Skandal in NRW: Heim-Kinder jahrelang Opfer von Medikamententests und Gewalt

Von Dorothea Hülsmeier und Alina Eultgem

Düsseldorf - Schockierende Ergebnisse: In NRW wurden laut einer Studie Kinder zwischen 1946 und 1980 in Heimen, Kurkliniken und anderen Einrichtungen Opfer von Medikamententests und Gewalt.

Karl-Josef Laumann (68, CDU, r.), Gesundheitsminister von NRW, stellt zusammen mit Medizinhistoriker Heiner Fangerau (52) während einer Pressekonferenz im Landtag eine Studie zum missbräuchlichen Einsatz von Medikamenten bei Minderjährigen vor.
Karl-Josef Laumann (68, CDU, r.), Gesundheitsminister von NRW, stellt zusammen mit Medizinhistoriker Heiner Fangerau (52) während einer Pressekonferenz im Landtag eine Studie zum missbräuchlichen Einsatz von Medikamenten bei Minderjährigen vor.  © Roberto Pfeil/dpa

Es sei von einem "flächendeckenden Phänomen" auszugehen, heißt es in der jetzt vorgelegten Studie einer Forschungsgruppe um den Düsseldorfer Medizinhistoriker Professor Heiner Fangerau (52).

Die Untersuchung, beauftragt vom NRW-Gesundheitsministerium, zeigt, dass 10 bis 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen in den untersuchten Einrichtungen betroffen waren.

Verabreicht wurden unter anderem Neuroleptika, Insulin oder Schlafmittel, oft in Kombination, um die Kinder ruhigzustellen.

Wohnen in NRW wird teurer: Deshalb müsst Ihr noch tiefer in die Tasche greifen
Nordrhein-Westfalen Wohnen in NRW wird teurer: Deshalb müsst Ihr noch tiefer in die Tasche greifen

Teilweise gab es sogar Todesfälle, die damit zusammenhängen könnten.

Die Wissenschaftler stützten sich auf bisherige Literatur, Archivstudien sowie auf Gespräche mit Betroffenen.

Betroffene zum Schweigen gebracht

Das Hauptgebäude auf dem Gelände der ehemaligen Klinik Aprath. Nach Ergebnissen einer Studie wurden an Kindern und Jugendlichen in Aprath Medikamententests vorgenommen. (Archivbild)
Das Hauptgebäude auf dem Gelände der ehemaligen Klinik Aprath. Nach Ergebnissen einer Studie wurden an Kindern und Jugendlichen in Aprath Medikamententests vorgenommen. (Archivbild)  © Oliver Berg/dpa

Auch Impfstoff- und Medikamententests wurden durchgeführt, etwa in Düsseldorf, Bad Oeynhausen, Wuppertal oder Bonn.

Auffällig waren außerdem Blinddarm-Operationen, hormonelle Tests und Gehirneingriffe bei einzelnen Mädchen. Die Familien wurden darüber meist nicht informiert.

Die Aufsicht durch Land, Kirchen und Träger sei mangelhaft gewesen, Missstände wurden vertuscht oder Betroffene zum Schweigen gebracht.

Zum Schmunzeln: Dieses komische Teil sorgt für falschen Alarm vor Bonner Gericht
Nordrhein-Westfalen Zum Schmunzeln: Dieses komische Teil sorgt für falschen Alarm vor Bonner Gericht

Erst ab den späten 1960er Jahren wuchs das Problembewusstsein. Bis heute müssen viele Opfer ihre Rechte gegen die Einrichtungen durchsetzen.

Titelfoto: Bildmontage: Roberto Pfeil/dpa, Oliver Berg/dpa

Mehr zum Thema Nordrhein-Westfalen: