Handwerker in Sachsen händeringend gesucht! Im Freistaat fehlt's an Nachwuchs

Borsdorf - Für Erik Hager stand eigentlich schon immer fest, dass er ins Handwerk möchte. Im Bildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Handwerkskammer zu Leipzig baut der 18-jährige Azubi in Borsdorf zur Übung eine Heizungsanlage zusammen. Der junge Mann möchte später als Mechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik arbeiten. "Man lernt etwas fürs Leben und viel Praktisches dazu", sagt er zu der Wahl seiner Ausbildung.

Erik Hager (l.), angehender Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, überprüft unter Anleitung von Installateur- und Heizungsbaumeister Ronny Hoffmann (r.) eine Gasleitung mit einem digitalen Dichtheitsprüfgerät.
Erik Hager (l.), angehender Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, überprüft unter Anleitung von Installateur- und Heizungsbaumeister Ronny Hoffmann (r.) eine Gasleitung mit einem digitalen Dichtheitsprüfgerät.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Damit ist Hager nicht allein. Zahlreiche junge Menschen haben sich in Sachsen dazu entschieden, eine Lehre im Handwerk zu beginnen. Es gebe 2022/2023 ein Plus bei den neuen Lehrverträgen, hatte der Sächsische Handwerkstag kürzlich mitgeteilt. Demnach wurden bis Ende Juli 3781 Verträge und damit 7,5 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt abgeschlossen - am meisten bei den Kfz-Mechatronikern und Elektronikern.

Auch die Mechaniker für Sanitär-Heizung-Klima standen laut der Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern hoch im Kurs - dort wurden bis Ende Juli 254 Lehrverträge abgeschlossen (2021: 235).

Doch: Hunderte Stellen im Handwerk sind weiterhin frei. Die Betriebe suchen händeringend nach Nachwuchs. "Wir haben noch zahlreiche offene Lehrstellen in allen Bereichen, von A Anlagenmechaniker bis Z Zimmermann", sagt Hans-Peter Schmidt, Referent für Berufsbildung im BTZ.

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Das Bildungszentrum im Landkreis Leipzig ist eine Art verlängerte Ausbildungsstätte, um kleine Betriebe zu unterstützen. 700 bis 800 Azubis und angehende Meister werden dort in 40 verschiedenen Berufen unterrichtet.

In den vergangenen zwei Jahren sei die Berufsberatung in Schulen wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt gewesen, was zu einer gewissen Unsicherheit bei den jungen Leuten geführt habe, erklärt Schmidt. Außerdem sei der Drang zu einem Studium bei vielen Schulabgängern ungebrochen.

3800 Plätze mehr offen als suchende Bewerber

Ausbilder Stefan Schwammbach (l.) erklärt angehenden Anlagenmechanikern für Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik aus dem 4. Lehrjahr eine Wärmepumpe.
Ausbilder Stefan Schwammbach (l.) erklärt angehenden Anlagenmechanikern für Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik aus dem 4. Lehrjahr eine Wärmepumpe.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Im Juli gab es laut Angaben der Agentur für Arbeit im Freistaat generell 3800 mehr freie Stellen als noch suchende Bewerber auf dem Ausbildungsmarkt - dies sei ein neuer Höchststand, teilt ein Sprecher der Regionaldirektion Sachsen mit.

Die meisten unbesetzten Plätze wurden demnach in Bautzen, Leipzig und Dresden gemeldet. "Mit dem Blick auf die hohen und künftig steigenden Fachkräftebedarfe können wir uns das in Sachsen nicht mehr leisten".

Besonders für den Bereich Sanitär-Heizung-Klima haben sich der Markt und die Herausforderungen vergrößert. "Wir sind massiv in den Fokus gerückt worden durch die energiepolitische Entwicklung", erklärt Sven Fischer, Geschäftsführer des Fachverbands Sanitär Heizung Klima in Sachsen.

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Wie zum Beispiel durch den Plan von Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne), ab 2024 jährlich mindestens 500.000 neue Wärmepumpen in Betrieb zu nehmen.

Dazu müssten Themen rund um Gas und Energieeinsparungen bewältigt werden. "Wir haben große Aufgaben, die immer größer werden, und wir haben begrenzte Kapazitäten", warnt Fischer.

Immerhin gibt es seit rund zehn Jahren in der Branche stetig steigende Zahlen beim Nachwuchs. Die Auslastung derzeit sei dennoch sehr hoch, die Auftragsbücher seien voll, Wartezeiten lang.

In Nordsachsen erreichen viele Inhaber das 60. Lebensjahr oder sind sogar älter

Die angehenden Anlagenmechaniker üben an Wänden für Elektroinstallation das Anschließen von Pumpen und Reglern.
Die angehenden Anlagenmechaniker üben an Wänden für Elektroinstallation das Anschließen von Pumpen und Reglern.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Hinzu käme, dass viele ältere Inhaber und Gesellschafter in den kommenden Jahren in den Ruhestand gingen und die Betriebe übernommen werden müssten.

Allein in Nordsachsen, den Landkreisen Leipzig und der Stadt Leipzig erreichen etwa 2000 von diesen in diesem Jahr das 60. Lebensjahr oder sind älter, wie die Handwerkskammer zu Leipzig mitteilt. Dies entspreche rund 16 Prozent der Mitgliedsbetriebe.

Die Chancen, einen Betrieb nach der Meisterprüfung zu übernehmen, stünden daher hoch, sagt der Berufsbildungs-Referent Schmidt.

Bei Erik Hager steht erst mal noch die Gesellenprüfung auf dem Plan. In seinem Betrieb nahe Leipzig sei es momentan an manchen Tagen sehr stressig, erzählt er. Es gebe viele Aufträge, vor allem für die Installation von großen Heizanlagen.

Anfang 2024 ist er voraussichtlich mit der Ausbildung fertig. Dann möchte der 18-Jährige zunächst als Geselle arbeiten. Für ihn ist klar: "Generell will ich in dem Betrieb bleiben."

Titelfoto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

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