SPEKON - Im Falle eines Falles hängt von dieser Firma alles ab!

Dresden - Die Firma SPEKON aus dem beschaulichen Seifhennersdorf rüstet Freizeitsportler, vor allem aber Armeen mit Fallschirmen höchster Qualität aus. Das Leben der Soldaten hängt dabei längst nicht mehr am "seidenen Faden", sondern vor allem an künstlichen Materialien - die auf ihre Sicherheitsstandards penibel geprüft werden. Angefangen hatte der Lausitzer Betrieb dabei mal mit gänzlich anderen Produkten.

Bei der Bundeswehr gehören die Fallschirmjäger zum Heer, nicht zur Luftwaffe.
Bei der Bundeswehr gehören die Fallschirmjäger zum Heer, nicht zur Luftwaffe.  © imago images/Revierfoto

Etwa 35 Mitarbeiter, darunter eine Handvoll aus dem nahen Tschechien, nähen bei der "Sächsischen Spezialkonfektion GmbH" (so der lange Firmenname) auf einem riesigen Werksgelände Stoffbahnen zusammen.

Das Grundmaterial, hauptsächlich bestehend aus der Kunstfaser Polyamid, wird aus Spanien, Korea, aber auch Deutschland eingekauft.

"Die Ware muss militärische Standards erfüllen", erklärt SPEKON-Geschäftsführer Serdar Kaya (51), ein gebürtiger Kölner mit türkischen Wurzeln und seit 2019 Chef. Auch die Besitzer des familiengeführten Unternehmens sind übrigens Türken - und das seit 1994.

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Kaya erklärt, warum Qualität in seiner Branche schon beim Einkauf so wichtig ist: "Die Stoffe müssen bis zu 90 Grad Hitze aushalten, dürfen nicht verkleben." Schon gar nicht reißen.

Die Technik und das Know-how, wie aus dem federleichten Material durch Nähte, Schnüre und Geschirr am Ende Fallschirme werden, hat SPEKON zu einem Marktführer unter den Fallschirm-Herstellern gemacht.

Nur einige der Firmengebäude werden genutzt. Das liegt daran, dass der Betrieb zu DDR-Zeiten sehr viel mehr Mitarbeiter hatte.
Nur einige der Firmengebäude werden genutzt. Das liegt daran, dass der Betrieb zu DDR-Zeiten sehr viel mehr Mitarbeiter hatte.  © Norbert Neumann
Leonardo da Vinci (1452-1519) war nicht nur Künstler, sondern auch Universalgelehrter.
Leonardo da Vinci (1452-1519) war nicht nur Künstler, sondern auch Universalgelehrter.  © imago/Leemage

Marktführer SPEKON hat Kunden aus aller Welt

Der Sprung aus einem Flugzeug kostet Überwindung. Vertrauen in das Material ist da natürlich wichtig.
Der Sprung aus einem Flugzeug kostet Überwindung. Vertrauen in das Material ist da natürlich wichtig.  © imago/BildFunkMV

In Seifhennersdorf wird dabei nicht nur genäht und verschweißt, sondern auch geforscht und entwickelt. Im Moment freut man sich über einen Großauftrag aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

"1300 Fallschirmsysteme", verrät Serdar Kaya, solle man liefern. Zwei Jahre habe man auf die Ausfuhrgenehmigung der Behörden gewartet. "Am Ende haben wir sogar geklagt, damit endlich eine Entscheidung gefällt wird." Im Sommer gab es dann grünes Licht.

Andere Abnehmerländer für militärische Fallschirme sind weniger problematisch. Portugal und Bulgarien gehören dazu, auch Deutschland, Indonesien. Die Kundschaft wechselt, je nachdem, wer gerade Bedarf hat oder seine Bestände erneuert.

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"Demnächst kommt vielleicht noch Ecuador dazu", hofft Serdar Kaya. Man sei im Gespräch. Etwa drei Viertel des Jahresumsatzes von 2,5 Millionen Euro macht die Fallschirmproduktion für SPEKON aus.

Darunter zählen auch Sportfallschirme, mit denen wiederholt sogar Weltmeistertitel errungen wurden. Oder sehr kleine Fallschirme für die sogenannte Feldbeleuchtung - wenn also bei Gefechten gleißendes Licht ganz langsam zu Boden schwebt.

