Früher musste es jeder lernen, heute will keiner mehr: Kaum noch Russisch-Unterricht in Sachsen

Kamenz/Dresden - Druschba oder Ami go home? - Heute ist Englisch Pflichtsprache an Sachsens Schulen. Zu DDR-Zeiten war es Russisch. Aber Kurse der Muttersprache Tschaikowskis werden immer mehr zum Auslaufmodell. Ist das eine weitere Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine?

Doswidanja! Russisch-Unterricht wird in Sachsen immer mehr zum Auslaufmodell. (Symbolbild)
Doswidanja! Russisch-Unterricht wird in Sachsen immer mehr zum Auslaufmodell. (Symbolbild)  © IMAGO/Papsch

Wolfgang Rafelt (60) ist sich sicher. "Wir kriegen im nächsten Jahr keinen Russisch-Kurs mehr zusammen", prophezeit der Leiter des Lessing-Gymnasiums Kamenz. Bei den aktuellen Info-Veranstaltungen hatten sich gerade einmal sechs Schüler gemeldet. 20 müssten es eigentlich sein.

Tatsächlich lernen heute ungefähr so viele Schüler in Sachsen Russisch wie noch vor knapp 20 Jahren, nach Angaben des Kultusministeriums etwa 18.500 an insgesamt 254 Schulen. Seit 2004 stiegen die Zahlen bis 2015 schrittweise sogar auf 26.500 an, um dann kontinuierlich abzufallen.

"Einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg kann man zumindest gegenwärtig nicht feststellen", folgert Ministeriumssprecher Dirk Reelfs (61). Allerdings: Gut ein Jahr zuvor, im Frühjahr 2014, hatte sich Wladimir Putin (70) die Krim einverleibt.

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Die offenbar schwindende Beliebtheit von Russisch-Kursen folgt einem längeren Trend, so Rafelt. Schon vor vier bis fünf Jahren seien in der Oberstufe nicht mehr ausreichend Schüler für einen Kurs zusammengekommen, sagt er.

Schüler, die sich heute für Russisch interessieren, hätten meist einen Migrationshintergrund. Ein gewisser Rückgang der Schülerzahlen sei auch in anderen Fremdsprachen feststellbar, so Reelfs. "Auf der anderen Seite erfreuen sich Sprachen der traditionellen Urlaubsländer erfahrungsgemäß noch etwas größerer Beliebtheit."

Kein neuer Russisch-Kurs im nächsten Schuljahr - Schulleiter Wolfgang Rafelt (60).
Kein neuer Russisch-Kurs im nächsten Schuljahr - Schulleiter Wolfgang Rafelt (60).  © Matthias Schumann

Rafelt schließt Russisch-Kurse in den nächsten Jahren nicht aus

Neben Französisch, Griechisch, Italienisch oder Spanisch bieten sächsische Schulen aktuell auch Kurse in Chinesisch, Polnisch oder Tschechisch an. In Kamenz steht bei der zweiten Fremdsprache Spanisch ganz oben auf der Wunschliste der Schüler.

Wolfgang Rafelt: "Wir schließen nicht aus, dass wir in einem der nächsten Schuljahre wieder einen Russisch-Kurs anbieten können."

Titelfoto: IMAGO/Papsch, Matthias Schumann

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