Cold Cases in Bayern: Diese Verbrechen sind bis heute ungeklärt

München - Die Aufklärungsquote für Mord liegt Polizeistatistiken zufolge seit Jahren bei 90 bis 95 Prozent. Aber bei manchen Fällen kommen die Ermittler einfach nicht weiter.

Polizeiwagen und Absperrungen sind am 18.11.2016 vor einer Wohnanlage in Neu-Ulm zu sehen, nachdem ein Mann niedergeschossen worden war. Der Täter konnte fliehen.
Polizeiwagen und Absperrungen sind am 18.11.2016 vor einer Wohnanlage in Neu-Ulm zu sehen, nachdem ein Mann niedergeschossen worden war. Der Täter konnte fliehen.  © Alexander Kaya/dpa

Auch nach Jahren haben die Angehörigen keine Klarheit, was mit ihren Liebsten geschehen ist oder wer verantwortlich ist. Doch Mord verjährt nicht, und so werden Altfälle, sogenannte Cold Cases, auch immer mal wieder aufgerollt. Beispiele aus Bayern:

Kickboxer, Neu-Ulm: Mehr als vier Jahre nach dem Tod eines ehemaligen Kickbox-Profis ist der Fall ungeklärt. Der 37 Jahre alte Russe wird im November 2016 vor einem Hochhaus niedergeschossen. Der Täter flüchtet unerkannt zu Fuß und steigt ein Stück entfernt in ein Auto.

Nach dem Verbrechen setzt die Kripo eine ungewöhnlich hohe Belohnung von 10.000 Euro aus. Es werden Fahndungsplakate in deutscher und russischer Sprache veröffentlicht. Darin bitten die Ermittler nicht nur um Hinweise zu dem Täter, sondern auch zur Vergangenheit des Opfers. Es könnte um Vormachtskämpfe in der Drogenszene gehen.

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Die Memminger Staatsanwaltschaft berichtet, dass die Ermittlungen zu dem Fall noch nicht abgeschlossen sind. Den aktuellen Stand will ein Sprecher der Behörde derzeit nicht mitteilen.

Eventuell könnten 2021 neue Informationen bekanntgegeben werden, erklärte er.

Gestorben fern der Heimat, Täter aus dem nächsten Umfeld

Die Unterfränkin Simone Strobel (25) wurde tot in Australien gefunden.
Die Unterfränkin Simone Strobel (25) wurde tot in Australien gefunden.  © epa AAP/epa/dpa

Simone Strobel, Würzburg: Im Februar 2005 wird die 25 Jahre alte Erzieherin aus dem Landkreis Würzburg tot unter Palmwedeln in Australien gefunden.

Sie war gemeinsam mit ihrem Freund durch das Land gereist. Er gilt bis heute als Hauptverdächtiger. Doch nachgewiesen konnte ihm bisher nichts. Im Oktober 2020 setzt die Polizei in Australien eine Belohnung von einer Million Dollar aus für Hinweise in dem Gewaltdelikt.

Nun heißt es Abwarten, ob sich jemand meldet.

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Christiane Junker, Aschaffenburg: Kurz vor Weihnachten im Jahr 1979 kehrt die 15-Jährige aus Aschaffenburg nicht mehr zu ihrer Familie zurück. Der Wächter vom Schlosspark findet die Leiche der Schülerin am nächsten Tag hinter einem Bootshaus im Schlossgarten. Ihr Körper weist eine Bissspur auf, die Ermittler gehen von einer versuchten Vergewaltigung aus.

Knapp 40 Jahre nach der Tat nimmt die Kripo einen verdächtigen Nachbarn fest. Doch im Prozess 2020 erweist sich das zahnmedizinische Gutachten, das den Mann als Täter überführen soll, als fehlerhaft.

Der Angeklagte wird freigesprochen. Staatsanwaltschaft und Nebenklage legen Revision ein.

Heidi Dannhäuser, Nürnberg: Im November 2013 kehrt die damals 49 Jahre alte Postbotin aus Fischbach bei Nürnberg nicht vom Joggen zurück. Alles spricht für ein Verbrechen, denn die Frau hat alles zurückgelassen, was man mitnehmen würde, wollte man etwa ein neues Leben beginnen: Ausweis, Versicherungskarte, Handy, Auto. Auf ihrem Konto tut sich nichts. Ein erster Verdacht gegen den Lebensgefährten erhärtet sich nicht, seit Jahren findet die Polizei keine heiße Spur.

Auch eine erneute Durchsuchung des Hauses der Frau im Mai 2018 - also fast fünf Jahre nach ihrem Verschwinden - bringt nichts ein. Die Familie sucht über eine Internetseite nach ihr. Die Stadt machte jahrelang Plakatwände für die Suchaktion frei - auch hier: keine Ergebnisse. Doch die Akten seien nicht geschlossen, sagt Polizeisprecher Rainer Seebauer.

"Vielleicht finden wir ja doch noch die entscheidende Spur."

Zahlreiche Hinweise, doch jahrelang keine heiße Spur

Ein Gedenkstein mit dem Porträt der kleinen Peggy auf dem Friedhof.
Ein Gedenkstein mit dem Porträt der kleinen Peggy auf dem Friedhof.  © David-Wolfgang Ebener/dpa

Peggy Knobloch, Lichtenberg: Das Mädchen verschwindet am 7. Mai 2001 auf dem Heimweg von der Schule. Das Skelett wird Jahre später in einem Wald gefunden, der Mörder bis heute nicht.