Fallschirmjäger 1939 üben den Absprung aus einem Flugzeug.
Fallschirmjäger 1939 üben den Absprung aus einem Flugzeug.  © picture alliance/Fotoarchiv für Zeitgeschichte/Archiv

Von Hosenstoffen zu Luftfahrttextilien

An Industriemaschinen werden die Fallschirme in Seifhennersdorf genäht.
An Industriemaschinen werden die Fallschirme in Seifhennersdorf genäht.  © Norbert Neumann

Andere SPEKON-Produkte, neben den Fallschirmen, sind vor allem Luftfahrttextilien. Das kann Dämmung für Flugzeuge sein, aber auch der Vorhang, der die Business-Klasse von den "Normalsterblichen" trennt. Oder eine temporäre Lagerhalle aus Textil.

Angefangen hatte der Seifhennersdorfer Betrieb im Jahr 1842, gegründet von einem gewissen Heinrich Robert Marx. Damals stellte man Samt- und Hosenstoffe her. Offenbar in guter Qualität - bis nach Melbourne in Australien wurde angeblich geliefert.

Zwischen den Weltkriegen arbeitete man gar im Auftrag der Dresdner Zigarettenfarik "Yenidze", ehe 1938 die Produktion von Fallschirmen quasi "von oben" befohlen wurde.

Die Anordnung des Reichsluftfahrtministeriums, geführt von Nazi-Größe Hermann Göring, sah vor, die Deutsche Luftwaffe und einige befreundete Armeen mit Fallschirmen auszustatten. Bis zu 2000 Mitarbeiter waren damit beschäftigt. Der Zweite Weltkrieg ließ dann bekanntlich auch nicht lange auf sich warten.

Export in mehr als 50 Länder

SPEKON-Mitarbeiterin Ina Keßler (56) bei der Endkontrolle eines Fallschirms.
SPEKON-Mitarbeiterin Ina Keßler (56) bei der Endkontrolle eines Fallschirms.  © Norbert Neumann

Nach Kriegsende waren es nur etwa sieben Jahre, während der man am Standort Seifhennersdorf vorwiegend zivile Produkte fertigte: Kleidung, aber auch Heimtextilien. Ab 1953 waren dann wieder Fallschirme gefragt, erst für die NVA, später - nach dem Verkauf durch die Treuhand - für andere Armeen.

Heute rühmt sich SPEKON, in mehr als 50 Länder weltweit zu exportieren. Fragen nach der Moral bei solchen Rüstungsgeschäften weicht Geschäftsführer Serdar Kaya, eigentlich gelernter Anwalt, dabei nicht aus. Rüstung allgemein sei "ein diskussionswürdiges Thema, man kann es so oder so sehen", sagt er.

Geschäftsführer Serdar Kaya (51).
Geschäftsführer Serdar Kaya (51).  © Norbert Neumann

Die eigene politische Überzeugung hält er dabei nicht unbedingt für maßgeblich. "Man wächst da rein und trägt auch Verantwortung für die Menschen", sagt er. Und einfach wegdenken könne man die Branche ja sowieso nicht.

Geschichte des Fallschirms

Portugals Armee gehört auch zum Kundenstamm der Seifhennersdorfer.
Portugals Armee gehört auch zum Kundenstamm der Seifhennersdorfer.  © IMAGO/ingimage
  • Schon im 15. Jahrhundert entstanden in Italien mehrere Skizzen zu Fallschirmen, eine davon von Leonardo da Vinci.
  • Der erste bekannte Fallschirmsprung, der auch glückte, erstaunte 1783 die Menschen. Im französischen Montpellier war der Physiker Louis-Sébastien Lenormand vom Turm des Observatoriums gesprungen und blieb unverletzt.
  • Ein anderer Franzose, André-Jacques Garnerin, sprang 1797 als erster Mensch aus einem Ballon.
  • In den 1950er-Jahren entwickelte sich das Fallschirmspringen auch als Sportart.
  • Den höchsten Absprungort hatte 2014 der US-Amerikaner und Google-Manager Alan Eustace (damals 57), als er in 41,422 Kilometern Höhe aus einem Stratosphärenballon hüpfte.

Titelfoto: Bildmontage: Norbert Neumann

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