Premiere im Südwesten: Dieser Landkreis startet neuen Ansatz für Geflüchtete!

Offenburg - Viele Geflüchtete erhalten staatliche Leistungen bisher in bar. Damit soll in einem Landkreis in Baden-Württemberg bald Schluss sein. Der Ortenaukreis zwischen Rhein und Schwarzwald will von Dienstag an erste Bezahlkarten für Geflüchtete ausgeben.

Die Bezahlkarten sollen nach und nach eingeführt werden.
Die Bezahlkarten sollen nach und nach eingeführt werden.  © Philipp von Ditfurth/dpa

"Wir wollten nicht abwarten, wir wollten ins Machen kommen", sagte Migrationsdezernentin Alexandra Roth der Deutschen Presse-Agentur in Offenburg. Der Kreis mit über 430.000 Menschen ist nach eigenen Angaben mit der Neuerung Vorreiter im Südwesten.

Anders als in der bundespolitischen Debatte gelegentlich gefordert, sind mit der Karte keine Auflagen verbunden. "Momentan hat die Karte eine Funktion als Bargeldersatz", berichtete Roth. Geflüchtete können demnach mit der Debitkarte im Einzelhandel bezahlen und an Automaten Geld abheben - Geldtransfers seien hingegen nicht möglich.

Direkte Barauszahlungen an die Empfänger seien für die Verwaltung mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden, unter anderem für die Sicherheit. In Unterkünften gebe es auch die Gefahr von Diebstahl.

Kreis hält sich alle Optionen offen

"Wir machen das für uns als Kreis", sagte Roth. "Wir haben uns alle Optionen offengehalten. Wenn es vonseiten des Bundes und des Landes bestimmte Vorgaben gibt, kann die Karte jederzeit angepasst werden." Karten dieser Art gibt es dem Kreis zufolge auch in den Großstädten Hannover und Leipzig.

Bund und Länder hatten sich Anfang November darauf verständigt, bis Ende Januar Vorschläge für bundesweit einheitliche Standards für eine Bezahlkarte für Flüchtlinge zu entwickeln. Insbesondere die FDP warb dafür, um Schutzsuchenden die Möglichkeit zu nehmen, Geld aus staatlicher Unterstützung in Deutschland an Angehörige und Freunde im Herkunftsland zu überweisen.

Mit der Bezahlkarte können Geflüchtete ihr Geld selbst verwalten.
Mit der Bezahlkarte können Geflüchtete ihr Geld selbst verwalten.  © Philipp von Ditfurth/dpa

Karte ist optisch neutral

Im Ortenaukreis ist die sogenannte SocialCard für etwa 300 bis 400 geflüchtete Menschen bestimmt, die noch kein eigenes Konto in Deutschland haben. Die Karte trage ein Zeichen des großen Anbieters Visa und sei optisch neutral, um eine Stigmatisierung der Nutzer zu vermeiden, sagte Roth. Für das Smartphone gebe es eine Digitalversion. Jeder Empfänger habe eine individuelle Karte, auf die das Geld gebucht werde. Für Familien gebe es eine Karte.

Roth trat Befürchtungen entgegen, wonach die Verwaltung kontrolliere, was mit dem Guthaben gemacht werde: "Es wird nicht nachverfolgt, wer was wann eingekauft. Wir können nur den Guthabenbetrag sehen, aber keine Kontoverläufe. Dafür gibt es weder Anlass noch eine rechtliche Grundlage."

Wie das Landratsamt mitteilte, können grundsätzlich Einsatzmöglichkeiten der Bezahlkarte festgelegt werden - so könne beispielsweise Glücksspiel ausgeschlossen werden.

Landkreistag: Eile geboten

Die bundespolitische Debatte um Bezahlkarten ist noch lange nicht beendet.
Die bundespolitische Debatte um Bezahlkarten ist noch lange nicht beendet.  © Philipp von Ditfurth/dpa

Wie es in Offenburg hieß, waren Landräte zu den Debitkarten im Austausch. Der Landkreistag Baden-Württemberg plädiert weiter für ein einheitliches Vorgehen der Landkreise beim Thema Bezahlkarte für Geflüchtete, wie Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski auf Anfrage erklärte. "Dies bedeutet, dass jedenfalls einstweilen auf die vom Land in Aussicht gestellte Lösung gesetzt wird. Klar ist, dass in Sachen Bezahlkarte Eile geboten ist", sagte von Komorowski.

Im Ortenaukreis leben rund 2000 Geflüchtete in Unterkünften. Wie in anderen Gegenden des Landes werden neue Einrichtungen gesucht, um die Menschen unterzubringen, wie Roth sagte.

Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" unlängst berichtete, wollen fast alle Bundesländer bei der Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber zusammenarbeiten. Sie beteiligen sich an einer geplanten Ausschreibung für einen gemeinsamen Dienstleister für die technische Infrastruktur, schrieb das Magazin unter Berufung auf eine Umfrage bei den zuständigen Staatskanzleien und Ministerien.

In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hieß es demnach, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen beziehungsweise noch nicht offiziell bekannt gegeben. Bayern wiederum setzt laut dem Bericht auf eine eigene Ausschreibung, die noch in diesem Monat erfolgen soll.

Titelfoto: Philipp von Ditfurth/dpa

Mehr zum Thema Baden-Württemberg: