Hier werden Traditionen noch gepflegt: Sachsens "Osterhauptstadt" lockt wieder Touristen an

Bautzen - In der Lausitz werden zu Ostern viele Traditionen gepflegt - manche mit großer Anziehungskraft auf Schaulustige. Gastgeber freuen sich nach der Corona-Pandemie über belegte Betten.

Hat in der Lausitz Tradition: Osterreiten hoch zu Ross.
Hat in der Lausitz Tradition: Osterreiten hoch zu Ross.  © Sebastian Kahnert/dpa

Osterreiten, Eierschieben oder das kunstfertige Verzieren von Eiern mit traditionellen Techniken: Diese Bräuche gibt es nur in der Lausitz, wo mit den Sorben das kleinste slawische Volk lebt.

Das Interesse an der Region ist deshalb gerade zu Ostern beachtlich, und das zunehmend nach der Pandemie.

Die Marketing-Gesellschaft Oberlausitz-Niederschlesien ist zuversichtlich: "Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass nach der Corona-Zeit wieder mehr Besucher zu den Feiertagen in die Oberlausitz kommen", sagt Geschäftsführer Olaf Franke.

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Grund für Optimismus geben Anfragen und Buchungen von Gästen, vor allem in Bautzen. Viele Hotels und Gasthäuser seien über Ostern restlos ausgebucht, manche davon schon seit langem, heißt es aus der städtischen Tourist-Information.

Bautzen gilt als die heimliche "Osterhauptstadt" Deutschlands

Das mittelalterliche Bautzen lockt zu Ostern viele Besucher an.
Das mittelalterliche Bautzen lockt zu Ostern viele Besucher an.  © mariajoaos/123RF

Die enorme Nachfrage rührt auch daher, dass die Stadt als "Osterhauptstadt" gilt, sagt Dietmar Stange. Er ist Vorsitzender des Bautzener Tourismusvereins, der 2001 das Eierschieben am Protschenberg wiederbelebt hat.

Das stets sehr gut besuchte Spektakel geht auf einen 1861 erstmals erwähnten Brauch zurück.

Demnach ließen wohlhabende Bürger hart gekochte Eier, Obst, Semmeln und Nüsse den Hang zur Spree hinab rollen. Kinder aus ärmeren Familien sammelten die Raritäten am Ufer des Flusses ein. Anders als früher kullern heute bunte Plastikbälle ins Tal, die gegen Geschenke eingetauscht werden können.

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Bis auf die Ausfälle 2020 und 2021 veranstaltete der Tourismusverein das Eierschieben alljährlich am Ostersonntag mit Markttreiben und Bühnenprogramm. Dietmar Stange ist froh, dass wieder alles unbeschwert laufen kann. "Das Einzige, was uns Ärger machen könnte, ist das Wetter", glaubt der Vereinschef.

Am gleichen Tag startet im Zentrum der Spreestadt immer auch die Prozession der Osterreiter nach Radibor, womit Bautzen gleich zwei "Zugpferde" am Feiertagswochenende hat. Im sorbischen Siedlungsgebiet zwischen Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz sind neun Prozessionen unterwegs, um die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi in die benachbarte Pfarrgemeinde zu tragen. Hoch zu Ross singen und beten die mit Frack und Zylinder gekleideten Männer dabei auf Sorbisch.

"Wir machen das sehr ehrwürdig", betont Peter Bresan, der im Zug von Crostwitz nach Panschwitz-Kuckau mitreitet. Die andächtige Zeremonie werde jedoch nicht für Touristen veranstaltet, sondern sei ein "rein kirchlicher Brauch".

Die Prozessionen der Osterreiter sind der Höhepunkt am Ostersonntag

So verlangt es der Brauch: Schwarz gekleidete Herren ziehen auf Pferden durch Bautzen und verkünden am Ostersonntag die Auferstehung Christi. Ähnliche Prozessionen gibt es in der Lausitz andernorts auch.
So verlangt es der Brauch: Schwarz gekleidete Herren ziehen auf Pferden durch Bautzen und verkünden am Ostersonntag die Auferstehung Christi. Ähnliche Prozessionen gibt es in der Lausitz andernorts auch.  © Sebastian Kahnert/dpa

Tatsächlich strömen jedes Jahr Tausende Menschen herbei, um den Männer auf ihren prächtig geschmückten Pferden vom Straßenrand aus zuzuschauen.

Als 2021 strengere Corona-Auflagen für die Prozessionen galten, wurden im zweisprachigen Gebiet der Lausitz rund 1000 Osterreiter gezählt. Im vergangenen Jahr waren es wieder knapp 1400 Teilnehmer, davon allein 363 im Zug von Wittichenau nach Ralbitz. Es ist der einzige, in dem auf Deutsch und Sorbisch gebetet wird.

In Ostritz an der deutsch-polnischen Grenze heißt der katholische Brauch Saatreiten, weil die Reiter dort zugleich auch die Saat auf den Feldern segnen.

Eine Prognose für die Teilnehmerzahl in diesem Jahr wagt niemand so recht. Der Aufwand, ein Pferd zu bekommen, sei deutlich größer, sagt Bresan, der auch Vorsitzender des Vereins Sorbischer Kulturtourismus ist. "Es gibt nicht mehr so viele Pferdebesitzer."

Außerdem sind mit der Inflation die Preise für die Tiere gestiegen, die sich die meisten Osterreiter ausleihen.

Viele Bräuche werden auch heute noch gelebt

Sorbische Ostereier werden mit Ätztechnik kunstvoll verziert. Dieser Brauch wird in vielen Familien nach wie vor praktiziert.
Sorbische Ostereier werden mit Ätztechnik kunstvoll verziert. Dieser Brauch wird in vielen Familien nach wie vor praktiziert.  © Sebastian Kahnert/dpa

Von den Bräuchen und Festen der Lausitzer Sorben, die 2014 ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden, steht das Osterreiten am meisten im öffentlichen Fokus.

Andere Traditionen bleiben eher im Verborgenen. Dazu zählt das Ostersingen, zu dem sich Frauen in Schleife und Schwarzkollm bei Hoyerswerda am Ostersonntag vor Sonnenaufgang treffen.

Noch am ehesten bekannt sind wohl die sorbischen Ostereier, die in Wachs-, Kratz- oder Ätztechnik aufwendig verziert sind.

In vielen Familien werde dieser Brauch am Karfreitag nach wie vor praktiziert, berichtet die Leiterin des Sorbischen Kulturzentrums in Schleife, Sylvia Panoscha. Die verschiedenen Techniken werden zudem bei mehreren Veranstaltungen in Ostsachsen und Brandenburg vorgeführt, meist von Frauen. "Die Termine sind genau aufgeteilt", sagt Panoscha.

Der erste Ostereiermarkt findet immer fünf Wochen vor Ostern im Bautzener Haus der Sorben statt.

An diesem Wochenende (25./26.3.) versammeln sich etwa 30 Eiermalerinnen und Volkskünstler im Kulturzentrum von Schleife. Als Standgebühr verlangen die Veranstalter immer ein bemaltes Ei.

Was in gut 20 Jahren dabei zusammengekommen ist, lässt sich inzwischen das ganze Jahr über in einer 2022 eingerichteten Kabinettsausstellung vor Ort bewundern.

Titelfoto: Montage: Sebastian Kahnert/dpa, mariajoaos/123rf, Sebastian Kahnert/dpa

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