Rechnungshof sieht Reserven: Bessere Unterrichtsversorgung in Sachsen geplant!

Dresden - Seit Jahren gibt es in der Unterrichtsversorgung in Sachsen Lücken, trotz Verbeamtung oder Stellenplus. Reserven sieht der Landesrechnungshof eher im System.

Lehrkräfte müssten besonders bei unterrichtsfremden Aufagben entlastet werden. (Symbolbild)
Lehrkräfte müssten besonders bei unterrichtsfremden Aufagben entlastet werden. (Symbolbild)  © Julian Stratenschulte/dpa

Lehrerverbeamtung und andere Maßnahmen in den vergangenen Jahren haben aus Sicht des Landesrechnungshofs (SRH) nicht zur vollständigen Absicherung des Unterrichts in Sachsen geführt. Ein Sonderbericht sieht vielmehr Reserven im System als in neuen Stellen.

"Es ist gelungen, die Attraktivität des Lehrerberufs zu erhöhen, aber eine Verlängerung der Möglichkeit der Verbeamtung ist auch an ein Konzept zur Effizienzsteigerung zu binden", sagte der Präsident der Behörde, Jens Michel, bei der Vorstellung der Ergebnisse am Freitag in Dresden.

Deren Verstetigung "auf alle Ewigkeit" werde nicht empfohlen, sondern "eine nüchterne Betrachtung aller Stellschrauben des Systems", bei der es keine Denkverbote geben dürfe. Die Auffassung, mehr Stellen lösten die Probleme, sei veraltet.

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Potenzial hat die Behörde etwa in der Entlastung der Lehrkräfte von unterrichtsfremden Aufgaben sowie beim Thema Abordnung und Versetzung ausgemacht.

Auch die im Vergleich eher niedrige Stundenzahl im Grundschulbereich müsse kritisch hinterfragt werden, sagte SRH-Direktorin Isolde Haag. Zudem sollten neue Arbeitszeitmodelle geprüft und weiterentwickelt werden.

Erweiterung der Verbeamtung bremste Abwanderung von Lehrkräften

Generationswechsel und Fachkräftemangel stellen die Unterrichtsversorgung aber weiter vor viele Herausforderungen. (Symbolbild)
Generationswechsel und Fachkräftemangel stellen die Unterrichtsversorgung aber weiter vor viele Herausforderungen. (Symbolbild)  © Sebastian Gollnow/dpa

Der SRH untersuchte im Zeitraum 2018 bis 2021 die Wirksamkeit des Lehrermaßnahmenprogramms 2016 und des Handlungsprogramms 2018. Laut Haag binden sogenannte Anrechnungs-, Ermäßigungs-, Freistellungs- und Minderungsstunden Lehrerarbeitsvermögen in enormem Umfang.

Wenn das um ein Drittel reduziert werden könne, stünden dauerhaft zusätzlich 1000 Lehrkräfte für den Unterricht zur Verfügung. Zudem würden zu wenig Lehrkräfte zur Bedarfsdeckung im ländlichen Raum abgeordnet.

Seit dem 1. Januar 2019 können grundständig ausgebildete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres im Freistaat verbeamtet werden.

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Die Regelung gilt vorerst bis zum 31. Dezember 2023 - und soll nach dem Willen der Regierung entfristet werden. Der Gesetzentwurf wird derzeit im Landtag beraten. Die Verlängerung müsse an ein Konzept zur Effizienzsteigerung im Bildungswesen gebunden werden, sagte SRH-Präsident Michel.

Laut dem Bericht konnten mittels Verbeamtung die Abwanderung von Lehrkräften gebremst und deren Anwerbung erleichtert werden. Generationswechsel und Fachkräftemangel stellten die Unterrichtsversorgung aber weiter vor Herausforderungen, dazu sei noch bis 2027/2028 mit steigenden Schülerzahlen zu rechnen. Die Zahl der auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Lehrkräfte reiche auch bei besserer Bezahlung nicht aus, um alle freien und freiwerdenden Stellen zu besetzen.

Mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Schulen gebraucht

Trotz hoher Besetzung von Lehrerstellen, fehlten in allen Schulen viele Lehrerstunden. (Symbolbild)
Trotz hoher Besetzung von Lehrerstellen, fehlten in allen Schulen viele Lehrerstunden. (Symbolbild)  © Philipp von Ditfurth/dpa

Das Ziel einer hundertprozentigen Unterrichtsversorgung war laut Haag "zu keiner Zeit" gegeben. Das bestehende Defizit habe sich im Mittel aller Schularten gar von rund zwei Prozent auf rund 3,4 Prozent erhöht.

Der Freistaat müsse also bis zum Absinken der Schülerzahlen 2028/2029 eine "Durststrecke" überwinden, auf der er die Unterrichtsversorgung mit weniger Personal als gewohnt sicherstellen muss. Aus Sicht des SRH gelingt das nur, "indem er vor allem für mehr Effizienz im Bildungsbereich sorgt".

Nach Angaben von Haag waren im Prüfzeitraum 98 Prozent der Lehrerstellen besetzt, trotzdem fehlten in allen Schularten Lehrerstunden "in Größenordnung".

Ein Problem sei der Anteil unterrichtsfremder Tätigkeiten und Verpflichtungen von über 3000 Lehrervollzeitstellen, damit stünden 13 Prozent des Lehrerarbeitsvermögens dem Unterricht nicht zur Verfügung.

Lehrkräfte müssten von Verwaltungsaufgaben, die auf Dritte wie etwa Schulverwaltungsassistenten übertragen werden könnten, entlastet werden, sagte Haag und nannte etwa IT-Koordination, Datenschutz- oder Sicherheitsbeauftragte.

Einige Politiker fordern stattdessen bundesweite Lösung

Kultusminister Christian Piwarz (47, CDU) möchte an der Verbeamtung von Lehrkräften festhalten.
Kultusminister Christian Piwarz (47, CDU) möchte an der Verbeamtung von Lehrkräften festhalten.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Kultusminister Christian Piwarz (47, CDU) sieht die Verbeamtung von Lehrkräften zur Nachwuchsgewinnung durch den Prüfbericht bestätigt. "Das Instrument ist teuer, aber notwendig", sagte er laut Mitteilung und sprach sich dafür aus, langfristig an der Lehrerverbeamtung festzuhalten.

Die Hinweise im Bericht zur effizienteren Nutzung des vorhandenen Lehrarbeitsvermögens in den nächsten Jahren könne "man nicht unbeachtet lassen".

Mit Stand Juni 2022 waren nach Ministeriumsangaben landesweit 10.021 Lehrer verbeamtet und 22.783 angestellt. Von den Referendaren sind 1744 im Beamtenverhältnis auf Widerruf beschäftigt und 153 angestellt.

Mit einer Entfristung der Verbeamtungsmöglichkeit sei Sachsen auf dem bundesweiten Lehrerarbeitsmarkt konkurrenzfähig, sagte ein Sprecher.

Für die Linksfraktion im Landtag ist die Verbeamtung kein Allheilmittel. "Es wäre besser, wenn alle Bundesländer darauf verzichten würden, das hilft uns im Moment nicht", sagte deren Bildungspolitikerin Luise Neuhaus-Wartenberg. Auch aus Sicht ihrer SPD-Kollegin Sabine Friedel hat dieser Wettbewerb auf Dauer keinen Erfolg. "Die Länder müssen zu einer gemeinsamen Verabredung zur Lehrkräftesicherung kommen", forderte sie.

Titelfoto: Julian Stratenschulte/dpa

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