800 Jahre alter Mega-Fund aus See geborgen: Was Archäologen jetzt hoffen
Von Thomas Schöne
Arendsee - Ein mittelalterliches Prahmboot ist nach rund 800 Jahren wieder im Arendsee (Altmark) aufgetaucht. Das Schiff wurde aus 35 Metern Tiefe an die Wasseroberfläche gezogen und komplett auf eine im See befindliche Plattform gesetzt.

"Die Arbeiten dauerten mithilfe von Kettenzügen und einem Tauchroboter etwa acht Stunden", sagte Projektleiter Sven Thomas vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. "Jetzt befindet sich das erste schwimmende mittelalterliche Schiff Deutschlands im Arendsee."
Aus dem Schiff wurden viele Funde wie Knochen, Baumaterialien, Fischereiwerkzeuge, eine Ahle, Keramik und Seile geborgen.
Ein Prahm ist ein Transportschiff mit schlankem und flachem Rumpf und wurde seit der Antike gebaut. Das Prahmboot besteht aus Eichenholz, ist 12,5 Meter lang und 2,5 Meter breit sowie etwa einen Meter hoch und wurde durch Ruder und Segel angetrieben. Es stammt aus der Zeit um 1265.
Mithilfe von hochauflösenden Kameras wird eine 3D-Dokumentation erstellt. "Das Schiff wird auch mithilfe von Laserscannern digitalisiert und hoch detailliert erfasst. Dabei kommt eine Drohne zum Einsatz", sagte Thomas.

Prahmboot aus Arendsee gehoben - doch es drohen Gefahren

"Uns hat erstaunt, dass das Boot ein Einbaum ist. Es wurde in der Mitte aufgesägt und mit Planken verbreitert."
Außerdem sei das Schiff zum Teil mit Eisennägeln gebaut worden. Die Nägel glänzen und sehen aus wie neu. Das bedeutet, dass das Schiff auf dem Seegrund im Sediment unter Luftabschluss lag. Ebenso gibt es auf dem Prahmboot Sitzbänke.
Die Arbeiten müssen innerhalb weniger Stunden abgeschlossen sein, sonst besteht die Gefahr, dass sich das Holz an der Luft zersetzt. Neben der Forschung wird die Dokumentation Grundlage für eine museale Präsentation sein.
"Mit den Daten kann ein originalgetreues Modell des Bootes gebaut werden", sagte Thomas.
Archäologischer Fund wird aus See geborgen - und direkt wieder versenkt

Eine Besonderheit dieses Binnenschiffs sind seine Verzierungen mit Tierköpfen wie Bär und Vogel an Bug und Heck. Wahrscheinlich diente der Prahm zum Transport von Bewohnern und Materialien wie landwirtschaftlichen Gütern, darauf deutet die von den Archäologen gefundene Ladung von Getreide und Bauholz hin.
Die Traglast betrug sieben bis acht Tonnen. Das Prahmboot gehörte vermutlich zum Kloster am Arendsee, das im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Nach Abschluss der Dokumentationen wird der Prahm mit einem Spezial-Vlies abgedeckt und wieder im See etwa 20 Meter abgesenkt.
In dieser geringeren Tiefe kann es zu einem späteren Zeitpunkt leichter geborgen werden. Für eine dauerhafte Konservierung und Lagerung des kompletten Bootes an Land wären erhebliche Finanzmittel notwendig, die derzeit nicht zur Verfügung stehen.
Sporttaucher hatten das Prahmboot in den 1990er-Jahren entdeckt.
Titelfoto: Peter Gercke/dpa