Im Kampf gegen Hautkrebs: Dresdner Uniklinik macht Patienten neue Hoffnung

Dresden - Die Gefahr kommt aus der Sonne. Jährlich erkranken deutschlandweit 300.000 Menschen an Hautkrebs. Rund 4000 Patienten versterben jährlich daran - insbesondere am gefährlichen schwarzen Hautkrebs (malignes Melanom). Fünf moderne Bildgebungsverfahren am Hauttumorzentrum des Dresdner Uniklinikums geben Patienten jetzt neue Hoffnung. Denn sie können Hautkrebs bereits in frühen Stadien erkennen, schmerzhafte Biopsien ersparen und Krebs-Operationen reduzieren.

Zunahme bei Neuerkrankungen

Prof. Dr. Friedegund Meier (62), Leiterin des Hauttumorzentrums am Uniklinikum Dresden.
Prof. Dr. Friedegund Meier (62), Leiterin des Hauttumorzentrums am Uniklinikum Dresden.  © Norbert Neumann

Wie erkennt man Hautkrebs? Rötlich-schuppende, nicht abheilende und manchmal blutende Hautveränderungen können ein Zeichen für beginnenden weißen Hautkrebs sein.

Für die Früherkennung von schwarzem Hautkrebs hilft die ABCDE-Regel. "Als wichtigste Ursache gilt die UV-Belastung bei Sonnenbädern und im Sonnenstudio sowie Sonnenbrände", erklärt Prof. Dr. Friedegund Meier (62), Leiterin des Hauttumorzentrums am Uniklinikum Dresden.

"Weil dabei vor allem die Sonnenbestrahlung im Kindes- und Jugendalter eine Rolle spielt, empfehlen wir schon Kindern neben dem Meiden starker Sonne und Schutz durch Kleidung Sonnenschutzcreme mit UV-A- und UV-B-Filter und Lichtschutzfaktor 30."

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Verdächtige Hautveränderungen immer dem Haus- oder Hautarzt zeigen, denn Hautkrebs ist heilbar, wenn er frühzeitig erkannt wird. Prof. Meier warnt: "Allein die Neuerkrankungen bei schwarzem Hautkrebs haben sich von 2009 bis 2019 in Sachsen bei Frauen um rund 30 Prozent, bei Männern sogar um 40 Prozent erhöht."

Das Melanom ist gefürchtet, weil unbehandelter schwarzer Hautkrebs lebensgefährliche Absiedelungen (Metastasen) in Lunge, Leber, Gehirn und anderen Organen bilden kann.

Diagnostik macht den Unterschied

Hautcheck mittels Laserscanner: Dr. Sarah Hobelsberger (31) schaut auf der Suche nach Tumorzellen in die Haut hinein.
Hautcheck mittels Laserscanner: Dr. Sarah Hobelsberger (31) schaut auf der Suche nach Tumorzellen in die Haut hinein.  © Norbert Neumann

Weitere vier verschiedene Hautscanner sind neuerdings am Uniklinikum im Einsatz:

"Mit dem Lasermikroskop kann ich bis zu 300 Mikrometer tief in die Haut schauen und die einzelnen Zellen sehen", zeigt Dr. Sarah Hobelsberger, indem sie einen Sensor auf die Haut aufsetzt.

Das Verfahren ersetzt eine schmerzhafte Biopsie (operative Gewebeentnahme), mit der Hautkrebs bislang nachgewiesen wird.

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Mit der optischen Kohärenztomografie (OCT) dringt man sogar 1,5 Millimeter tief in die Hautschichten vor, um Tumornester und Eindringtiefe von weißem Hautkrebs zu entdecken.

"Mit dem Gerät lässt sich auch die genaue Art des Krebses bestimmen", sagt Dr. Hobelsberger. Damit bleibt dem Patienten manchmal eine Operation erspart, weil bestimmte Krebsarten lediglich mit spezieller Salbe behandelt werden können.