Selbst NSU-Terrorist Uwe Böhnhardt steht kurzzeitig unter Verdacht, als am Fundort der Leiche vermeintlich seine DNA-Spuren entdeckt werden. Die Ermittler werten in dem bundesweit Aufsehen erregenden Fall rund 6400 Spuren aus, führen 3600 Vernehmungen und geben 250 Gutachten in Auftrag - alles umsonst. Mehr als 19 Jahre nach dem Verschwinden der damals Neunjährigen aus Oberfranken werden im Oktober 2020 die Ermittlungen eingestellt.

Die Indizien reichen nicht aus, um den letzten Verdächtigen wegen Mordes zu verurteilen.

Supermarkt-Besitzer, Mitwitz: Der 61-Jährige wird am 13. November 2006 mit Schlägen und Messerstichen getötet. Der Täter erbeutet mehr als 30.000 Euro. Seit Dezember 2018 wertet eine Sonderkommission Hinweise aus der Bevölkerung aus, erstellt das DNA-Muster des mutmaßlichen Täters und plakatiert Straßen, Tankstellen und Firmen mit dem Fahndungsaufruf - bisher ohne Erfolg.

14 Jahre nach dem Raubmord im Landkreis Kronach gibt es keine heiße Spur.

Ungeklärte Identitäten und neu entdeckte Tatwaffen

Das undatierte Bild zeigt eine etwa ein Kilo schwere Ratschenverlängerung. Vier Jahrzehnte nach dem Mord an einer Frau in Amberg bittet die Polizei mithilfe neuer Ermittlungsergebnisse um Hinweise aus der Bevölkerung.
Das undatierte Bild zeigt eine etwa ein Kilo schwere Ratschenverlängerung. Vier Jahrzehnte nach dem Mord an einer Frau in Amberg bittet die Polizei mithilfe neuer Ermittlungsergebnisse um Hinweise aus der Bevölkerung.  © -/Polizeipräsidium Oberpfalz/dpa

Gertrud Kalweit, Amberg: Vier Jahrzehnte nach dem Mord an der Frau hat kürzlich die Polizei aufgrund neuer Ermittlungsergebnisse um Hinweise aus der Bevölkerung gebeten. Das 38 Jahre alte Opfer wird im März 1980 sexuell missbraucht und ermordet. Laut Polizei stirbt es an Schlag- und Stichverletzungen.

Die Polizei hat kürzlich Fotos veröffentlicht, die Hinweise auf die Tatwaffe geben könnten.

Zwei tote Frauen, Oettingen: In Schwaben fahndet die Kripo auch nach einem Vierteljahrhundert noch nach dem Mörder von zwei jungen Frauen. Die Skelette der jeweils etwa 20-Jährigen werden im September 1995 in einem Wald bei Oettingen (Landkreis Donau-Ries) von Pilzsuchern entdeckt. Die mit Reisig abgedeckten Leichen lagen schätzungsweise etwa zwei Monate lang dort.

Damals vermutet die Kripo, dass es sich bei den Opfern um Erntehelferinnen aus Osteuropa handeln könnte. 16 Jahre später gibt es einen ersten Ermittlungserfolg. Im Herbst 2011 wird mit Hilfe eines DNA-Tests herausgefunden, dass eine der Toten eine 20-Jährige aus Rumänien ist.

Sie soll möglicherweise als Prostituierte gearbeitet haben. Die Identität der zweiten Frau ist unklar.

Unbekannte Täter, unbekannte Opfer

Das Foto zeigt die damals zwölfjährige Schülerin Monika Frischholz.
Das Foto zeigt die damals zwölfjährige Schülerin Monika Frischholz.  © -/Polizeipräsidium Oberpfalz/dpa

Monika Frischholz, Flossenbürg: Die Schülerin, damals zwölf Jahre alt, verschwindet am 25. Mai 1976. 2018 und 2019 befassen sich die Behörden erneut intensiv mit dem Fall und werten neue Hinweise aus - ohne Ergebnis.

Sie hatte damals ihr Elternhaus verlassen, woraufhin sich ihre Spur verlor.

Die Beamten gehen davon aus, dass das Mädchen ermordet wurde.

Unbekannte Opfer, Erlangen: Vor 37 Jahren werden auf einem Parkplatz an der Autobahn 3 bei Erlangen die brennenden Leichen eines Mannes und einer Frau gefunden.

Bis heute weiß die Polizei nicht, wer die Toten sind - geschweige denn, dass sie eine Spur von den Tätern hätten. Während der Ermittlungen bildet sich, auch dank neuer technischer Möglichkeiten, die Erkenntnis heraus, dass es sich bei den Opfern um ein Paar aus Italien handeln könnte, möglicherweise aus der Gegend um Florenz. Doch in Italien geht es nur schleppend voran.

Auch deshalb kommt immer wieder der Verdacht auf, die Mafia könnte ihre Finger im Spiel haben. Die Ermittlung führt der Erste Kriminalhauptkommissar Klaus Bauer - er war am 1. Mai 1983 noch als junger Streifenpolizist einer der Ersten am Fundort der Leichen.

Titelfoto: Bildmontage: Alexander Kaya/dpa, epa AAP/epa/dpa, David-Wolfgang Ebener/dpa, -/Polizeipräsidium Oberpfalz/dpa, -/Polizeipräsidium Oberpfalz/dpa

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