Wasser-Gebühren-Schock im Triebischtal: Rathaus fordert plötzlich Tausende Euro

Klipphausen - Eigentlich sind die Dörfer im Triebischtal beschauliche Örtchen vor den Toren Dresdens. Doch mit dem Frieden ist es hier längst vorbei.

1200 solcher gelben Briefe sind in den vergangenen Wochen an Grundstücksbesitzer verschickt worden.
1200 solcher gelben Briefe sind in den vergangenen Wochen an Grundstücksbesitzer verschickt worden.  © Norbert Neumann

Denn seit einigen Tagen landen dort gelbe Umschläge in den Briefkästen, insgesamt 1200 Stück. Der Inhalt birgt sozialen Sprengstoff: Eigentümer von Grundstücken werden von der Gemeindeverwaltung Klipphausen (10.300 Einwohner) aufgefordert, Abwasserbeiträge zu bezahlen. Ein Relikt, das man eigentlich in den Neunzigern verabschiedet glaubte.

Der Schock darüber ist groß. Denn vielen Einwohnern fehlt nicht nur das Geld, sie verstehen auch den Sinn nicht. Das bekommt auch Bürgermeister Mirko Knöfel (39, parteilos) zu spüren. "Es geht um ein einheitliches Gebührenverfahren in der Gemeinde", erklärt er das Vorgehen und verweist auf Entscheidungen aus den 1990er-Jahren.

Vor 2012, als Triebischtal und Klipphausen noch eigenständige Gemeinden waren, zahlten die Bürger dort unterschiedlich hohe Beiträge für den Anschluss ans Abwassernetz. In Klipphausen waren das 6,39 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche, in Triebischtal nur 1,79 Euro.

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"Die Differenz von 4,60 Euro zahlen die Triebischtaler nach Beschluss des Gemeinderats jetzt nach", erklärt Knöfel. Im Gegenzug sollen die monatlichen Abwassergebühren von aktuell 7,48 Euro pro Kubikmeter sukzessive auf 2,50 Euro absinken.

Für die nun fälligen Beiträge will der Gemeindechef "sozialverträgliche Lösungen" finden. Seine Rechtsabteilung dürfte demnächst gut zu tun haben. Glaubt man den sozialen Netzwerken, wollen viele Einwohner gegen den Beitragshammer klagen.

Klipphausens Bürgermeister Mirko Knöfel (39, parteilos) erklärt den Kostenhammer, der in der Großgemeinde für enormen Unmut sorgt.
Klipphausens Bürgermeister Mirko Knöfel (39, parteilos) erklärt den Kostenhammer, der in der Großgemeinde für enormen Unmut sorgt.  © Norbert Neumann

"Wir sollen 8000 Euro zahlen"

Die jungen Eltern Sandra (32) und René Kunick (38) haben eigentlich schon mit der Renovierung ihres Hauses (Hintergrund) genug zu tun.
Die jungen Eltern Sandra (32) und René Kunick (38) haben eigentlich schon mit der Renovierung ihres Hauses (Hintergrund) genug zu tun.  © Norbert Neumann

Die Eheleute Sandra (32) und René Kunick (38) wollten sich den langen Traum vom Haus im Grünen erfüllen und zogen aus Dresden in ein stark sanierungsbedürftiges Haus.

Doch mitten im Innenausbau kam nun der gelbe Brief mit der Aufforderung, 8000 Euro zu zahlen. Davon 4800 Euro schon in den nächsten vier Wochen.

"Das Geld haben wir mitten in der Renovierung einfach nicht auf der hohen Kante", schlägt Sandra die Hände über dem Kopf zusammen.

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Die Eltern von zwei Kindern wollen jetzt Widerspruch einlegen.

Schmutzwasserbeiträge sogar für den Friedhof?

Pfarrer Matthias Tauchert (45) befürchtet, dass auch die Friedhöfe (hier in Taubenheim) von der Abgabe betroffen sind.
Pfarrer Matthias Tauchert (45) befürchtet, dass auch die Friedhöfe (hier in Taubenheim) von der Abgabe betroffen sind.  © Norbert Neumann

"Das Thema dominiert jede Veranstaltung, jeden Gottesdienst, jeden Geburtstag", beschreibt Pfarrer Mathias Tauchert (45) die Stimmung in den Dörfern.

Er selbst soll für seinen Grund und Boden in Burkhardswalde 16.000 Euro blechen und fragt sich: "Wie kann es sein, dass der Beitrag an der Grundstücksgröße festgemacht wird? Das ist ungerecht."

Auch die Toten geraten ins Visier. Denn noch ist nicht ausgeschlossen, dass seine Gemeinde sogar für die unbewohnten Friedhöfe Schmutzwasserbeiträge entrichten muss...

Supermarkt vor dem Aus

Die Supermarkt-Betreiber Rainer Lenzer (65, l.) und Uwe Fenzel (60) haben so etwas in 30 Jahren Geschäft noch nicht erlebt.
Die Supermarkt-Betreiber Rainer Lenzer (65, l.) und Uwe Fenzel (60) haben so etwas in 30 Jahren Geschäft noch nicht erlebt.  © Norbert Neumann

Seit 30 Jahren ist der "Frische Markt" in Miltitz eine Institution. Nun bangen Uwe Frenzel (60) und Rainer Lenzer (65) mit den 15 Mitarbeitern um ihre Existenz.

Für die 10.000 Quadratmeter Grundstücksfläche, von denen sie gerade einmal 1500 Quadratmeter nutzen, werden 43.000 Euro fällig.

"Einen Kredit werden wir nicht mehr aufnehmen, dafür sind wir zu alt", sagen Sie mit leerem Blick auf das Papier. Und der Bürgermeister? "War noch nicht hier."

Sie bleiben offen für Hilfsangebote und hoffen auf Stundungen. Und sie werden - wie viele andere - ihren Anwalt anrufen.

Titelfoto: Bildmontage: Norbert Neumann

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