Verein will Hürden senken: So sollen Sachsen schneller Gehör finden

Dresden - Wer als Bürger ein Thema auf die Tagesordnung von Stadtrat oder Kreistag bekommen will, dem steht der sogenannte Einwohnerantrag als Mittel der direkten Demokratie zur Verfügung. Doch die Anforderungen dafür sind in Sachsen sehr hoch. Das will der Verein "Mehr Demokratie" ändern und hat dem Landtag jetzt einen Gesetzentwurf präsentiert.

Ralf-Uwe Beck (61, l.) und Frank Rosberger (65) vom Verein "Mehr Demokratie" präsentierten den Landtagsfraktionen ihren Gesetzentwurf.
Ralf-Uwe Beck (61, l.) und Frank Rosberger (65) vom Verein "Mehr Demokratie" präsentierten den Landtagsfraktionen ihren Gesetzentwurf.  © Ove Landgraf

Es ist ein augenfälliges Missverhältnis: Wer in Sachsen ein Bürgerbegehren starten will, braucht dafür die Unterstützerunterschriften von fünf Prozent der Wahlberechtigten. Bei einem Einwohnerantrag, der weit weniger bewirken kann als ein zum Bürgerentscheid führendes Bürgerbegehren, gilt die 5-Prozent-Hürde hingegen für alle Einwohner ab 16 Jahren.

Berechnet auf Dresdens Einwohnerzahl wären das mehr als 24.200 Unterschriften, in Leipzig wären gar rund 26.000 nötig.

Eine viel zu hohe Hürde, findet Frank Rosberger, Sachsens Landesvorstand von "Mehr Demokratie": "Der Einwohnerantrag kann ein niedrigschwelliges Instrument sein, um den Dialog zwischen Bevölkerung und Kommunalpolitik zu befördern - in Sachsen ist er aber kaum nutzbar."

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Der Verein fordert deshalb eine Anpassung nach Thüringer Beispiel und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ausgearbeitet. Dessen Eckpunkte: Mindestens ein Prozent, aber höchstens 300 Einwohner je Kommune sollen künftig als Unterstützer reichen. Deren Alter soll zudem auf 14 Jahre gesenkt werden, damit auch Jugendliche im Kommunalparlament Gehör finden.

Der Verein hat den Gesetzentwurf nun allen Landtagsfraktionen übermittelt und hofft auf eine schnelle Reform.

Antrag, Begehren, Entscheid: Das sind die Unterschiede

Direkte Demokratie: Bei einem Bürgerentscheid können die Bürger anstelle des Gemeinderats oder des Kreistags über einen zur Abstimmung gestellten Vorschlag entscheiden.
Direkte Demokratie: Bei einem Bürgerentscheid können die Bürger anstelle des Gemeinderats oder des Kreistags über einen zur Abstimmung gestellten Vorschlag entscheiden.  © picture alliance/dpa

Direkte Demokratie auf kommunaler Ebene - diese Möglichkeiten gibt es:

Einwohneranfrage: Die Einwohnerfragestunde gibt Einwohnern sowie Vertretern von Bürgerinitiativen und Vereinen zu jeder Ratsversammlung die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Bedingung ist, dass sich die Angelegenheiten direkt auf die Belange der jeweiligen Kommune beziehen.

Mit einem Einwohnerantrag können Bürger einer Gemeinde oder eines Landkreises den Gemeinderat oder den Kreistag verpflichten, sich mit einer bestimmten Angelegenheit in öffentlicher Sitzung zu befassen.

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In Sachsen verpflichtet ein Einwohnerantrag das Kommunalparlament jedoch nicht, auch eine Sachentscheidung herbeizuführen. Der Antrag muss von mindestens 5 Prozent der Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, unterzeichnet sein.

Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren in Pirna.
Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren in Pirna.  © Daniel Förster

Bei einem Bürgerbegehren stellen die Einwohner einer kommunalen Gebietskörperschaft (Stadt, Gemeinde, Landkreis) einen Antrag auf einen Bürgerentscheid. Ein solcher Antrag muss in Sachsen von mindestens 5 Prozent der wahlberechtigten Bürger dieser Gebietskörperschaft unterzeichnet sein.

Eine besondere Form ist das kassierende Bürgerbegehren. Darin wird kein eigener politischer Vorschlag der Bürger formuliert, sondern die Aufhebung eines kürzlich erfolgten Ratsbeschlusses gefordert.

Bürgerentscheid: In Gemeindeangelegenheiten können die Bürger anstelle des Gemeinderats über einen zur Abstimmung gestellten Vorschlag entscheiden, wenn zuvor ein Bürgerbegehren Erfolg hatte oder der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln die Durchführung eines Bürgerentscheides beschließt. Das gleiche Prozedere gilt für den Kreistag.

Bei einem Bürgerentscheid ist der zur Abstimmung gestellte Vorschlag angenommen, wenn er die Mehrheit der gültigen Stimmen erhält und diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten beträgt.

In Kreisfreien Städten kann die Hauptsatzung ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als 15 Prozent der Stimmberechtigten, festsetzen.

Titelfoto: Bildmontage: Ove Landgraf, picture alliance/dpa

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