Internetseite dokumentiert Schicksale: Der verzweifelte Kampf um abgeschobene Familien

Dresden - Wenn es nachts an der Wohnungstür klingelt, dann schrecken Migranten-Familien oft zusammen. Blitz-Abschiebungen gehören in Sachsen zur behördlichen Praxis. Der Landtagsabgeordnete Frank Richter (62, SPD) gilt als einer der schärfsten Kritiker dieser Verfahrensweise. Mit einem neuen Internet-Portal will er jetzt auf die menschlichen Tragödien dahinter aufmerksam machen.

Sie wurden vor einem Jahr aus Meißen nach Georgien abgeschoben: Die Familie Pareulidze-Gaugrashvili vermisst seither die Handys, Tablets und Sparbüchsen der Kinder.
Sie wurden vor einem Jahr aus Meißen nach Georgien abgeschoben: Die Familie Pareulidze-Gaugrashvili vermisst seither die Handys, Tablets und Sparbüchsen der Kinder.  © Abschiebung-Sachsen

"Abschiebung-Sachsen.de" heißt die neue Website von Frank Richter und Gleichgesinnten.

Hier porträtieren sie Menschen, die aus existentieller Not nach Sachsen geflohen sind, sich integriert haben, keine Straftaten begingen - und dennoch abgeschoben wurden oder zur Abschiebung stehen.

Da ist das Beispiel der 15-jährigen Kosovo-Albanerin Argjentina Berisha, die in Zschopau geboren wurde, hier die August-Bebel-Schule besuchte und im Januar 2020 in das ihr völlig fremde Serbien abgeschoben wurde.

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Mitschüler und Lehrer kämpfen seither für ihre Rückkehr und ermöglichen Argjentina via Homeschooling die Teilnahme am Unterricht.

Aus Meißen präsentiert Richter den Fall der georgischen Familie Pareulidze-Gaugrashvili, die an einem Mai-Morgen im Jahr 2021 um 5 Uhr vom Abschiebe-Kommando aus dem Bett gerissen wurde und nur 25 Minuten Zeit zum Packen bekam.

Bis heute vermissen die Kinder ihre Sparbüchsen, Tablets und Handys, die ihnen von den Polizisten abgenommen worden sein sollen. Nach einer Strafanzeige Richters ermittelt die Staatsanwaltschaft in dem Fall.

In Sachsen geboren, nach Serbien abgeschoben: Argjentina Berisha (15) will wieder in ihrer Zschopauer Schule lernen.
In Sachsen geboren, nach Serbien abgeschoben: Argjentina Berisha (15) will wieder in ihrer Zschopauer Schule lernen.  © Arte-Doku
Der Theologe und SPD-Politiker Frank Richter (62) will auf die Schicksale abgeschobener Migranten aufmerksam machen.
Der Theologe und SPD-Politiker Frank Richter (62) will auf die Schicksale abgeschobener Migranten aufmerksam machen.  © Norbert Neumann

"Es geht um eine neue Sichtweise auf Menschen, die uns brauchen und die wir brauchen"

Kämpfen für ein Bleiberecht in Deutschland: die Tschetschenin Petimat Eskerbieva (M.) und ihre Kinder.
Kämpfen für ein Bleiberecht in Deutschland: die Tschetschenin Petimat Eskerbieva (M.) und ihre Kinder.  © Abschiebung-Sachsen

Auch der Kampf einer tschetschenischen Frau aus Kamenz, die aktuell gerichtlich um ihr Bleiberecht ringt, weil ihr in der Heimat wegen der Trennung vom Gatten nach islamischem Recht der Entzug der drei Kinder droht, wird auf der Seite beschrieben.

"Die Gerechtigkeit ist ein zu hohes Gut, als dass sie allein Behörden und Gerichten überlassen werden dürfte", beschreibt Theologe Richter sein Anliegen.

In einer Demokratie seien alle Bürger aufgerufen, gegen Missstände aufzutreten. "Es geht um eine neue Sichtweise auf Menschen, die uns brauchen und die wir brauchen."

Titelfoto: Abschiebung-Sachsen

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