Sachsen: So viel Müll hinterlassen die Bewohner des Freistaats jährlich

Dresden - 419 Kilo Haushaltsmüll warf jeder Sachse im Jahr 2020 durchschnittlich in die Tonne - Tendenz steigend. Sachsens Politik ist alarmiert und möchte die Verwertung unseres Mülls weiter verbessern.

Sachsen exportierte 2019 rund 427.000 Tonnen Müll. Ein Großteil davon ging nach Tschechien, Polen und Belgien.
Sachsen exportierte 2019 rund 427.000 Tonnen Müll. Ein Großteil davon ging nach Tschechien, Polen und Belgien.  © Peter Endig/dpa

"Wir werden Abfall vermeiden und die Recyclingquote deutlich erhöhen", sagte Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) Anfang November. Doch wie bewertet die Wissenschaft unsere Müll-Lage?

"Was das Sammeln und die Trennung angeht, sind wir solide aufgestellt", erklärt Christina Dornack (52), Professorin für Abfall- und Kreislaufwirtschaft an der TU Dresden. Auch mit der Wiederverwertung läuft es bei vielen Rohstoffen rund.

Metall, Glas und Papier werden zu 90 Prozent recycelt. So ist beispielsweise recyceltes Altpapier mit 80 Euro pro Tonne für Abnehmer in der Industrie viel günstiger und damit interessanter als neuer Zellstoff (400 Euro/Tonne).

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Bei Plastik ist die Quote mit 50 Prozent deutlich niedriger. Häufig werden die Kunststoffe verbrannt oder gehen ins Ausland, auch weil die Recycling-Verfahren aufwendiger und damit teurer sind.

Dornack: "Um die Abfallexporte zu reduzieren, bräuchten wir zusätzliche Verbrennungsanlagen, spezialisierte Unternehmen und müssten auch Umweltkosten stärker berücksichtigen."

Wird Müll nicht getrennt, erschwert das den späteren Recycling-Prozess.
Wird Müll nicht getrennt, erschwert das den späteren Recycling-Prozess.  © Patrick Pleul

In Freiberg wird an Recycling-Alternativen gearbeitet

2019 fielen in Sachsens Haushalten und Betrieben fast 1,4 Millionen Tonnen Müll an.
2019 fielen in Sachsens Haushalten und Betrieben fast 1,4 Millionen Tonnen Müll an.  © Kristin Schmidt

Doch für den Abbau der Exporte sprechen nicht nur ökologische, sondern auch sicherheitspolitische Gründe, sagt Jakob Kullik (34), Politikwissenschaftler an der TU Chemnitz. So schlummern in Sachsens Schrotthaufen Schätze wie Neodym und Cer.

Die Seltenerdmetalle finden sich in Computern und Smartphones, sind für unser Leben unverzichtbar.

Das Problem: 90 Prozent der globalen Fördermenge kommt aus dem diktatorischen China. Deshalb arbeitet die sächsische Spitzenforschung, etwa in der Bergakademie Freiberg, an Recycling-Alternativen.

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"Die Ansätze haben sich allerdings noch nicht durchgesetzt", erklärt Kullik mit Blick auf bisher einstellige Rückgewinnungsquoten.

Er sieht den Freistaat mit seiner langen Bergbautradition im Bundes- und EU-Rahmen jedoch gut aufgestellt: "Sachsen kann mit seinen hiesigen Unternehmen und Rohstoffinstituten wichtige praktische Beiträge leisten."

Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) möchte Sachsens Abfallwirtschaft weiterentwickeln.
Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) möchte Sachsens Abfallwirtschaft weiterentwickeln.  © Sebastian Schultz

Sachsen importiert sogar Müll aus Afrika

Politologe Jakob Kullik (34) forscht an der TU Chemnitz zu Deutschlands Rohstoffsicherheit.
Politologe Jakob Kullik (34) forscht an der TU Chemnitz zu Deutschlands Rohstoffsicherheit.  © PR/ Fotostudio "Portrait Liebe Fotografie"

Im Vor-Corona-Jahr 2019 hat der Freistaat fast 386.000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll aus dem Ausland importiert. Rund die Hälfte des Abfalls (202.305 Tonnen) kam aus Italien, gefolgt von Österreich (63.800 Tonnen) und Griechenland (20.700 Tonnen).

Das Gros der Müll-Importe kommt aus Europa, aber auch Abfall aus Singapur und der Elfenbeinküste findet seinen Weg nach Sachsen.

Beim Sondermüll (Asbest, Farben und Lacke, Giftschlamm) sind die Ausmaße noch größer. Hier erreichte Sachsen mit 1,2 Millionen importierten Tonnen im Jahr 2018 sogar den Spitzenplatz unter allen Bundesländern.

Der Großteil des Sondermülls kommt auf die Deponien in Cröbern (bei Leipzig) und Wetro (Bautzen).

Titelfoto: Kristin Schmidt

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