Heute vor 20 Jahren im Chaos geboren: Das ist aus "Flutbaby" Karl geworden
Liebstadt - Als das Tief Ilse im August 2002 aus Italien nach Sachsen kommt, ahnt noch niemand etwas von der kommenden Jahrhundertflut und gleich gar nicht von einem kleinen Wunder inmitten der Katastrophe...
Am 12. August 2002 ergießen sich die Wassermassen über den Freistaat. Von den großen Verwüstungen im Tal blieb das höher gelegene Dörfchen Berthelsdorf bei Liebstadt zwar verschont, doch nicht vom Chaos und der Flut.
Mittendrin befand sich die 26-jährige hochschwangere Franziska Bobe, als plötzlich ihre Wehen einsetzten. Söhnchen Karl wollte in jenen Stunden das Licht der Welt erblicken, als ein Seitenarm der Seidewitz den Ort heimsuchte und von der Außenwelt abschnitt.
Es gab keinen Strom, weder Telefon noch Handy funktionierten. "Mein Freund kam von Arbeit nicht mehr heim und saß in Heidenau fest", so Franziska Bobe. Über das Notstromtelefon einer Nachbarin setzten sie einen Rettungsruf ab.
Hausarzt Frank Hertting aus Liebstadt, noch nie eine Geburt durchgeführt, kämpfte sich im Dunkeln zu Fuß zu ihr durch. Am 13. August, um 12.40 Uhr, kam der kleine Karl ohne Komplikationen auf die Welt.
"Flutbaby" Karl ist erwachsen geworden, liebt Motorräder und hat eine Freundin
Heute wird er 20 Jahre alt. "Ich ging in Liebstadt zur Grundschule und machte in Bad Gottleuba meinen Realschulabschluss. Dann begann ich eine Ausbildung und schloss diese im März ab", sagt er. "Ich wurde oft auf meine Geschichte angesprochen. Viele kannten mich als das Hochwasserkind."
Mittlerweile steht Karl fest im Berufsleben, hat eine eigene Wohnung und eine Freundin. Wenn er nicht im Fitnessstudio ist, lebt er seine Leidenschaft für Motorräder. Eine eigene Maschine hat er schon, nun träumt er vom Schein für die offene Klasse.
Aus dem Flutbaby wurde ein erfolgreicher junger Mann.
Titelfoto: Bildmontage: Daniel Förster