Zwei Bauern erklären: So unterschiedlich funktioniert Landwirtschaft in Sachsen

Bad Lausick/Göppersdorf - Zum "Tag des offenen Hofes" feiert sich die Branche gern selbst. Gründe, wie die steigende Nachhaltigkeit, gibt es genug. Probleme auch. Die Hofnachfolge zum Beispiel.

Im Ballendorfer Hofladen bieten Katrin (56) und Martin Kurth (38) Produkte vom Hof und aus der Region an.
Im Ballendorfer Hofladen bieten Katrin (56) und Martin Kurth (38) Produkte vom Hof und aus der Region an.  © Ove Landgraf

Lisa Kurth (33) und Nadja Brummer (38) sind stolz. Der ganze Kuchen ist weggegangen, verputzt von über 1000 Besuchern, die sich diesen Tag in ihrem Betrieb im Bad Lausicker Ortsteil Ballendorf nicht entgehen lassen wollten.

Noch wichtiger ist den beiden Cousinen natürlich die Auszeichnung über ihre tiergerechte und umweltverträgliche Kälberhaltung - überreicht von Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (48, Grüne) und Bauernpräsident Torsten Krawczyk (45).

"Wir verlieren im Laufe der Aufzucht nur etwa ein Prozent der Kälber, im Landesschnitt sind es wohl zehnmal mehr", sagt Nadja Brummer und fügt das regionaltypische "hei" als Bestätigungsformel an fast jeden Satz, den sie sagt.

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Fast 85 Prozent der Futtermittel, meist Silage, produzieren Lisa und Nadja, die den 1000 Hektar großen Familienbetrieb in dritter Generation seit 2007 führen, selbst.

Bei den beiden hat die Übernahme des Hofs geklappt. Landesweit wird sie zum Problem. Dazu befragte das Statistische Landesamt kürzlich fast die Hälfte der sächsischen Bauern. Für 37 Prozent war die Nachfolge noch unsicher und bei 32 Prozent die Hofübernahme noch völlig offen.

Auf dem Hof von Nadja Brummer (38, im Bild) und ihrer Cousine Lisa Kurth (33) stehen fast 260 Kälber, alles Weiß-Blaue Belgier. Die Kühe geben jährlich 2,1Millionen Liter Milch. Der Hof ist ein Familienbetrieb.
Auf dem Hof von Nadja Brummer (38, im Bild) und ihrer Cousine Lisa Kurth (33) stehen fast 260 Kälber, alles Weiß-Blaue Belgier. Die Kühe geben jährlich 2,1Millionen Liter Milch. Der Hof ist ein Familienbetrieb.  © Ove Landgraf

Nicht alle Bauern finden einen Nachfolger für ihren Hof

Bis zu 7000 Hühner der Rasse Bresse-Gaulois zieht der gelernte Elektrotechniker Carsten Ullrich (48) jährlich groß und liefert das Fleisch an Gourmet-Köche in ganz Deutschland. Hofnachfolge offen.
Bis zu 7000 Hühner der Rasse Bresse-Gaulois zieht der gelernte Elektrotechniker Carsten Ullrich (48) jährlich groß und liefert das Fleisch an Gourmet-Köche in ganz Deutschland. Hofnachfolge offen.  © Thomas Türpe

Anders lief es bei Carsten Ullrich (48). Als er vor wenigen Jahren nach einer Karriere als Elektrotechniker für große Konzerne mit der Zucht von Rassehühnern und -rindern im osterzgebirgischen Waltersdorf bei Liebstadt begann, übernahm er keinen Betrieb, sondern zog in eine alte Schule.

Der Name wurde zum Programm: Landwirtschaft nach alter Schule. Er wolle nicht wachsen, sagt er, und fährt lieber einen alten Trekker statt große Maschinen.

Alle Futtermittel kommen unmittelbar aus der Region, getötet werden die Tiere auf der Weide, das Bio-Fleisch geht an Sterneköche in ganz Deutschland.

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Hofnachfolge ist für Ullrich so kurz nach dem Start noch kaum ein Thema. Aber neue Ideen, eine Kochschule zum Beispiel, nach dem Motto "Vom Stall auf den Teller".

Und was ist mit dem "Tag des offenen Hofes"? Keine Zeit! Ullrich bewirtschaftet seinen Hof quasi allein. Nur der Nachbarsjunge hilft ab und zu mit.

Titelfoto: Montage Ove Landgraf; Thomas Türpe

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