Gender-Verbot im Zwickauer Theater: "Scheibchenweise Eingriffe in die Demokratie"

Zwickau/Plauen - Ein Gender-Verbot hat der Zwickauer Stadtrat in einer turbulenten Sitzung für das Theater Plauen-Zwickau beschlossen. Damit folgten die Politiker einem AfD-Antrag, den die CDU/FDP auf die gesamte Stadtverwaltung und ihre Eigenbetriebe erweiterte.

Beruft sich auf die künstlerische Freiheit: Intendant Dirk Löschner (56).
Beruft sich auf die künstlerische Freiheit: Intendant Dirk Löschner (56).  © Uwe Meinhold

Der Zwickauer Grünen-Stadtrat und Theaterkenner Wolfgang Wetzel (54) ist alarmiert: "Sollten AfD und CDU in Plauen ebenfalls ein Genderverbot beschließen, geht es wohl in eine juristische Auseinandersetzung mit dem Theater."

Zuvor hatte Intendant Dirk Löschner (56) das Gendern verteidigt: "Diese Entscheidung der künstlerischen Leitung lasse ich mir nicht nehmen." In einer Stellungnahme kritisiert das Theater "den untauglichen Versuch, eine gesellschaftliche Debatte mittels eines Verbotes zu beenden".

Wetzel sieht noch ein größeres Problem: "Es geht im Kern nicht ums Gendern, sondern um scheibchenweise Eingriffe in die Demokratie. Ich bin entsetzt, dass nahezu die gesamte CDU/FDP-Fraktion plus Freie Bürger und Bürger für Zwickau diese Absicht nicht erkennen."

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Dem widerspricht Tristan Drechsel (67, BfZ): "Am Ende war es ein CDU/FDP-Antrag, den auch der SPD-Sprecher unterstützte. Uns geht es um die Rechtschreibung, nicht um Ideologie." Auch Michael Luther (66, CDU) wies Kritik zurück: "Wir wollen diese Sternchen, diesen Doppelpunkt und das ganze Zeug nicht."

Genervt kommentierte Oberbürgermeisterin Constance Arndt (45, BfZ) das Genderverbot des Stadtrates. Sie nannte den Beschluss "Sprachdoktrin" und forderte, dass mündige Bürger in den Gesellschaften "selber entscheiden, in welcher Weise sie mit anderen Menschen sprechen. Eine Weisung geht viel zu weit."

"Weisung geht zu weit": Oberbürgermeisterin Constance Arndt (45, BfZ) kritisiert ihren Stadtrat.
"Weisung geht zu weit": Oberbürgermeisterin Constance Arndt (45, BfZ) kritisiert ihren Stadtrat.  © Uwe Meinhold
Sieht das Genderverbot letztlich als Angriff auf die Demokratie: Stadtrat Wolfgang Wetzel (54, Grüne).
Sieht das Genderverbot letztlich als Angriff auf die Demokratie: Stadtrat Wolfgang Wetzel (54, Grüne).  © Uwe Meinhold

Keine Sprache ist illegal

Kommentar von Bernd Rippert

Das Theater Plauen-Zwickau soll das Gendern lassen, fordert der Stadtrat.
Das Theater Plauen-Zwickau soll das Gendern lassen, fordert der Stadtrat.  © Uwe Meinhold

Liebe Leser*innen - diese einfache Form des Genderns finde ich okay. Bei komplexeren Sätzen aber stört mich die schriftliche Einvernahme aller Geschlechter. Dennoch käme ich nie auf die Idee, das Gendern zu verbieten.

Zum Glück ist Sprache Geschmackssache. Keine Sprache ist illegal. Wer Binnen-I oder Sternchen wichtig findet, soll gendern. Wer es nicht mag, soll es lassen. Doch leider ist es nicht so einfach bei diesem Thema.

Bundesweit nutzen Ultrakonservative das Thema Gendern, um die sprachliche Hoheit zu gewinnen. Und leider erliegt immer wieder auch die CDU/CSU dieser Versuchung, um es den Grünen und Roten zu zeigen.

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Zuletzt zu bestaunen im Zwickauer Stadtrat: Auf Antrag der AfD, dem Theater das Gendern zu verbieten, erweiterte die CDU das Verbot gleich auf die gesamte Stadtverwaltung und ihre Tochtergesellschaften.

Von der Zusammenarbeit der CDU mit der AfD abgesehen, finde ich es übertrieben, einer städtischen Tochtergesellschaft ihre Sprachkultur zu verbieten. Der Stadtrat hat das Recht dazu, geht aber zu weit, wenn er es nutzt.

Titelfoto: Uwe Meinhold

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