Diagnose per Kombigerät und OP-Scanner

Mittels verschiedenster Methoden wird der Körper durchleuchtet.
Mittels verschiedenster Methoden wird der Körper durchleuchtet.  © 123RF

Ein Kombigerät vereint beide Verfahren, kundschaftet die Haut dreidimensional bis in 500 Mikrometer Tiefe aus. Dr. Hobelsberger: "Dabei erscheinen Krebszellen beispielsweise eines Melanoms wie "Spiegeleier" auf dem Monitor.

Durch die dreidimensionale Darstellung lassen sich Größe und Ausdehnung des Tumors genau erkennen und Operationen minimalinvasiver planen."

Wenn weißer Hautkrebs aus dem Gewebe geschnitten wird, hilft jetzt zudem ein neuer OP-Scanner. Er erkennt sekundenschnell, ob das Tumorgewebe komplett entfernt wurde. "Bisher mussten die Patienten einen Tag auf den pathologischen Befund warten.

Mit diesem Gerät kann künftig der Wundverschluss direkt nach der Tumorentfernung durchgeführt werden und Patienten damit ein verlängerter stationärer Aufenthalt erspart werden", sagt Dr. Hobelsberger.

Sie kehrte am Donnerstag von einer Schulung an dem brandneuen Gerät aus Barcelona zurück.

Vorsorge mit zweimal 92 Fotos

92 Kameras erfassen jeden Winkel des Körpers: Funktionsoberärztin Dr. Sarah Hobelsberger (31) im Größenvergleich zum neuen Ganzkörperscanner am Uniklinikum Dresden, der wie ein modernes Stargate aussieht.
92 Kameras erfassen jeden Winkel des Körpers: Funktionsoberärztin Dr. Sarah Hobelsberger (31) im Größenvergleich zum neuen Ganzkörperscanner am Uniklinikum Dresden, der wie ein modernes Stargate aussieht.  © Norbert Neumann

Er sieht aus wie ein von Kurven-Designer Luigi Colani entworfenes Stargate und funktioniert wie ein Sicherheitsscanner auf dem Flughafen:

Man stellt sich - möglichst nackt - in diesen Ganzkörperscanner, spreizt die Arme ab und lässt das Gerät einfach ein Blitzlichtfoto machen. Genauer gesagt: 92 Fotos gleichzeitig von allen Winkeln des Körpers.

"Aus diesen Aufnahmen wird ein dreidimensionaler Avatar der gesamten Hautoberfläche erstellt", erklärt Funktionsoberärztin Dr. Sarah Hobelsberger (31). Nach einem halben Jahr erfolgt bei Hautkrebs-Risikopatienten, die zum Beispiel hunderte Leberflecken am Körper haben, ein zweites Shooting.

Dr. Hobelsberger: "Der Computer vergleicht dann beide Avatare und hilft bei der Diagnose. Wenn Anteile von Leberflecken im Vergleich zur ersten Aufnahme dunkler geworden sind, werden sie auf dem Monitor blau eingefärbt. Ist ein Hautpigment heller geworden, erscheint es in Gelb - ein Warnsignal, dass es zu Krebs entartet sein könnte."

Vorteil für die Patienten: Mit dem Ganzkörperscanner lassen sich bereits Vorstufen von schwarzem Hautkrebs ausfindig machen, lange bevor sie Metastasen gebildet haben.

Nachsorge ist wichtig

Hautkrebs-Patient Ray Zille-Bielß (57) im Gespräch mit seinem Dermatologen Dr. Frank Friedrich Gellrich (32) in der Nachsorge-Sprechstunde.
Hautkrebs-Patient Ray Zille-Bielß (57) im Gespräch mit seinem Dermatologen Dr. Frank Friedrich Gellrich (32) in der Nachsorge-Sprechstunde.  © Norbert Neumann

Am Freitag ließ sich Hautkrebs-Patient Ray Zille-Bielß (57) aus Lohmen mit dem Ganzkörperscanner untersuchen.

Ihm war 2019 ein entarteter Leberfleck am rechten Oberarm samt Lymphknoten in der Achsel entfernt worden - schwarzer Hautkrebs.

