Verlassen, vergammelt, vergessen: Fotograf zeigt die spannendsten Lost Places in Sachsen

Sachsen - An etlichen Gebäuden in Sachsen nagt der Zahn der Zeit: Sie vergammeln, sind von Gestrüpp überwachsen und teilweise in Vergessenheit geraten. Doch für Markus Zabel (31) aus Jena sind die einsamen Orte wahre Schätze. Der Fotograf zeigt in seinem neuen Bildband "Verlassene Orte in Sachsen" die Schönheit des Verfalls.

Markus Zabel (31) ist Fotograf aus Leidenschaft. Er begeistert sich für verlassene Gebäude und hält deren Verfall auf seinen Bildern fest.
Markus Zabel (31) ist Fotograf aus Leidenschaft. Er begeistert sich für verlassene Gebäude und hält deren Verfall auf seinen Bildern fest.  © Markus Zabel

Wenn der 31-Jährige auf Tour ist, dann ist die Kamera sein wichtigster Begleiter. "2011 hielt ich meine erste Kamera in den Händen und kann mir seitdem nicht mehr vorstellen, wie ein Alltag ohne Fotografie aussehen soll", erzählt Zabel.

Seine große Leidenschaft sind verlassene Orte, sogenannte "Lost Places". "Die verlassenen Gebäude spielten allerdings schon vor meiner ersten Begegnung mit der Kamera eine Rolle", berichtet der Fotograf.

Beim Geocachen entdeckte Zabel, der seit vielen Jahren in Jena wohnt, zahlreiche verlassene Bauwerke. "Bei jedem Besuch spielte mein Kopf verrückt und simulierte, wie es hier wohl früher ausgesehen haben muss. Wie die Menschen in den Objekten arbeiteten, lebten oder starben."

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Da es vor allem in Sachsen viele solcher "Lost Places" gibt, entschied sich der 31-Jährige, ein Bildband zu veröffentlichen. Darin sind etliche verlassene Gebäude zu sehen - von alten Fabriken über Grusel-Häuser bis hin zu einem verlassenen Krankenhaus.

Verlassene Gammel-Villa noch teilweise eingerichtet: "Als wenn die Bewohner einfach in den Urlaub gefahren und nicht zurückgekommen sind"

Unscheinbar und teilweise zugewachsen liegt die Gammel-Villa zwischen schicken Häusern.
Unscheinbar und teilweise zugewachsen liegt die Gammel-Villa zwischen schicken Häusern.  © Sutton Verlag/Markus Zabel

TAG24 hat einen Blick in den Bildband geworfen. Besonders faszinierend: eine alte verlassene Villa, irgendwo in Sachsen. Diese liegt unscheinbar zwischen einer Kleingartensiedlung und prunkvollen Häusern.

Die Haustür steht offen, etliche Spinnennetze machen deutlich, dass hier wohl lange keiner mehr ins Haus gegangen ist. Teilweise ist die alte Villa noch eingerichtet - eine Hantelbank steht im Raum, ein Bügelbrett in der Ecke und eine alte Waschmaschine, wohl aus DDR-Zeiten, gammelt im Bad vor sich hin.

"Es scheint, als wären die Bewohner einfach in den Urlaub gefahren und nicht zurückgekommen", erzählt Zabel.

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An der Wand hängt das Bild eines jungen Pärchens. Vielleicht die Bewohner der Villa? Eine Antwort darauf gibt es nicht.

Die Gammel-Villa ist auch für den Fotografen ein Ort, "der viele Fragen offenlässt und dessen Geschichte im Verborgenen bleibt".

Im Inneren der Villa scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Eine Hantelbank steht auf dem Boden, überall hängen Plakate. Nur der Schimmel und die Verwüstung zeigen, dass hier wohl jahrelang niemand mehr gewohnt hat.
Im Inneren der Villa scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Eine Hantelbank steht auf dem Boden, überall hängen Plakate. Nur der Schimmel und die Verwüstung zeigen, dass hier wohl jahrelang niemand mehr gewohnt hat.  © Sutton Verlag/Markus Zabel

Das Leipziger Stadtbad: Einst das modernste Hallenbad der Welt

Das alte Stadtbad in Leipzig steht seit 2004 leer. Heute werden Führungen durch den prunkvollen Bau angeboten.
Das alte Stadtbad in Leipzig steht seit 2004 leer. Heute werden Führungen durch den prunkvollen Bau angeboten.  © Sutton Verlag/Markus Zabel

Doch es gibt auch verlassene Orte, deren Geschichte niedergeschrieben wurde. So ist es beim Leipziger Stadtbad der Fall, das Zabel in seinem Bildband ebenfalls vorstellt.

