Kampf gegen Zerfall: So soll eine KI das Ulmer Münster retten!

Ulm - Klimawandel und Alter macht dem Ulmer Münster zu schaffen. Eine KI soll dem Gebäude nun helfen, sich mitzuteilen.

Das Ulmer Münster weist Risse und Schimmel auf.
Das Ulmer Münster weist Risse und Schimmel auf.  © Jason Tschepljakow/dpa

Sie sind etwa so groß wie ein Brillenetui und sollen das Ulmer Münster quasi zum Sprechen bringen: Datenlogger. Die Geräte erfassen Umweltparameter wie etwa Temperatur oder Feuchte, die Messdaten können per Computer analysiert werden.

Verbunden mit einer KI sollen die Geräte nun helfen im Kampf gegen bröckelnden Putz, Schimmel und Risse in der Kirche. Denn das Münster ist das Wahrzeichen der Stadt und hat mit 161,53 Metern den höchsten Kirchturm der Welt - und es leidet unter seinem Alter und dem Klimawandel.

"Wenn ich 650 Jahre alt wäre, sähe ich auch nicht mehr so gut aus", sagt Dekan Torsten Krannich. Nicht nur das Alter macht es dem Gebäude schwer. Klimatische Veränderungen mit sehr langen Trockenphasen, Starkregen und Sturm seien auch ein großes Thema. Bemerkbar mache sich das unter anderem durch Verwitterung am Turm.

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Das Gestein in den Höhen werde im Sommer 80 bis 90 Grad warm, sagt Krannich. Früher sei das ein bis zwei Wochen im Sommer so gewesen. Inzwischen seien es zwei bis drei Monate. "Das ist brutal", sagt der Dekan.

Das Münster kämpft mit vielen Problemen. Bröckelnder Putz ist eines davon. "Das könnte ziemlich gefährlich werden, wenn Sie plötzlich 500 Gramm Putz aus 42 Metern Höhe auf den Kopf bekommen", sagt Krannich.

Damit das nicht passiert, ist derzeit ein Teil des Innenraums gesperrt: Der Putz über einem ganzen Bogen liegt Münsterbaumeisterin Heidi Vormann zufolge hohl. Irgendwann werde er herunterkommen, man wisse nicht wann. "Man muss keine Angst haben, dass man im Münster erschlagen wird", betont Krannich aber.

Die Daten der künstlichen Intelligenz (KI) können per Smartphone überprüft werden.
Die Daten der künstlichen Intelligenz (KI) können per Smartphone überprüft werden.  © Jason Tschepljakow/dpa

Schimmel und Risse zeichnen sich an den Wänden ab

An einigen Stellen sammelt sich Schimmel.
An einigen Stellen sammelt sich Schimmel.  © Jason Tschepljakow/dpa

Altar, Schmuckbänke im Chor und Gemälde kämpfen laut Vormann mit Schimmel. "Das ist nicht Hermelin", sagt sie und zeigt auf ein Gemälde, auf dem auch ein Mantel abgebildet ist. "Das ist Schimmel." Die Zahl der Besucher habe ebenso Auswirkungen auf die Feuchtigkeit.

Bisher konnten die Erhalter des Münsters nur auf Schäden reagieren. Das soll sich jetzt ändern. Mit dem neuen Projekt, den Datenloggern und ihrer Auswertung sollen Probleme im Idealfall behoben werden können, bevor sie entstehen. Gut 50 Datenlogger werden dafür an verschiedenen Stellen im Münster ausgelegt oder angebracht.

Die ersten laufen nun testweise. Sie erfassen alle 15 Minuten etwa Feuchtigkeit, Licht und Temperatur, erklärt Projektleiter Thomas Löther vom Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt (IDK).

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Vor allem bei Holzobjekten macht sich der Klimawandel bemerkbar. "Es treten Trocknungsrisse in Holzmöbeln auf und es breiten sich neue Schädlinge aus, die vorher hier nicht beheimatet waren." Ausgetrocknete Böden können zu Rissen in den Gebäuden und zu statischen Problemen führen.

Hinzu komme, dass in einigen historischen Gebäuden nicht einfach gelüftet werden könne, weil so Schädlinge und Staub hineingerieten. Mit Blick auf Extremwettereignisse sagt Alberth: "Notfallorganisation spielt eine immer stärkere Rolle." Sie hofft, dass die historischen Gebäude erhalten werden können. "Aber es wird aufwendiger."

Die Risse sind klar an den Innenwänden sichtbar.
Die Risse sind klar an den Innenwänden sichtbar.  © Jason Tschepljakow/dpa

Von dem Projekt im Ulmer Münster erhoffen sich Dekan Krannich und Baumeisterin Vormann auch Einsparungen. "Das ist eine siebenstellige Summe, die da Jahr für Jahr investiert wird, um das Münster zu erhalten", sagt Krannich. Jetzt will man etwas tun, idealerweise bevor die Schäden da sind, sagt Vormann. "Aber erst mal braucht es Ergebnisse."

Titelfoto: Jason Tschepljakow/dpa

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