Deutsche Stadt sucht Stelle für "Remigration"

Rostock - Mit einer aktuellen Stellenausschreibung hat sich die Stadt Rostock keinen Gefallen getan. Sie ist Öl auf die Mühlen der AfD.

Die Stadt Rostock sucht jemanden, der sich um Abschiebungen und ausreisepflichtige Ausländer kümmert.
Die Stadt Rostock sucht jemanden, der sich um Abschiebungen und ausreisepflichtige Ausländer kümmert.  © Screenshot/rostock.de

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt wird ein/e "Sachbearbeiter*in II Remigration" gesucht. Damit wird in der offiziellen Stellenanzeige der von der Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (41, Linke) regierten Hansestadt das Unwort des Jahres benutzt.

Erst vor wenigen Wochen war nach Recherchen von Correctiv bekannt geworden, dass sich hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und reiche Unternehmer im November bei Potsdam getroffen haben, um einen gemeinsamen Masterplan zur massenhaften Abschiebung von Ausländern zu schmieden.

Sie nannten das euphemistisch Remigration. Das würde Millionen Menschen – auch mit deutschem Pass – betreffen und wohl kaum friedlich ablaufen.

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Wie kommt es also, dass dieser Begriff in der Rostocker Stellenausschreibung benutzt wird? Dazu hat die Stadt am Mittwoch eine Erklärung veröffentlicht.

Demnach werde Remigration in der Stadtverwaltung seit 2017/2018 benutzt. Es gehe um "Aufgaben im Zusammenhang mit freiwilligen Ausreisen, Duldungen und Rückführungen".

AfD freut sich über Benutzung von "Remigration" in Rostock

Im beschaulichen Rostock ist die Nutzung des Wortes Remigration in der Verwaltung seit Jahren normal. (Archivbild)
Im beschaulichen Rostock ist die Nutzung des Wortes Remigration in der Verwaltung seit Jahren normal. (Archivbild)  © ricok/123RF

"Dafür wurde damals aus der Migrationsforschung heraus der übergreifende Begriff Remigration gewählt." Zu dem Zeitpunkt war er bereits Kampfbegriff der Neuen Rechten und auch Hauptforderung der rechtsextremen Identitäre Bewegung (IB).

Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache zeigt, dass das Wort Remigration erst um das Jahr 2000 in sehr geringem Umfang in den Medien benutzt wurde. Die AfD übernahm den Begriff dankbar von der IB, er klingt doch viel freundlicher als das plumpe "Ausländer raus" der Neonazis in den 90ern.

So erwartbar ist jetzt der Zuspruch der Rechtsaußen-Partei auf die Stellenausschreibung. Nikolaus Kramer (47), AfD-Fraktionsvorsitzender im Schweriner Landtag, frohlockte laut Mitteilung: "Die Hansestadt Rostock mit der linken Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger geht mit gutem Beispiel voran und hilft dabei den Begriff aus der linken Tabuzone zu holen."

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Aus seiner Sicht geht es bei Remigration um "strenge Grenzpolitik, eine Reform des Staatsbürgerschafts- und Asylrechts, die Abschiebung von illegalen Migranten, eine Leitkultur und Rückkehranreizen".

SPD-Chef greift AfD hart an

SPD-Fraktionschef Julian Barlen (43) sieht hinter der Benutzung des Wortes eine Verschleierungsstrategie. (Archivbild)
SPD-Fraktionschef Julian Barlen (43) sieht hinter der Benutzung des Wortes eine Verschleierungsstrategie. (Archivbild)  © Jens Büttner/dpa

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Julian Barlen (43) funktioniere der bildungssprachliche Begriff als Codewort, "um das Vorhaben der massenhaften Vertreibung unerwünschter Menschen zu propagieren".

"Man darf dieser rechtsextremen Strategie der Tarnung nicht auf den Leim gehen. So wie der Begriff 'Sonderbehandlung' im Dritten Reich für Massenmord eingesetzt wurde, meinen auch die heutigen Rechtsextremen mit 'Remigration' nicht rechtmäßige Abschiebungen, sondern schlichtweg die Vertreibung missliebiger Personen, sogar solcher mit deutschem Pass."

Und was sagt die Stadt Rostock zu der ganzen Diskussion? "Der Missbrauch des Begriffs durch Rechtsextremisten sollte nicht dazu führen, die Arbeit der Verwaltung mit den rechtsextremen Absichten gleichzusetzen."

Die Hanse- und Universitätsstadt stehe für eine offene Willkommenskultur, für Diversität und Integration. "Menschenverachtenden Plänen, Millionen Mitbürger*innen aufgrund ihres Migrationshintergrundes aus Deutschland zu vertreiben, stellen wir uns entschlossen und mit aller Kraft entgegen", sagte OB Kröger.

Titelfoto: Montage: ricok/123RF, Screenshot/rostock.de

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