Schafhalter in Sorge vor Wölfen: "habe schon seit Wochen Alpträume"

Wiesbaden - In Hessen mehren sich die Angriffe von Wölfen auf Weidetiere. 2023 töteten sie bislang schon deutlich mehr Tiere als im gesamten vergangenen Jahr.

Schäfer Volker Schuhmacher lässt seine Herde aktuell auf dem Gelände der Erdfunkstelle Usingen weiden. Auch er hatte schon Verluste durch Wolfsrisse erlitten.
Schäfer Volker Schuhmacher lässt seine Herde aktuell auf dem Gelände der Erdfunkstelle Usingen weiden. Auch er hatte schon Verluste durch Wolfsrisse erlitten.  © Boris Roessler/dpa

Viele Schafhalter haben seit Monaten ein mulmiges Gefühl im Magen, auch im Hochtaunuskreis. Im vergangenen Jahr hat sich ein in Rheinland-Pfalz geborener Wolf niedergelassen, seitdem hat der Rüde mit dem Laborkürzel "GW2554m" dort und in den benachbarten Landkreisen erwiesenermaßen immer wieder Weidetiere getötet.

Nun mehren sich im Hochtaunuskreis die Fälle. Ende April und Anfang Mai wurden innerhalb weniger Tage bei zwei Angriffen auf Weiden in Usingen und Wehrheim insgesamt zehn Schafe und ein Lamm gerissen, weitere Schafe werden vermisst.

Ob es sich dabei um Angriffe eines Wolfs gehandelt hat, steht nicht mit Sicherheit fest, ist jedoch nach Ansicht von Mark Harthun vom Naturschutzbund Nabu in Wetzlar angesichts der vielen getöteten Tiere pro Angriff wahrscheinlich. "Ein wildernder Hund ist allerdings auch nicht auszuschließen", schränkt er ein. Bis die Ergebnisse der DNA-Proben vorliegen, dauert es mehrere Wochen.

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Wölfe sind in Hessen zwar immer noch selten, doch ihre Zahl wächst stetig. Im vergangenen Jahr wurden 20 sesshafte Tiere nachgewiesen. 2021 waren es 13 Tiere gewesen, in den beiden Vorjahren jeweils 8. Noch im Jahr 2018 hatte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden keinen einzigen Wolfsnachweis registriert.

Zahlen von gerissenen Tieren durch Wölfe steigen weiterhin rasant an

Wolfsexperten des Forstamtes begutachten nach gemeldeten Vorfällen jeweils, ob die Tiere von einem Wolf getötet wurden.
Wolfsexperten des Forstamtes begutachten nach gemeldeten Vorfällen jeweils, ob die Tiere von einem Wolf getötet wurden.  © Boris Roessler/dpa

Vergangenes Jahr wurden dort Angriffe auf Nutztiere von elf Wölfen dokumentiert, bei denen insgesamt mindestens 20 Schafe, Ziegen und Kälber starben. Dieses Jahr sind bis Ende März bei 13 Übergriffen bereits fast 30 Nutztiere erwiesenermaßen von einem Wolf getötet worden, in 5 Fällen handelte es sich nach Angaben einer HLNUG-Sprecherin um Angriffe des rheinland-pfälzischen Wolfs "GW2554m" unter anderem im Hochtaunuskreis. "Die Individuen sind sehr unterschiedlich, es gibt auch Wölfe, deren DNA noch nie an Nutztieren nachgewiesen wurde", sagt sie.

Betroffen war in jüngster Zeit zum Beispiel der Vogelsbergkreis, wo im März bei zwei Angriffen ein Kalb und vier Schafe getötet wurden. In Schlüchtern im Main-Kinzig-Kreis starben dieses Jahr insgesamt vier Schafe durch einen Wolf, Nordhessen war ebenfalls betroffen. Zu den bewiesenen Fällen kommen nahezu täglich Verdachts- sowie viele nicht mehr aufklärbare Fälle.

"Ich habe schon seit Wochen Alpträume, jetzt sind sie wahr geworden", sagt Nadine Koch, die Besitzerin der diese Woche in Wehrheim getöteten Krainer Steinschafe. Mit Tränen in den Augen erzählt sie etwa von dem kleinen braunen "Haribo", den sie mit der Flasche aufgezogen hatte und an dem Morgen des 2. Mai gekrümmt und mit durchgebissener Kehle auf dem Boden fand. Ein anderes Schaf lebte noch, mit ihm fuhr sie zum Tierarzt, der schläferte es ein.

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Nur zwei der acht toten Tiere hatten Spuren von Fraß. "Wenn die Schafe in Panik geraten und wegen des Zauns nicht flüchten können, weckt das den Jagdinstinkt des Wolfes. Der tötet dann mehr, als er für sein Leben braucht", nennt der Wolfsexperte Harthun eine mögliche Erklärung.

Titelfoto: Boris Roessler/dpa

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