Hochwasser überschwemmte ganze Städte: Vor 20 Jahren versank Sachsen in der Katastrophe
Dresden - Am 12. August ist es genau 20 Jahre her, dass monsunartige Regengüsse in Sachsen und Tschechien zu einer Katastrophe von bis dahin unbekanntem Ausmaß führten. Ganze Städte versanken im Hochwasser, die reißende Flut sorgte für unermessliche Verwüstung. Insgesamt 40.000 Hektar Fläche waren in Sachsen überschwemmt, ganze Häuser wurden dem Erdboden gleich gemacht. Die traurige Bilanz: 21 Tote, 110 Verletzte und knapp neun Milliarden Euro Schaden. Elf Jahre später wiederholte sich das Unglück bei der Flut von 2013. Doch das Leid und die schrecklichen Erinnerungen von 2002 bleiben unerreicht.
Es geschah im August 2002: In Deutschland herrscht herrlichstes Sommerwetter, doch im Osten der Republik braut sich etwas zusammen. Statt Sonnenschein prasseln Unmengen Regen vom Himmel. Das Tief "Ilse" löst schwere Niederschläge aus, die im Jahrhunderthochwasser enden. Gebirgsbäche werden zu reißenden Strömen, das Wasser überflutet ganze Städte. Eine Chronologie:
12. August: In Dresden und im Erzgebirge wird Katastrophenalarm ausgelöst. Pirna steht innerhalb weniger Stunden unter Wasser, bei Glashütte bricht ein Rückhaltebecken, in Zwickau schwillt die Mulde an und in Freital treibt die Weißeritz gigantische Wassermassen durch die Stadt. Das Bild einer Familie aus Weesenstein, die auf den Resten einer Mauer inmitten der Fluten ausharrt, geht um die Welt.
13. August: Kleine Zuflüsse wie die Weißeritz werden zu reißenden Strömen. Sie rauscht mitten in Dresdens historische Altstadt, Semperoper und Zwinger stehen unter Wasser. Kritisch wird es nun an der Mulde, in Grimma und Döbeln werden ganze Häuser und Straßen zerstört.
Die Lage an der Mulde und Elbe verschärft sich
13. August: Kleine Zuflüsse wie die Weißeritz werden zu reißenden Strömen. Sie rauscht mitten in Dresdens historische Altstadt, Semperoper und Zwinger stehen unter Wasser. Kritisch wird es nun an der Mulde, in Grimma und Döbeln werden ganze Häuser und Straßen zerstört.
14. August: Während sich die Lage im Erzgebirge entspannt, verschärft sie sich an Mulde und Elbe. In Dresden werden während einer Notbergung tausende Kunstwerke aus den tiefliegenden Depots der Staatlichen Kunstsammlungen gerettet. Intensivpatienten werden aus den Kliniken verlegt.
15. August: Mittlerweile erreicht die Elbe in Dresden einen Pegel von 8,50 Meter. 30.000 Einwohner werden evakuiert. Meißen wird von der Hochwasserwelle erfasst, die Porzellanmanufaktur wird dabei teilweise zerstört.
21 Menschen kamen beim Hochwasser in Sachsen ums Leben
16. August: Die Elbe erreicht in Dresden ihren historischen Höchststand von 8,77 Metern aus dem Jahr 1845. Der Hochwasserscheitel erreicht Schöna an der Grenze zu Tschechien mit einem Höchststand von 12,04 Metern. Bei Riesa wird ein Bahndamm beschädigt, die direkte Verbindung zwischen Dresden und Leipzig wird unterbrochen.
17. August: Der Pegel in Dresden erreicht am frühen Morgen seinen Höchststand von 9,40 Metern.
18. August: In Dresden und Städten nahe der Elbe sinken die Pegel erstmals. Die Flutwelle rollt nun auf Sachsen-Anhalt zu.
26. August: Der Katastrophenalarm wird für Dresden aufgehoben. Insgesamt kamen 21 Menschen bei dem Hochwasser in Sachsen ums Leben.
"Tausende Leute strömten mit Gummistiefeln und Schaufeln nach Grimma"
Grimma traf die Flut vor 20 Jahren mit am härtesten. In der historischen Altstadt stand die Mulde teils 3,50 Meter hoch. Als die Wassermassen kamen, war Bürgermeister Matthias Berger (54, parteilos) gerade einmal ein Jahr im Amt. Aus dem Stadtoberhaupt wurde ein Krisenmanager und Flutheld.
Die Bürger honorierten seinen beispiellosen Einsatz sechs Jahre später: Am 8. Juni 2008 erhielt Berger im ersten Wahlgang zur Oberbürgermeister-Wahl 98,2 Prozent der Stimmen. Im Amt ist er bis heute.
"Tausende Leute strömten mit Gummistiefeln und Schaufeln nach Grimma, um zu helfen. Das war rührend", erinnert sich der Stadtchef.
Berger ist stolz auf die mehr als zwei Kilometer lange, hochmoderne Flutschutzanlage mit unterirdischen Mauern und 78 Verschlusselementen, die 2019 fertiggestellt wurde. Hinzu kommt ein hochwertiges Sirenensystem, das im Notfall alarmiert.
"Leute saßen zitternd vor ihren zerstörten Häusern"
Trotz des beispiellosen Engagements, sitzt der Schrecken bei den Bürgern bis heute tief. Dekorationsmalermeister Hans-Joachim Mohr (67) erinnert sich noch gut an den Tag als das Wasser kam. "Das Wasser hat ein Loch in den Durchgang unserer Firma gespült, meine beiden Vorarbeiter konnten in letzter Minute gerettet werden."
Mohr selber blieb selber bis Mitternacht in seiner Firma, bevor ihn der Helikopter rettete. "Der Kapitän verlässt das Schiff schließlich als Letzter."
Tote gab es beim Hochwasser 2002 in Grimma keine. "Der emotionale Schaden aber ist enorm", sagt Mohr.
"Die Leute saßen zitternd auf den Grundstücken vor ihren zerstörten Häusern. Ich habe viel Leid und Elend gesehen."
Titelfoto: Daniel Förster, picture-alliance/ dpa