Riesen Schwindel mit Wohnungen: Betrog der Immobilien-Konzern "Adler Group" Käufer und Handwerker?

Luxemburg - Dem Wohnungskonzern "Adler Group" gehören rund 27.500 Wohnungen in Deutschland. Jetzt kam heraus, dass der angeschlagene Konzern mit Sitz in Luxemburg seine Rechnungen nicht bezahlt haben soll. Der Schaden geht wohl in die Millionen.

Im sogenannten Holsten-Areal sollten 1300 Wohnungen entstehen, doch daraus wurde nichts.
Im sogenannten Holsten-Areal sollten 1300 Wohnungen entstehen, doch daraus wurde nichts.  © Marcus Brandt/dpa

Nach acht Monaten Recherche durch ein Investigativ-Team von NDR und rbb liegen die Ergebnisse vor: Demnach soll die Adler-Tochter "Consus" Hunderte Rechnungen nicht oder nicht vollständig bezahlt haben. Unter den Geschädigten seien auch Handwerksbetriebe, die seit Monaten auf ihr Geld warteten. Das gehe aus einer Liste vom April 2021 hervor, die den beiden Sendern vorliege.

Die offenen Beträge hätten sich auf insgesamt fast 78 Millionen Euro summiert.

Auf der Liste sei außerdem vermerkt, "welche Rechnungen Priorität haben und welche nicht", berichtet der rbb. Es wird daher vermutet, dass es Firmenpolitik gewesen sei, "Zahlungen, auch an Handwerkerbetriebe, so lange wie möglich hinauszuzögern."

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Edis Bibic ist einer der Geprellten. Den Journalisten erzählte der Handwerker, er habe einen Auftrag über 900.000 Euro von "Consus" bekommen. Die Arbeiten erledigte er ohne Beanstandungen. Trotzdem warte er noch immer auf 90.000 Euro, die von dem Unternehmen nicht beglichen worden sind. Zeitweise seien sogar 250.000 Euro offen gewesen, Bibic habe deswegen um seine Existenz gebangt.

Der Rechtsanwalt Raphael Slowik vermutet ein System dahinter: Die erwähnte Liste "folgt nicht der Regel: 'Ich muss meine Rechnungen bezahlen, wenn sie fällig sind', sondern sie folgt der Regel: 'Wir bezahlen, wenn wir Lust haben oder nicht Lust haben.'"

Laut der NDR-Reporterin Julia Saldenholz auf tagesschau.de habe sich die Adler Group dazu bislang nicht geäußert.

Statt neuer Wohnungen: Grundstücke liegen brach

Wohnungen der Adler Group in Berlin-Hellersdorf, Zerbster Straße.
Wohnungen der Adler Group in Berlin-Hellersdorf, Zerbster Straße.  © ADLER Real Estate AG

Doch es sind nicht nur die unbezahlten Rechnungen, die seit einiger Zeit für Unverständnis über den Adler-Konzern sorgen. Denn darüber hinaus würden zahlreiche Grundstücke des Unternehmens schon seit langer Zeit brach liegen. Oder die Arbeiten an Bauprojekten gehen nicht voran - und das in Zeiten, in denen die Nachfrage nach Wohnraum groß ist. Die Krise um das Unternehmen spitzt sich damit zu!

Zuletzt war die Stadt Hamburg wegen der Probleme der Adler Group auf Distanz zu dem vor allem wegen des Holsten-Quartiers umstrittenen Investor gegangen. Auf dem Areal im Stadtteil Altona, das seit 2019 der Adler Group gehört und dessen Wert laut den Firmenbüchern inzwischen bei 328 Millionen Euro liege, sollten 1300 Wohnungen entstehen. Doch auf dem Grundstück tut sich schon seit Jahren nichts mehr.

Auch in Düsseldorf warten die Leute auf 900 versprochene Wohnungen, die die Adler Group am Hauptbahnhof bauen wollte. Die Baugenehmigungen dafür wurden 2019 erteilt, doch auch hier passierte seitdem nichts.

Vorwurf: Betrug und Bilanzfälschung

Die Adler Group besitzt auch Wohnungen in der Lindenallee in Duisburg.
Die Adler Group besitzt auch Wohnungen in der Lindenallee in Duisburg.  © ADLER Real Estate AG

Besonders heikel ist die Situation auch in Berlin am "Steglitzer Kreisel". In dem mittlerweile entkernten Hochhaus aus den 1970er Jahren im südlichen Bereich der Schloßstraße in Steglitz wollte das Unternehmen Eigentumswohnungen bauen. Ein Teil davon sei bereits verkauft, 2021 sollten die ersten Eigentümerinnen und Eigentümer einziehen.

Doch bis heute ist der Gebäudekomplex nicht fertiggestellt. Im Gegenteil: seit Frühjahr 2020 gingen die Arbeiten auf der Baustelle kaum voran.

Ein Käufer berichtete, er sei nach dem Kauf einer Wohnung dazu gedrängt worden, Nachverträge zu unterzeichnen, die zu seinen Ungunsten formuliert waren. So habe er etwa einen Stellplatz mitgekauft, doch den sollte er dann nicht mehr bekommen. Die Unterschrift habe der Käufer zunächst verweigert. Die Adler Group drohte daraufhin mit Konsequenzen. Solche Nachträge seinen üblich, hieß es auf vom Konzern auf Nachfrage.

Leider hört die Geschichte an dieser Stelle noch nicht auf. Der als "Wirecard-Jäger" bekannt gewordene britische Shortseller Fraser Perring warf der Adler Group im Herbst 2021 Betrug und Bilanzfälschung vor - was der Konzern bestritt und daraufhin die KPMG mit einer Untersuchung beauftragte. Die KPMG ist eine der vier umsatzstärksten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt. Doch auch deren Bericht vom April 2022 entlastete das Unternehmen nicht vollständig.

Nur wenig später beendete die KPMG die Zusammenarbeit mit der Adler Group und verweigerte sogar die Abnahme des Jahresabschlusses. Laut "Tagesschau" hat mittlerweile die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, beschlossen, "den Jahresabschluss der deutschen Tochter 'Adler Real Estate' auf Geschäfte mit nahestehenden Personen hin zu überprüfen." Die Hauptversammlung des börsennotierten Unternehmens ist für den 29. Juni geplant.

Die Dokumentation "Immobilienpoker - Die dubiosen Geschäfte eines Wohnungskonzerns" ist noch bis zum 27. Juni 2023 in der ARD-Mediathek zu sehen. Außerdem sprach Christoph Twickel für den Podcast "Immobilienpoker" mit Fraser Perring, nachzuhören in der ARD-Audiothek.

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa

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