Prostitution in deutsch-tschechischer Grenzregion: Freier bezahlen viel Geld für Babys

Von Katrin Mädler

Plauen - Der Karo e. V. in Plauen (Vogtland) hilft Opfern von Zwangsprostitution und Menschenhandel seit 30 Jahren. Besonders die Lage von Minderjährigen macht den Sozialarbeitern Sorgen.

Karo-Gründerin Cathrin Schauer-Kelpin.
Karo-Gründerin Cathrin Schauer-Kelpin.  © Baumgarth/Karo/dpa

Minderjährige, die sich in den Fängen von Menschenhändlern befinden und sexuelle Gewalt erfahren: Was bei vielen Bewohnern des deutsch-tschechischen Grenzgebietes kaum ins Bewusstsein dringt, ist Alltag für die aktuell acht Sozialarbeiter des Vereins.

Sie gehen auf die Straßen, in Bordelle und Wohnungen und helfen Frauen und Kindern, die von Zwangsprostitution und Menschenhandel betroffen sind.

"Die Arbeit ist über die Jahre nicht einfacher geworden, aber anders", sagt die Gründerin Cathrin Schauer-Kelpin.

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Viele Prostituierte in der deutsch-tschechischen Grenzregion würden nicht mehr wie vor einigen Jahren an Straßenrändern stehen und ihre Dienste anbieten. "Sie sind in Wohnungen und oft aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwunden. Aber wir sehen, wie aktiv die Szene ist."

Besonders die Situation von schutzlosen Kindern sei besorgniserregend. "Wir wissen von Leuten, die Kinder für sexuelle Zwecke anbieten. Und von Freiern, die gar für Babys viel Geld bezahlen."

Meist seien die Lebenssituationen undurchsichtig, die Täter agierten vorsichtig. "Oft können wir nichts anderes tun, als mit Betroffenen behutsam in Kontakt zu treten und Hilfe anzubieten."

Die Dunkelziffer sei bei diesen Verbrechen hoch. Viele der Opfer würden nie in einer Statistik auftauchen.

Ausbeutung Minderjähriger nimmt zu

Der Karo e. V. ist in Plauen ansässig
Der Karo e. V. ist in Plauen ansässig  © Uwe Meinhold

Dem Bundeslagebild "Menschenhandel und Ausbeutung" für das Jahr 2023 zufolge ist die Gesamtzahl der abgeschlossenen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Ausbeutung im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 474 gesunken.

"Es ist jedoch von einem großen Dunkelfeld auszugehen", heißt es. Mit 186 Verfahren hat die Zahl bei der Ausbeutung von Minderjährigen um fast neun Prozent zugenommen. 226 Opfer wurden dabei gezählt.

Bei den Kindern sei jeder einzelne Fall zu viel, sagte Cathrin Schauer-Kelpin. "Durch das Internet gibt es mehr Möglichkeiten, Kinder zu kontaktieren oder anzubieten."

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Das Landeskriminalamt Sachsen registrierte im vergangenen Jahr 22 Fälle bei den Straftaten, die Menschenhandel, Zwangsprostitution, Ausbeutung von Prostituierten und Arbeitsausbeutung umfassten.

Dabei wurden fünf Opfer unter 21 Jahren festgestellt. Von den aufgelisteten Fällen seien zehn Verfahren wegen des Verdachts des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung geführt worden.

Rund 200 Einsätze im Jahr

Im vergangenen Jahr führte Karo fast 100 Streetwork-Einsätze in den tschechischen Grenzregionen durch.

Dabei stellten sie rund 700 Kontakte zu Menschen in der Prostitution her, um die 50 davon seien minderjährig gewesen, so Schauer-Kelpin. Auf deutscher Seite fanden ebenfalls fast 100 Einsätze statt.

Außerdem betreibt der Verein ein Schutzhaus und seit September eine spezialisierte Fachberatungsstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt, gefördert vom Justizministerium.

Titelfoto: Bildmontage: Baumgarth/Karo/dpa, Uwe Meinhold

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