"Indymedia"-Verbot: Linksradikaler Bankräuber meldet sich und beklagt politische Zensur

Freiburg - Die von Linksradikalen verwendete Website linksunten.indymedia wurde im August 2017 verboten. Jetzt hat sich der linksradikale Bankräuber Thomas Meyer-Falk (48) dazu aus dem Gefängnis zu Wort gemeldet.

Thomas Meyer-Falk überfiel 1996 eine Sparkasse, nahm Geiseln.
Thomas Meyer-Falk überfiel 1996 eine Sparkasse, nahm Geiseln.  © reedomforthomas.wordpress.com

Der 48-Jährige, den der Spiegel vor Jahren als "linker Robin Hood" bezeichnete, hatte 1996 eine Sparkasse im baden-württembergischen Neuenstein überfallen.

Zu dem 6500-Einwohner-Städtchen zwischen Heilbronn und Schwäbisch Hall rückten damals Hunderte Polizisten aus. Meyer-Falk hatte Geiseln genommen, bedrohte sie mit Schusswaffen. Die Beute, so der Plan damals, habe der Kriminelle Genossen im Untergrund spenden wollen.

Im Jahr 1997 wurde Meyer-Falk zu fast 17 Jahren Knast verurteilt, saß jahrelang in Einzelhaft. Im Jahr 2013 endete die Haftstrafe, seitdem sitzt der 48-Jährige in Freiburg in Sicherungsverwahrung. Reue empfindet er nicht.

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"Auch wenn es schlussendlich darum geht, für eine bessere, eine freie Welt einzutreten (...) sehe ich keinen Anlass, das was ich getan habe, zu bereuen, so schockierend das Erlebnis für die Geiseln in der Bank auch war (...)", schreibt Meyer-Falk auf seinem Blog.

Nun meldete er sich mit einem Schreiben auf Indymedia zu Wort. Titel: "Freiheit für linksunten - Stopp der politischen Zensur und Verfolgung!"

"Ende Januar 2020 kommt es zu der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wegen des Verbots von linksunten", schreibt der verurteilte Bankräuber. Und befindet: "Auch aus Gefangenensicht ein bedeutender Prozess." So sei die linksradikale Plattform auch ein Medium für Gefangene gewesen, "die sonst kaum eine Chance haben, gehört oder gelesen zu werden".

Meyer-Falk: "Was hinter Behördenmauern geschieht soll geheim bleiben"

Die Website linksunten-indymedia war 2017 verboten worden. (Symbolbild)
Die Website linksunten-indymedia war 2017 verboten worden. (Symbolbild)  © Felix Kästle/dpa

In den Augen des 48-Jährigen habe linksunten.indymedia Knastinsassen eine Möglichkeit geboten, "auf die Zustände hinter Gittern aufmerksam zu machen".

Und: "Ich selbst habe über viele Jahre auf linksunten über die Situation hinter Knastmauern berichtet; dank jener Menschen, die meine Texte abtippten und bei linksunten online stellten (denn Knastzellen sind nach wie vor internetfreie Zonen)."

Im deutschsprachigen Raum sei linksunten.indymedia einmalig gewesen: "KnastdirektorInnen genauso wie andere staatliche Institutionen scheuen ja Transparenz jeglicher Art. Was hinter Behördenmauern geschieht, das soll bitte schön geheim bleiben. Erst recht wenn es zu Übergriffen oder gar zu Todesfällen kommt."

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Die behördliche Anordnung, linksunten zu zerschlagen und die Betreiber mit Repression zu überziehen, habe zu einem erheblichen Verlust für all jene Menschen geführt, die für eine bessere Welt stritten und kämpften. "Die Staatsdiener und Staatsdienerinnen konnten sich die Hände reiben, würde doch ihr Handeln nun wieder weniger publik werden können."

Bundesverwaltungsgericht entscheidet Ende Januar

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. (Archiv)
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. (Archiv)  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Der "Angriff" auf linksunten.indymedia reihe sich nahtlos ein "in die zunehmende staatliche Hetze und Repression gegen linke und emanzipatorische Projekte und Aktionen".

Das fange an beim Entzug der Gemeinnützigkeit in Steuerfragen - und damit der "Gefährdung der ökonomischen Basis entsprechender Strukturen".

Meyer-Falk beklagt: "Trotz aller öffentlich bekundeten Abscheu vor neonazistischen und faschistischen Strukturen werden jene, die sich zivilgesellschaftlich und aktiv gegen solche Strukturen wehren, in vielen Fällen dafür staatlich verfolgt, staatlich bespitzelt und auch von den Gerichten bestraft."

Während "staatliche AkteurInnen" die staatliche Verfolgung und Zensurmaßnahmen in anderen Regionen der Erde kritisierten, sollten in Deutschland durch das Verbot von linksunten.indymedia Menschen zum Verstummen gebracht würden: "Und wer ihnen dennoch eine Möglichkeit bietet sich zu äußern, der wird staatlich verfolgt."

Gegen das Verbot von linksunten wurde geklagt. Voraussichtlich am 29. Januar verkündet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung in der Sache. Ein Strafverfahren gegen drei mutmaßliche Betreiber der Plattform aus Freiburg wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung war im August letzten Jahres eingestellt worden.

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