"Ich bin der helle Hauttyp, schon meine Mutter hatte ein Melanom an der Brust. Mit der Diagnose brach für mich eine Welt zusammen, weil ich mich gar nicht sonne."

In der Nachsorge-Sprechstunde fand sein behandelnder Dermatologe Dr. Frank Friedrich Gellrich (32) keine Veränderungen im Körper-Scan.

Zille-Bielß, dessen Tumor schon 1,6 Millimeter dick war (Stufe 1B von insgesamt 4), bleibt insgesamt zehn Jahre nach der OP in Nachsorge.

Die Angst vorm Rückfall bleibt präsent

Am 26. Oktober lädt Sarah Richter (35) zu einer Lesung aus dem Bildband mit 50 Hautkrebs-Schicksalen ein.
Am 26. Oktober lädt Sarah Richter (35) zu einer Lesung aus dem Bildband mit 50 Hautkrebs-Schicksalen ein.  © Holm Helis

Sarah Richter (35) aus Jena (Thüringen) erhielt die gefürchtete Diagnose im Juli 2015: Ein auffälliger Leberfleck auf ihrem Rücken war entartet, schwarzer Hautkrebs diagnostiziert und entfernt worden. Doch der Krebs hatte bereits in einen nahegelegenen Wächterlymphknoten gestreut.

Nach der operativen Entfernung sollte eine Interferon-Therapie anderthalb Jahre lang Sarahs Immunsystem stimulieren - dreimal in der Woche eine Spritze.

"Doch wegen starker Nebenwirkungen wie Schüttelfrost, Fieber und Depressionen musste ich sie nach einem Jahr abbrechen", erzählt sie. Heute würde sie mit einer wirksameren modernen Immuntherapie behandelt.

Einmal in jedem Quartal wurde Sarah zudem im MRT gecheckt - vom Hals bis zum Becken und der Schädel. 2017 wurde dabei eine Metastase in einem Lymphknoten in der rechten Achselhöhle entdeckt. Der Krebs war zurück.

Sarah musste erneut operiert werden. "Das war drei Tage vor meinem 30. Geburtstag, den ich aber trotzig dennoch mit 40 Freunden gefeiert habe."

Sarah Richter gründete Selbsthilfegruppe

Bewusstsein für Vorsorge: Schwarzes Band für Melanom und Hautkrebs.
Bewusstsein für Vorsorge: Schwarzes Band für Melanom und Hautkrebs.  © 123RF

Heute ist Sarah erleichtert: "Zum Glück waren bislang alle weiteren Nachuntersuchungen ohne Befund." Statistisch überstehen 93 Prozent aller Melanom-Patienten die ersten fünf Jahre nach ihrer OP - eine hervorragende Überlebenschance beim schwarzen Hautkrebs.

Um anderen bei ihren Sorgen und Nöten nach der Diagnose Krebs zu helfen, gründete Sarah die Selbsthilfegruppe Yoko (japanisch für "Sonnenkind"). Und das, obwohl sie sich vorher immer dagegen gesträubt hatte: "Ich wollte mich nie mit anderen im Stuhlkreis treffen, um zu erzählen, wie schlecht es mir geht."

Deshalb wird bei den Treffen Betroffener und ihrer Angehörigen auch manchmal gar nicht über Krebs diskutiert. "Manchmal gehen wir einfach nur mal zusammen essen." Oder ein Bierchen trinken.

"Durch meine Erkrankung habe ich gelernt, meine Lebenszeit besser zu schätzen und rigoroser Entscheidungen umzusetzen." So wechselte die studierte Hotel- und Eventmanagerin den Job und arbeitet jetzt für das Uniklinikum, wo sie auch operiert wurde.

Denn sie weiß: "Krebsfrei sein heißt nicht, ohne Krebs zu sein. Die Krankheit bleibt im Kopf immer präsent." Und die Angst, dass der Krebs zurückkommt.

Titelfoto: Montage: 123RF, Holm Helis, Norbert Neumann

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