1916 öffnete die Badeanstalt als eines der modernsten Bäder der damaligen Zeit. Kunstvolle Säulen, Bögen und prunkvolle Decken machten das Gebäude zu einem architektonischen Meisterwerk.

Das Highlight und Herzstück des Bades war eine orientalische Sauna - exklusiv für Frauen. "Es versetzte die Besucherinnen in ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht und galt aufgrund der unglaublichen Optik als einzigartig", schreibt Zabel in seinem Bildband.

Fast 100 Jahre wurde im Leipziger Stadtbad geplanscht - bis 2004 das Hallenbad wegen baulicher Mängel schließen musste. Seitdem befindet es sich im Dornröschenschlaf, wird ab und an als Event-Location genutzt.

Auch legale Führungen werden angeboten. So können sich Lost-Place-Fans ohne Gefahr durch den prunkvollen Bau führen lassen.

Seitens der Stadt gibt es Vorschläge zur Wiederbelebung der historischen Badeanstalt. Doch wann und ob das Hallenbad wieder mit Leben gefüllt wird, ist aktuell unklar.

Das Herzstück des Leipziger Stadtbads ist der Vorraum der Sauna. Hier sprudelte ein Brunnen, Wandmosaike sorgen für orientalisches Flair.
Das Herzstück des Leipziger Stadtbads ist der Vorraum der Sauna. Hier sprudelte ein Brunnen, Wandmosaike sorgen für orientalisches Flair.  © Sutton Verlag/Markus Zabel

"Lost Places" betreten: Rechtliche Grauzone, allerdings meist illegal

Markus Zabel sucht sich bei seinen Lost-Place-Touren immer offene Fenster oder Türen, um ein Gebäude zu betreten.
Markus Zabel sucht sich bei seinen Lost-Place-Touren immer offene Fenster oder Türen, um ein Gebäude zu betreten.  © Markus Zabel

Die genauen Standorte der verlassenen Gebäude gibt der Profi-Fotograf nicht preis. Denn: Immer wieder werden "Lost Places" von Unbekannten zerstört. Daher lautet die elementarste Regel beim Betreten verlassener Gebäude: "Mache nur Fotos und hinterlasse nichts außer Fußspuren."

Und wie seht es rechtlich aus: Dürfen solche Gammel-Häuser überhaupt betreten werden? "Das Ganze ist eine rechtliche Grauzone", erklärt Zabel. "Die meisten Gebäude haben einfach keinen Eigentümer oder der Besitzer ist verschollen." Grundsätzlich bleibt das Betreten allerdings meist illegal. Ausnahmen gibt es bei angebotenen Führungen, wie etwa durch das Leipziger Stadtbad.

Und: Der Fotograf geht auch nur in Häuser, zu denen er direkten Zutritt hat. Bedeutet: Wenn ein Zaun oder eine verschlossene Tür vorhanden ist, wird das Gebäude nicht betreten.

Zudem weist Zabel darauf hin, dass in Gammel-Häusern Lebensgefahr besteht! "Die Schönheit im Verfallenen zu suchen bedeutet auch, mit Gefahren wie Glasscheiben, einstürzenden Decken, instabilen Mauern, herausragenden Nägeln oder morschen Treppen zu leben." Also: Solltet Ihr mal einen "Lost Place" betreten, sollte die Sicherheit oberste Priorität haben.

Der Bildband "Verlassene Orte in Sachsen. Lost Places - Die Faszination des Vergänglichen" zeigt längst verfallene Wohnhäuser, Werkshallen und Kulturstätten.
Der Bildband "Verlassene Orte in Sachsen. Lost Places - Die Faszination des Vergänglichen" zeigt längst verfallene Wohnhäuser, Werkshallen und Kulturstätten.  © Sutton Verlag/Markus Zabel

Die verlassenen Orte könnt Ihr Euch auch im Buch "Verlassene Orte in Sachsen. Lost Places - Die Faszination des Vergänglichen" von Markus Zabel ganz entspannt von zu Hause aus ansehen. Das Bildband gibt's für 29,99 Euro online und im Handel.

Titelfoto: Sutton Verlag/Markus Zabel

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