weiter.

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"Ich möchte euch einfach nochmal Danke sagen, dass ihr fleißig für uns hier in Brüssel und Straßburg arbeitet. Wir machen das für euch", beendet er sein kurzes Video.

Wie das zu verstehen ist, dürfte jedem klar sein. Als Satire und scharfe Kritik am EU-Parlament. Oder wie es sicherheitshalber unter dem Video direkt heißt: "Dies ist eine satirische Darstellung, aber die Fakten sind korrekt."

Zur nächsten Europawahl wird Nico Semsrott nicht erneut antreten.

Titelfoto: Philipp von Ditfurth/dpa

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